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Jürgen Klose
Kennst du Friedrich Schiller?

Ein kreativer Querkopf mit allerlei Flausen scheint Schiller wohl gewesen zu sein, wenn man ihn mal ganz ohne Pathos betrachtet.

Das Türmerlied

Das Türmerlied

Johann Wolfgang von Goethe

Ihr glücklichen Augen...

Das Gedicht „Zum Sehen geboren..." findet sich im 5. Akt in Goethes Faust II. Die Verse werden von einem Türmer gesprochen, der auf das von Faust dem Meer abgerungene Land blickt. Goethe gibt dem Türmer den Namen Lynkeus, der zwar ein historischer Name ist, hier jedoch willkürlich gewählt wurde, ohne Bezug auf Sagen, Mythen oder die Geschichte. Das Gedicht ist daher auch unter dem Titel „Lynkeus, der Türmer" oder schlicht „Der Türmer" bekannt.

Ein Türmer hatte im Mittelalter die wichtige Aufgabe, von einem Turm aus die Umgebung zu überwachen und mit einem Horn vor herannahenden Feinden ebenso wie vor Feuer zu warnen. Obwohl ein Türmer recht isoliert lebte, sah Goethe ihn als bevorzugt an, weil er „zum Schauen bestellt" war. „Ihr glücklichen Augen" lässt er Lynkeus sagen. Goethe selbst war ein Augenmensch, der gerne die Natur beobachtete, malte und eine Farbenlehre entwickelte. „Äugelchen" nannte er auch die jungen Damen, die seine Blicke auf sich zogen*.

Jedoch, so wunderbar gerade die letzten Zeilen des Gedichtes anmuten, wenn der Türmer seine Augen „glücklich" preist, weil er in allem, was er je sah, „Schönheit und ewige Zier" wahrnehmen konnte, kurz darauf - es ist allerdings nicht mehr in dem bekannten Gedicht enthalten - packt ihn „gräuliches Entsetzen", als er die Idylle von Philemon und Baucis in Flammen aufgehen sieht.

Und so sehr ich auch die Schönheit der Türmer-Verse liebe, frage ich mich am Ende doch: Hatte Lynkeus sich nicht vielleicht zu lange in seiner eigenen Idylle des Schauens gesonnt, hätte er als Türmer nicht rechtzeitig das vernichtende Feuer sehen und warnen müssen?

......
*vgl. Goethes Kurbäder, S. 15, Vortrag von Prof. Dr. C. Vanja , 2007

Rita Dadder

Zum Sehen geboren,
Zum Schauen bestellt,
Dem Turme geschworen
Gefällt mir die Welt.

Ich blick in die Ferne,
Ich seh in der Näh,
Den Mond und die Sterne,
Den Wald und das Reh.

So seh ich in allen
Die ewige Zier
Und wie mir's gefallen
Gefall ich auch mir.

Ihr glücklichen Augen,
Was je ihr gesehn,
Es sei wie es wolle,
Es war doch so schön!


Aus Faust 2. Teil, 5. Akt (Entstehungsjahr 1832)

 

*****

Bild rechts: Titelbild der Zeitschrift "Der Türmer", 1906

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