Wer kennt diesen Ausspruch nicht: "Morgen, morgen, nur nicht heute! Sagen alle faulen Leute." Im Sprachgebrauch selbstverständlich genutzt, aber die Herkunft des Moralsatzes ist wohl den wenigsten bekannt. In Weißes Sammlung "Lieder und Fabeln für Kinder und junge Leute" kann das Gedicht unter dem Namen "Der Aufschub" bereits seit seinem Erscheinungsjahr 1807 gelesen werden. Die Moral dahinter ist einfach: Schiebe Aufgaben nicht vor dir her, sondern erledige sie gleich. Somit eignet sich das Gedicht als Motivation zum Fleiß und zur Zuverlässigkeit.
Carolin Eberhardt
1. Morgen, morgen, nur nicht heute!
Sprechen immer träge Leute,
Morgen! Heute will ich ruhn:
Morgen jene Lehre fassen,
Morgen diesen Fehler lassen,
Morgen dies und jenes tun!
2. Und warum nicht heute? Morgen
Kannst du für was anders sorgen!
Jeder Tag hat seine Pflicht.
Was geschehn ist, ist geschehen:
Dies nur kann ich übersehen;
Was geschehn kann, weiß ich nicht.
3. Wer nicht fortgeht, geht zurück;
Unsre schnellen Augenblicke
Gehn vor sich, nie hinter sich.
Das ist mein, was ich besitze,
Diese Stunde, die ich nütze;
Die ich hoff‘. Ist die für mich?
4. Jeder Tag, ist er vergebens,
Ist im Buche meines Lebens
Nichts, ein unbeschriebnes Blatt!
Wohl denn! Morgen, so wie heute,
Steh‘ darin auf jeder Seite
Von mir eine gute Tat.
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Textquelle:
Weiße, Christian Felix: Christian Felix Weißen's Lieder und Fabeln für Kinder und junge Leute: Frisch, M. Samuel Gottlob (Hrsg.), Leipzig: Siegried Lebrecht Crusius, 1807, S.11f.
Bildquelle:
Schlafendes Faultier, 2019, Urheber: RalfDesign via Pixabay CCO.