In spätromantischer Manier trifft der deutsch-österreichische Dichter das Gefühl eines jeden Frischverliebten auf den Punkt. Schon immer war die Gefühlswelt der Menschen, ebenso wie der Fortpflanzungstrieb der Tiere, stark an den Frühling gekoppelt. Und so sieht der Verliebte in jeder Blüte, in jedem Tal, jedem Hain und jedem Strauch das Gesicht seiner Angebeteten. Natürlich nicht im wörtlichen, sondern im übertragenen Sinne. Denn alles um ihn her erinnert ihn an seine Geliebte und zeigt ihm, wie schön das Leben sein kann. Das Aufblühen der Natur trägt zu diesem Wohlbefinden keinen unerheblichen Teil bei.
Carolin Eberhardt.
Ich sah den Lenz einmal
erwacht im schönsten Tal;
ich sah der Liebe Licht
im schönsten Angesicht.
Und wandl ich nun allein
im Frühling durch den Hain,
erscheint aus jedem Strauch
ihr Angesicht mir auch.
Und seh‘ ich sie am Ort,
wo längst der Frühling fort,
so sprießt ein Lenz und schallt
um ihre süße Gestalt.
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Foto: Carolin Eberhardt, März 2022; © Bertuch Verlag.