Manch einer träumte schon heimlich vom Schlaraffenland. Nichts machen müssen, alles machen können, jederzeit die Seele baumeln lassen, ohne lästige Verpflichtungen. Und vor allem: Essen und Trinken im Überfluss und nach den ganz eigenen Wünschen. Gebratene Hühnchen, die vom Himmel direkt in den Mund fliegen, Flüsse, die statt Wasser Milch führen. Der deutsche Dichter Hoffmann von Fallersleben hat die Thematik in seinem Gedicht aufgegriffen. „Ei, wer möchte nicht dort sein!“. Doch alle Hoffnung sinkt, denn „(…) habt ihr keine Flügel, nie gelangt ihr bis ans Tor.“
Carolin Eberhardt
Kommt, wir wollen uns begeben
Jetzo ins Schlaraffenland!
Seht, da ist ein lustig Leben,
Und das Trauern unbekannt.
Seht, da lässt sich billig zechen
Und umsonst recht lustig sein:
Milch und Honig fließt in Bächen,
Aus den Felsen quillt der Wein.
Alle Speisen gut geraten,
Und das Finden fällt nicht schwer.
Gäns‘ und Enten geh’n gebraten
Überall im Land umher.
Mit dem Messer auf dem Rücken
Läuft gebraten jedes Schwein.
O, wie ist es zum Entzücken!
Ei, wer möchte dort nicht sein!
Und von Kuchen, Butterwecken
Sind die Zweige voll und schwer;
Feigen wachsen in den Hecken,
Ananas im Busch umher.
Keiner darf sich müh’n und bücken,
Alles stellt von selbst sich ein.
O, wie ist es zum Entzücken!
Ei, wer möchte dort nicht sein!
Und die Straßen aller Orten,
Jeder Weg und jede Bahn
Sind gebaut aus Zuckertorten,
Und Bonbons und Marzipan.
Und von Brezeln sind die Brücken
Aufgeführt gar hübsch und fein.
O, wie ist es zum Entzücken!
Ei, wer möchte dort nicht sein!
Ja, das mag ein schönes Leben
Und ein herrlich Ländchen sein!
Mancher hat sich hinbegeben,
Aber keiner kam hinein.
Ja, und habt ihr keine Flügel,
Nie gelangt ihr bis ans Tor,
Denn es liegt ein breiter Hügel
Ganz von Pflaumenmus davor.
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Vorschaubild: Schlaraffenland, 1567, Urheber: Pieter Brueghel der Ältere via Wikimedia Commons Gemeinfrei.