Der ursprüngliche Titel der Wehklage über eine nicht gelebte Liebe lautete An den Mond. Die Urheberschaft ist bis heute nicht geklärt, so dass das Stück den überlieferten Volksliedern zugeordnet wird. Die Entstehungszeit wird auf das Ende des 18. Jahrhunderts geschätzt. Bereits ab 1800 wurde Guter Mond, du gehst so stille durch verschiedene Liedflugschriften in den Umlauf gebracht. In der Urfassung umfasste es sieben Strophen, die von der unerfüllten Liebe eines bereits vergebenen Mannes zu seiner Herzensdame erzählen. Nur dem schweigsamen Mond vertraut der Sänger sein Geheimnis an. Nachdem das Stück 1838 von Ludwig Erk in seine Volksliedersammlung aufgenommen wurde, erlangte es bald eine weitere Verbreitung sowie einen größeren Bekanntheitsgrad im deutschsprachigen Raum.
Carolin Eberhardt
1.Strophe
Guter Mond, du gehst so stille
in den Abendwolken hin,
bist so ruhig, und ich fühle,
dass ich ohne Ruhe bin.
Traurig folgen meine Blicke
deiner stillen heitern Bahn.
O wie hart ist mein Geschicke,
dass ich dir nicht folgen kann!
2. Strophe
Guter Mond, dir darf ich's klagen,
was mein banges Herze kränkt,
und an wen mit bittern Klagen
die betrübte Seele denkt!
Guter Mond, du sollst es wissen,
weil du so verschwiegen bist,
warum meine Tränen fließen,
und mein Herz so traurig ist.
3. Strophe
Dort in jenem kleinen Tale,
wo die dunklen Bäume stehn,
nah' bei jedem Wasserfalle
wirst du eine Hütte sehn!
Geh' durch Wälder, Bach und Wiesen.
Blicke sanft durch's Fenster hin,
so erblickest du Elisen,
aller Mädchen Königin.
4.Strophe
Nicht in Gold und nicht in Seide
wirst du dieses Mädchen sehn;
nur im schlichten netten Kleide
pflegt mein Mädchen stets zu gehn.
Nicht vom Adel, nicht vom Stande,
was man sonst so hoch verehrt,
nicht von einem Ordensbande
hat mein Mädchen seinen Wert.
5.Strophe
Nur ihr reizend gutes Herze
macht sie liebenswert bei mir;
gut im Ernste, froh im Scherze,
jeder Zug ist gut an ihr.
Ausdrucksvoll sind die Gebärden,
froh und heiter ist ihr Blick;
kurz, von ihr geliebt zu werden,
scheinet mir das größte Glück.
6.Strophe
Mond, du Freund der keuschen Triebe,
schleich' dich in ihr Kämmerlein;
sage ihr, dass ich sie liebe,
dass sie einzig und allein
mein Vergnügen, meine Freude,
meine Lust, mein alles ist,
dass ich gerne mit ihr leide,
wenn ihr Aug' in Tränen fließt.
7.Strophe
Dass ich aber schon gebunden,
und nur, leider! zu geschwind
meine süßen Freiheitsstunden
schon für mich verschwunden sind;
und dass ich nicht ohne Sünde
lieben könne in der Welt.
Lauf' und sag's dem guten Kinde,
ob ihr dieses Lieb‘ gefällt.
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Vorschaubild: River Scene, 1840, Urheber: Sebastian Pether; bereitgestellt von: DcoetzeeBot via Wikimedia Commons gemeinfrei; Deutsches Jugendliederbuch für höhere Lehranstalten,bearbeitet von Simon Breu; Neunte Auflage; Essen, G. D. Baedeker G.m.b.H. Verlagsanstalt; Würzburg, Universitäts-Druckerei H. Stürtz A. G, 1931, S.31; neu bearbeitet von Carolin Eberhardt.
Noten gesetzt von Carolin Eberhardt.