Die einst besten Freunde, die für die Außenwelt doch so unzertrennlich schienen, harmonierten lange nicht mehr miteinander. Die einstmals starke, ehrliche Freundschaft des aufrichtigen Falken und des mächtigen Adlers ging über Monate hinweg immer weiter in die Brüche, doch einsehen wollten dies die störrischen Tiere nicht. Sie entfremdeten sich immer mehr, und niemand wusste wirklich um den Grund. Somit ging auch die Ehrlichkeit und das Vertrauen dieser einst so starken Freundschaft verloren.
Für alle, die sie kannten, die Familie und Freunde der edlen Vögel, war eine Trennung der Beiden unvorstellbar. »Ihr seid doch beste Freunde! Diese Freundschaft kann doch nicht einfach zu Ende gehen!«, sagten die einen. »Ihr müsst etwas unternehmen, eure Freundschaft ist doch etwas Besonderes!«, redeten andere ihnen ins Gewissen. Unter den starken Erwartungen litt die Freundschaft immer mehr und wurde langsam aber sicher zu einer Pflicht.
In den Gebirgen des Hadschars war zu hören, wie der Adler missmutig vorschlug: »Hör zu, wir müssen diesen Krieg beenden, wir sind doch beste Freunde!« Der Falke blickte ihn nachdenklich an und antwortete: »Da hast du wahrlich recht, wir müssen weiter machen, als sei nie was passiert. Sag mal«, fügte er nach einer Weile hinzu, »was hältst du von einer Reise in die Wüste als Versöhnung?« Nach kurzem Überlegen stimmte der Adler zu. Es kostete beide große Überwindung, aber sie machten sich auf die Reise, da es jeder um sie herum von ihnen erwartete. Doch natürlich verlief sie alles andere als harmonisch.
Eigentlich als Versöhnungsreise gedacht, gab es gleich am Anfang die ersten handfesten Streitereien um die Wahl der Himmelsrichtung. »Ich sagte dir doch, wir hätten den südlichen Weg nehmen sollen und nicht den östlichen!«, nörgelte der Falke laut. Wutentbrannt blaffte der Adler zurück: »Immer willst du recht haben, nie gestehst du einen Fehler ein, es reicht mir langsam mit dir!« Beleidigt antwortete der Falke: »Ach, und du bist angeblich mein bester Freund? So wie du mich behandelst, scheint das ja nicht wirklich so!« Ein Wort gab das andere.
Sie schmissen sich die Beleidigungen nur so um den Kopf, und jeder war bemüht, dem anderen weh zu tun. Von diesem Tag an gingen sie getrennte Wege. Schon die bloße Erwähnung des Falken ließ den Adler wütend werden, während der Falke so tat, als ob es einen Adler nie in seinem Leben gegeben hat. Doch die ständigen Fragen von außen, warum sie nicht mehr befreundet waren, hörten, selbst Jahre später, nie auf. So bekamen Falke und Adler nie die Chance, zur Ruhe zukommen, um über sich und ihre zerbrochene Freundschaft nachzudenken und deren Ende zu akzeptieren. So wurden aus besten Freunden unversöhnliche Feinde.
Lasst euch nicht von den Erwartungen und dem Druck eurer Mitmenschen beeinflussen.
Samar Assad und Maha Banu Khan, Klasse 8, Sharjah
Textquelle:
Entnommen aus: Fabula Madrasa, S.12-14.
Bildquelle:
Vorschaubild: Christina Rühling, Klasse 8, Sharjah.
Der Falke und der Adler: Tala Jabri, Klasse 9, Sharjah.