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London kommt!

Pückler und Fontane in England

Klaus-Werner Haupt

Hardcover, 140 Seiten, 2019

Im Herbst 1826 reist Hermann Fürst von Pückler-Muskau erneut auf die Britischen Inseln, denn er ist auf der Suche nach einer vermögenden Braut. Aus der Glücksjagd wird eine Parkjagd, in deren Folge die Landschaftsgärten von Muskau und Branitz entstehen. Auch die Bewunderung für die feine englische Gesellschaft wird den Fürsten zeitlebens begleiten.

Theodor Fontane kommt zunächst als Tourist nach London, 1852 als freischaffender Feuilletonist, 1855 im Auftrag der preußischen Regierung. Seine journalistische Tätigkeit ist weitgehend unbekannt, doch sie bietet ein weites Feld für seine späteren Romane.

Die vorliegende Studie verbindet auf kurzweilige Art Biografisches mit Zeitgeschehen. Die Erlebnisse der beiden Protagonisten sind von überraschender Aktualität.

Der Schläger

Der Schläger

Florian Russi

Ein Vater hatte mehrere Kinder und gab sich alle Mühe, sie zu Gerechtigkeit, Sitte und Ordnung zu erziehen. Das gelang ihm sehr gut, nur bei seinem zweitältesten Sohn hatte er keinen Erfolg. Der war roh, uneinsichtig und aggressiv. Schon früh schloss er sich einer Jugendbande an und wurde zu einem brutalen Schläger. Mit seiner Bande beging er Raubüberfälle und Einbrüche, und wenn es irgendwo zu einer Schlägerei kam, war er mitten dabei.

Nachdem er strafmündig geworden war, wurden er und einige Bandenmitglieder auf frischer Tat ertappt. Sie kamen vor Gericht und wurden zu längeren Haftstrafen verurteilt. Immer, wenn der Vater seinen Sohn im Gefängnis besuchte, musste er sich dessen Klagen anhören. In der Haft gab es mehrere kräftige und brutale Männer, die bei jeder Gelegenheit auf ihre Mithäftlinge einschlugen. Die Wärter sahen es, unternahmen aber nichts, um die Schlägereien zu beenden. Im Gegenteil. Als er sich einmal einem der Wärter widersetzte, rief der zwei Kollegen herbei und gemeinsam schlugen sie den Sohn krankenhausreif.

Der Vater führte Beschwerde bei der Gefängnisverwaltung und dem zuständigen Justizministerium. Insgeheim hoffte er allerdings auch, dass die erlittenen Schläge seinen Sohn zur Besinnung gebracht haben würden.

Kaum aus der Haft entlassen schloss der sich wieder seiner alten Schlägerbande an, und fing wieder an, andere zu überfallen und zu verprügeln. „Hast du denn im Gefängnis nicht unter den Prügeleien gelitten?“, herrschte der Vater ihn an.

„Das schon“, antwortete der Sohn, „aber jetzt sind wir wieder dran.“

Fazit: Nicht alle menschlichen Probleme lassen sich pädagogisch lösen.

Oder: Grobheit und Brutalität kann man nicht immer friedlich beenden.

Oder: Gleiche Lebensumstände und gleiche Erziehung – trotzdem unterschiedliche Ergebnisse: hier ist die Forschung gefordert.

 

*****

Vorschaubild: photos/lausbuben-kerle-schlägertrupp-74008/, Urheber: WikiImages auf Pixabay.

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