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Quatsch Didel Datsch

Kinderreime

von Norbert Neugebauer (Autor), Werner Kiepfer (Autor), Petra Lefin (Illustrator)

Kinder wollen unterhalten sein. Sie lieben Geschichten und Spaß, Rhythmus und Reim.
Das Spiel mit den Worten, die einen ähnlichen Klang aufweisen, fasziniert sie. Der Gleichklang und Rhythmus von Versen lassen sie die (Mutter-)Sprache spielerisch erfassen. Dadurch lassen sie sich schnell auswendig lernen, immer wieder nachsprechen und fördern so das Sprachvermögen. - Mit den liebevollen Zeichnungen von Petra Lefin bietet das Heft Unterhaltung für die ganze Familie.

Das Treffen in Afderdingen

Das Treffen in Afderdingen

Florian Russi

Satire

Im Lokal „Zum springenden Ochsen“ in Afderdingen fand kürzlich ein Treffen statt, zu dem die Sammlungsbewegung der nationalen Kräfte (Sadenak) eingeladen hatte. Für viele Teilnehmer war es die erste Zusammenkunft nach gefühlten zweimal 1.000 Jahren. Eingeschlichen hatte sich auch der Journalist Hans Gerd Plaglos. Er hat heimlich ein Tonband laufen lassen und seine Erlebnisse notiert. Begleitet wurde er von dem Psychiater Jens Stiebermann.

„Wir sind gerichtet. Unsere Fässer sind bis zum Überlaufen gefüllt“, sagt Gastwirt Wilhelm Labasta zu seinem Sohn Erwin und dessen Freund Torold. Dann ermahnte er die beiden, nicht allzu vorlaut zu sein. Torold war ihm als Neonazi bekannt und Erwin stellte gern kritische Fragen. Inzwischen trudelten die ersten Gäste ein. Die meisten stellten sich als Reichsbürger vor und wurden vom Wirt als solche umarmt.

„Wer bist du“, fragte der Wirt einen von ihnen.

„Ich bin der Reichsgraf Odo Tronje von Echtersburg.“

„Ein echter Graf?“

„Ja, das bin ich. Wenn im Deutschen Reich wieder eine legale Regierung an die Macht kommt und wir wieder einen Kaiser haben werden, wird er mir meinen Titel bestätigen.“

„Seit 1918 haben wir keine legitime Regierung mehr“, warf da ein anderer ein.

„Ich würde noch weiter zurückgehen, bis zum Jahre 1806. Da hat Napoleon das Heilige Römische Reich Deutscher Nation aufgelöst. Viele Jahrzehnte danach kamen die Deutschen nicht mehr zur Besinnung. Es gab viele Anläufe, doch kein wirklich geeintes Reich. Bismarck hat´s versucht und später auch Adolf Hitler. Hätte der den Krieg gewonnen, würden heute alle ganz anders reden.“

„Es bliebe ihnen ja auch nichts anderes übrig“, merkte da Erwin an.

„Bei mir zu Hause besteht das Dritte Reich fort“, erklärte Torold.

„Mein Großvater war Nazi, mein Vater wars und ich bin es auch. “Heil” ist bei uns daheim das gebräuchlichste Wort. Mein Großvater hat bis zu seinem 10. Lebensjahr geglaubt, es sei der Vorname Hitlers. Heute haben wir erkannt, dass der Ausruf “Heil!” sogar kranke Seelen befreien kann.“

„In meinem Reich bestimme allein ich“, sagt einer, der sich als Tobias Volk vorstellte. „Ich bin der Volk und bei mir gilt allein Volks Wille.“

„Wann endlich können wir losschlagen und das Reich zu neuer Blüte führen?“, fragte ein weiterer Teilnehmer. „In meinem Keller habe ich Gewehre, Munition und Granaten aufbewahrt. Meine Zimmer sind voll mit Trophäen aus den Kolonialkriegen. Jeden Tag blicken mich die Gesichter von Hereros an und fragen: ‘Wann endlich schlägst du los?‚“

„Mein Vorbild ist ein verstorbener Berliner Arzt, dessen Name mir jetzt nicht einfällt. Er hat sein Wohnhaus zum souveränen Staat erklärt und für seine Frau und für die von ihm adoptierten Mädchen eigene Hausgesetze erlassen. Wenn sie dagegen verstoßen haben, hat er ihnen den nackten Po versohlt. So etwas nenne ich klaren Führungsstil. Zusätzlich hat er sich in Berlin für den Jugendschutz eingesetzt und gegen ein Theaterprojekt gekämpft, in dem freizügig auch über Sexualität gesprochen wurde und den Kindern eingeräumt wurde auch frech und widerborstig zu sein.“

„Wie recht er hatte. Kinder gehören in die Hände von geübten Pädagogen“, erwiderte ein anderer.

„In meinem Reich habe ich dem Gott Wotan wieder zu Ehren verholfen. Als abständiger Christ und Gegner des Islams habe ich meine Familie zum Germanentum zurückgeführt. Dort, in den Eichenhainen und Berghöhlen liegen die Ursprünge unserer Kultur.“

„Der Gott, den wir in meinem Reich verehren heißt Xingo. Mein Bruder hat ihn von einer Reise zu einem Inselvolk mitgebracht. Ihn verehren wir und haben ihm mehrerer Hausaltäre errichtet“, fügte ein weiterer Gast hinzu.

„Auf die Idee, in meinem Reichsgebiet einen eigenen Gott zu verehren, bin ich noch gar nicht gekommen. Du musst mir mehr über Xingo erzählen. Hauptsache ist, dass er nicht zum Islam gehört.“

„Der Islam kennt nur einen Gott.“

„So wie ich. Xingo ist mein einziger. Ich bin gerade dabei, für meine Familie einen eigenen Katechismus zu entwerfen.“

Gastwirt Labasta schaute unglücklich drein. „Ich hatte mehr Teilnehmer erwartet“, sagte er zu seinem Sohn.

„Der Abend hat doch erst begonnen“, tröstete Erwin ihn „Es fehlen noch die von Vegida und von der AFD. Durchs Fenster kann ich sehen, dass noch einige anrücken. Die haben alle einen neben sich hergehen.“

„Ich vermisse die Blauen. Wo bleibt das Blaumeischen?“

„Die kann nicht gehen. Die Storch hat sie wieder ins Bein gebissen.“

„Wer kommt denn da, geschmückt mit vielen Orden?“, fragt einer.

„Ich bin der Ministerpräsident von Preußen, das bald wieder in altem Glanz entstehen soll.“

„Exzellenz, es ist mir eine Ehre“, begrüßte ihn ein anderer. „Ich bin der Gauleiter von Pommern.“

„Und ich bin der der neue Reichsführer FF“, erklärte ein weiterer.

„Was bedeutet FF?“

„Flüchtlingsfragen. Manche Fragen müssen gelöst sein, eh sie gestellt werden. Dafür bin ich da. Ich greife durch.“

„Ich fühle mich sehr wohl in eurer Runde“, sagte da Torold „Ich bin wie mein Vater ein bekennender Nazi. Natürlich hätte das mit den 60 Millionen Toten nicht sein sollen. Dafür entschuldige ich mich. Wir aber sind noch da und verlangen eine zweite Chance.“

„Schafft ihr es über 60 Millionen?“, fragte da Erwin, bekam aber keine Antwort.

Vielmehr ertönte der Ruf: „Habt Acht, der Gauleiter kommt.“

Alle bildeten ein Spalier und der Gauleiter marschierte ein. Neben ihm her ging eine junge Frau, die von allen „Alpen-Alice“ genannt wurde.

„Wir sind angetreten, die Kanzlerin und die etablierten Parteien zu jagen“, verkündete der Gauleiter stolz. „Den Jagdschein haben wir bereits“ ergänzte einer aus seiner Begleitung.

„Von welchem Gau sind Sie der Leiter?“, fragte Erwin.

„Mein Gau ist ganz Deutschland. Wenn man mich lässt, werde ich einen Supergau daraus machen.“

Plötzlich trat ein älterer Herr vor und sagte zum Gauleiter: „Waren nicht Sie es, der das Nazi-Reich als “Vogelschiss der Geschichte” abgetan hat? Was fällt Ihnen ein? Sie unverschämter Kerl. Sie Pseudohistoriker und gefährlicher Spinner. Im 2. Weltkrieg sind meine geliebte Tante und zwei meiner Kusinen bei Bombenangriffen ums Leben gekommen. Auch ich, meine Mutter und meine Schwester wurden verschüttet und haben nur durch Glück überlebt. Und warum das? Weil Ihre Reichswehr nicht in der Lage war, die amerikanischen und englischen Bomber zurückzuhalten. Nicht Helden, sondern Versager waren das. Versager am deutschen Volk. Was ist denn an dieser Reichswehr zu loben? Dass sie im 2. Weltkrieg hunderttausende unschuldige Zivilisten umgebracht hat? Dass sie Adolf Hitler als Agent in die Münchner Deutsche Arbeiterpartei eingeschleust hat? Dass sie die “Dolchstoßlüge“ erfunden oder Lenin im plombierten Wagen nach Russland geschafft hat, so dass er dort das kommunistische Sowjetsystem errichten konnte? Sie unverschämter Kerl. Was bilden Sie sich ein?, was bilden Sie sich ein?“

„Die Franzosen haben kein Problem damit, die napoleonische Armee zu feiern, die ja auch viele Menschen umgebracht hat.“

„In dieser Armee mussten zwangsweise auch viele Deutsche dienen. Nur wenige kamen vom Russland-Feldzug zurück. Die Franzosen feiern auch weniger ihre Armee als ihren Staat. Die Armee ist Ausdruck für die Selbstbehauptung und den Erhalt dieses Staates. Die Reichsarmee hat nichts erhalten, nur jämmerlich verloren. Wenn jemand zu loben ist, dann die Friedensbemühungen nach dem 2. Weltkrieg und unsere demokratisch legitimierte Bundeswehr.“

„Der Kerl muss weg“, rief da einer und einige klatschten.

Als Kinder hatten wir den Spruch: "Dir hat ein Vogel ins Gehirn geschissen und vergessen umzurühren.!", setzte der Mann fort. Ihre Partei ist ein Hirnschiss in der deutschen Geschichte und wird es bleiben."

„Heute geht es doch um ganz andere Dinge“, versuchte da „Alpen-Alice“ abzulenken. „Wir müssen uns auf unsere völkischen Tugenden besinnen und die politische Korrektheit auf den Müllhaufen werfen. Wir sind Deutsche. Von der Schweiz aus hatte ich die Deutschen immer im Blick. Flüchtlinge haben bei uns nichts zu suchen. Wenn es nach mir ginge, würde ich keinen reinlassen.“

„Dafür sind Sie bekannt“, antwortete Erwin.

„Ich lade alle ein, in die Schweiz zu kommen und den Wütli-Schwur abzulegen.“

„Ja, den Wütli-Schwur, frei nach Schiller“, warf da Torold begeistert ein: „Wir wollen sein ein einzig Volk von Deutschen. Bei andern weder Not erkennen noch Gefahr. Wir rufen “Heil!”, wie´s unsere Väter taten. Lassen sie eher sterben als unsre Nachbarn sein. Wir pfeifen auf den höchsten Gott. Und wollen ein Christentum ohne Nächstenliebe. Heil!“

„Eines ist klar, wir müssen wieder konservativer werden“, erklärte Alpen-Alice.

Da trat ihr der Psychologe Stiebermann gegenüber und sagte:

„Ich lasse mir weder von Schwulen noch von Lesben sagen, dass ich konservativer werden soll. Ich bin strikt dagegen, den § 175 oder den § 218 wieder einzuführen und gleichgeschlechtlichen Paaren das Heiraten zu verbieten. Nein, nein, ich bleibe ein Liberaler.“

„Wie ich gehört habe, willst du jetzt ganz aus der Schweiz nach Deutschland umsiedeln“, erklärte dann Erwin. „Bringst du dann deine Lebensgefährtin mit? Die soll doch aus Sri Lanka stammen und indische Wurzeln haben. Hast du dich vergewissert, dass deine Parteifreunde sie als Nachbarin akzeptieren werden? Sind sie bereit, sie überhaupt ins Land zu lassen? Dann bitte ich dich doch, die Grenzen auch für andere offenzuhalten. Ich möchte auch die Chance haben, eine Farbige kennenzulernen oder auch einen Farbigen, ich nehme es nicht so genau.“

Plötzlich ging die Türe auf und ein würdevoll dreinblickender Mann in Uniform, hochdekoriert und mit einem Marschallstab in der Hand betrat den Raum.

„Was ist das denn für ein Nobelkaspar?“, fragte Erwin.

„Das ist unser Reichspräsident von Hindenburg“, erklärte einer der Reichsbürger und salutierte.

Der Mann schritt auf und ab, hob immer wieder seinen Marschallstab und blickte stolz vor sich hin. Wieder öffnete sich die Tür und einer, der aussah, wie Kaiser Wilhelm II:, rief: „Nein, Hindenburg, das lasse ich nicht zu. Ich bin der Kaiser, mein ist das Reich.“

Da blickte einer der umstehenden Reichsbürger zum Himmel und erklärte: „Mein Reich ist nicht von dieser Welt.“

Es traten weitere historische Personen auf, so auch Josef Göbbels, den man daran erkannte, dass er sehr klein war und hinkte.

„Was seid ihr für kleine Fische“, sagte er laut. „Meine Schlägertrupps haben in Berlin jeden Abend die Linken aufgemischt und sich Respekt verschafft. Eure Aufmärsche sind dagegen nicht viel mehr als Pilgerprozessionen. Und du, einhöckriges Lama“, sprach er einen an, „hältst dich für großartig, kannst aber nur giftig spucken. Wir hatten die Judenfrage, ihr habt die Flüchtlingsfrage zu lösen. Wir sind näher ans Ziel gekommen als ihr. Wir haben nicht nur auf das deutsche Volk, sondern wie man an mir sieht, auf die nordische Rasse gesetzt. Ich sage euch: ‘Deutschland, Deutschland über alles in der Welt‚“

„Ja“, erklärte Erwin und nickte. „Das hatten sich viele Flüchtlinge auch gedacht.“

„Wir dürfen nicht abwarten, sondern müssen handeln“, sagte einer der Anwesenden.

„Ja, gedankenarm und tatenvoll“, ergänzte Erwin und nickte dem Sprecher zu.

„Herr Oberst, wo bleibt mein Kaffee“, rief da der Mann, der als Hindenburg auftrat.

„Tut mir leid, Eure Exzellenz“, erwiderte der Ober, „es fehlt uns an Tassen.“

„Dann schauen Sie halt in Ihren Schränken nach“, erwiderte der Marschall unwirsch.

„Genau da fehlen sie ja“, antwortete der Ober.

„Nochmals darf ich nicht zu einer solchen Veranstaltung gehen“, sagte nun Stiebermann, der Psychiater. „Sonst fürchte ich um meine eigene seelische Gesundheit.“

„Ich weiß, dass die Rechten Probleme mit ihrer Jugend haben“, erklärte dagegen Torold. „Ich habe mir vorgenommen, eine HJ zu gründen, eine „Höcker-Jugend“. Irgendetwas muss ja herausgekommen sein bei dieser Veranstaltung. Sieg, heil!“

Die deutsche Geschichte muss neu geschrieben werden", ergänzte da einer der Anwesenden. Den Hitler hat es nie gegeben. Er ist eine Erfindung von pazifischen Migranten. Ein Herumtreiber ohne Ausbildung hätte in Deutschland nie Reichskanzler werden können."

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Bildquelle: Zerrissene Deutschland-Fahne von moinzon via pixabay.com, gemeinfrei

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