Deutschland-Lese

Gehe zu Navigation | Seiteninhalt
Deutschland-Lese
Unser Leseangebot

Florian Russi
Papier gegen Kälte

Manfred Hoffmann, ehemals Klassenbester, ist ein angesehener Kinderarzt mit eigener Praxis und strebt nach dem Professorentitel. Stets bemüht, allen in ihn gesetzten Erwartungen zu entsprechen, steuert sein Leben in eine Sackgasse. Die jahrelange wissenschaftliche Arbeit erweist sich plötzlich als vergebens, sein Karriereaufstieg ist gefährdet, seine Ehe gescheitert, alle Erwartungen enttäuscht. Auf der Suche nach Genugtuung und nach Rechtfertigung begibt er sich auf Wege, die gefährlich weit in die Netze der organisierten Kriminalität ziehen.

Eine packende Mischung aus Entwicklungsroman und spannendem Thriller.

auch als E-Book erhältlich

Der Papagei

Der Papagei

Jean-Pierre Claris de Florian

Ein Papagei war aus seinem Käfig entflohen und in einen nahe gelegenen Wald geflogen. Dort traf er sich mit vielen anderen Vögeln, die den Gesang liebten und ihre unterschiedlichen Stimmen zur Geltung brachten. Der Papagei hörte es sich an, hatte aber vieles zu beanstanden. Den Blick erhoben, stellte er sich als ein Kunstgelehrter dar. Er tat so gewichtig, dass alle Vögel sich vor seinem Urteil fürchteten. Selbst am Gesang der Nachtigallen hatte er etwas auszusetzen. Der Grasmücke bescheinigte er nur ein mäßiges Talent und vom Hänfling behauptete er, dass dieser das Singen am besten ganz lassen sollte. Wenn er am Gesang irgendeines Vogels etwas auszusetzen hatte, pfiff er laut dazwischen und störte dessen Vortrag. Das führte schließlich dazu, dass keiner der Vögel sich mehr traute, seine Stimme zu erheben. Wo bisher eifrig tiriliert und gezwitschert wurde, kehrte plötzlich eine absolute Stille ein.

Nun forderten die anderen Vögel den Papagei auf, ihnen einmal vorzusingen und zu zeigen, wie man dies richtig macht. „Lass uns die süße Pracht deiner eigenen Stimme hören“, sagten sie zu ihm. „Wir sind gespannt, was wir von dir lernen können.“

Da wurde der Papagei sehr verlegen und er schämte sich. „Ich danke euch für die Ehre, die ihr mir zugedacht habt. Doch ich muss zugeben, dass ich selbst nur in der Lage bin, Pfiffe von mir zu geben, so wie ihr sie immer wieder von mir gehört habt. Von jetzt an werde ich meinen Schnabel halten und mich nicht mehr in eure Künste einmischen.“

Fazit: Es ist leichter, Leistungen anderer zu kritisieren, als eigene zu erbringen.

*****

Nacherzählt von Florian Russi

Vorschaubild : Bild von Hans Benn auf Pixabay  

Weitere Beiträge dieser Rubrik

Der alte Baum und der Gärnter
von Jean-Pierre Claris de Florian
MEHR
Die Gefallsüchtige und der Spiegel
von Jean-Pierre Claris de Florian
MEHR
Der fliegende Fisch
von Jean-Pierre Claris de Florian
MEHR
Die Grille und der Schmetterling
von Jean-Pierre Claris de Florian
MEHR
Das Krokodil und der Stör
von Jean-Pierre Claris de Florian
MEHR
Anzeige
Unsere Website benutzt Cookies. Durch die weitere Nutzung unserer Inhalte stimmen Sie der Verwendung zu. Akzeptieren Weitere Informationen