Ein Vater hatte mehrere Kinder und gab sich alle Mühe, sie zu Gerechtigkeit, Sitte und Ordnung zu erziehen. Das gelang ihm sehr gut, nur bei seinem zweitältesten Sohn hatte er keinen Erfolg. Der war roh, uneinsichtig und aggressiv. Schon früh schloss er sich einer Jugendbande an und wurde zu einem brutalen Schläger. Mit seiner Bande beging er Raubüberfälle und Einbrüche, und wenn es irgendwo zu einer Schlägerei kam, war er mitten dabei.
Nachdem er strafmündig geworden war, wurden er und einige Bandenmitglieder auf frischer Tat ertappt. Sie kamen vor Gericht und wurden zu längeren Haftstrafen verurteilt. Immer, wenn der Vater seinen Sohn im Gefängnis besuchte, musste er sich dessen Klagen anhören. In der Haft gab es mehrere kräftige und brutale Männer, die bei jeder Gelegenheit auf ihre Mithäftlinge einschlugen. Die Wärter sahen es, unternahmen aber nichts, um die Schlägereien zu beenden. Im Gegenteil. Als er sich einmal einem der Wärter widersetzte, rief der zwei Kollegen herbei und gemeinsam schlugen sie den Sohn krankenhausreif.
Der Vater führte Beschwerde bei der Gefängnisverwaltung und dem zuständigen Justizministerium. Insgeheim hoffte er allerdings auch, dass die erlittenen Schläge seinen Sohn zur Besinnung gebracht haben würden.
Kaum aus der Haft entlassen schloss der sich wieder seiner alten Schlägerbande an, und fing wieder an, andere zu überfallen und zu verprügeln. „Hast du denn im Gefängnis nicht unter den Prügeleien gelitten?“, herrschte der Vater ihn an.
„Das schon“, antwortete der Sohn, „aber jetzt sind wir wieder dran.“
Fazit: Nicht alle menschlichen Probleme lassen sich pädagogisch lösen.
Oder: Grobheit und Brutalität kann man nicht immer friedlich beenden.
Oder: Gleiche Lebensumstände und gleiche Erziehung – trotzdem unterschiedliche Ergebnisse: hier ist die Forschung gefordert.