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Der verliebte Schwan und 35 weitere Fabeln

»Die Fabeln von Florian Russi spiegeln unser tägliches Verhalten wider. Sie regen an zum kreativen Nachdenken über sich selbst. Nicht belehrend, sondern unterhaltend. Deswegen sind Fabeln heute wieder so modern.« Benedikt Otto, mdr

ISBN 978-3-95462-708-0

Das Kätzchen

Das Kätzchen

Florian Russi

Die folgende Fabel ist der Broschüre „Die Peene-Kapitäne“ entnommen, die demnächst im Bertuch Verlag erscheinen wird.

Eines Tages wurden am großen Fluss zwei Schiffe mit vielen Kisten und Fässern beladen, um über das Meer zu fernen Inseln zu fahren. Der Schiffsbauch war voll mit Getreide und Fleisch, welches man an die Menschen auf der Insel verkaufen wollte.

Während die beiden Schiffe noch beladen wurden, fiel dem Kapitän des ersten Schiffes auf, dass der Schiffsjunge etwas unter seinem Hemd versteckt hielt.

„Komm mal her, Junge!“, rief er streng. „Was hast du denn da?“

„Oh, nur ein Kätzchen!“, antwortete der Junge erschrocken. „Bitte lass es mich mitnehmen! Es gibt niemanden außer mir, der sich um das Tier kümmert und an Bord wird es bestimmt niemanden stören.“

„Weg mit der Katze!“, schimpfte der Kapitän. „So ein unnützes Vieh, das rennt uns doch sowieso nur zwischen den Füßen rum, also los, raus damit!“ Der Junge begann bitterlich zu weinen, doch es nutzte ihm nichts. Er musste das Kätzchen wieder an Land bringen.

Der Kapitän des anderen Schiffes hatte alles beobachtet und als er sah, dass der Junge die Katze traurig am Ufer aussetzen wollte, rief er: „Komm, Kleiner, bring das Tier zu mir, ich werde mich auf meinem Schiff um dein Kätzchen kümmern.“ Glücklich vertraute der Junge dem zweiten Kapitän sein Kätzchen an und ging zurück auf das erste Schiff.

Bald darauf legten beide Schiffe in Richtung einer Insel ab. Der Weg der Schiffe führte den großen Fluss entlang bis zu dessen Mündung im Meer und von dort aus zu der weit entfernten Insel. Zwischendurch mussten sie einige Male an Land fahren, um frisches Trinkwasser nachzufassen.

Als sie endlich die ferne Insel erreichten, erlebten sie eine große Überraschung: Auf dem ersten Schiff war nichts mehr zu finden von all den Dingen, die man geladen hatte. Kein einziges Stück Fleisch, nicht ein Körnchen Getreide, nur durchnagte Fässer und Kisten. Ratten hatten sich nämlich heimlich auf’s Schiff geschlichen und alles, aber auch alles ratzekahl aufgefressen. Oh je, da war das Geschrei und Geschimpfe groß.

Auch in das zweite Schiff waren Ratten eingedrungen, doch wie groß war ihr Schreck, als sich auf einmal eine Katze auf sie stürzte. Das Kätzchen war ein geschickter Jäger und es dauerte gar nicht lange, da hatte es alle Ratten verjagt oder gefangen. Die Schiffsleute waren stolz auf ihr tüchtiges Kätzchen, hatten sie es doch ihm zu verdanken, dass sie alles gut verkaufen mit viel Geld nach Hause zurückkehren konnten.

Von diesem Tag an bekam das Kätzchen vom Kapitän höchstpersönlich ein extra Schälchen Milch.


*****
Teaserfoto: Kati Spantig

Zeichnung im Text von Petra Lefin (c) Bertuch Verlag

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