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Die Jahreskinder

Singen Bewegen Gestalten

Hg. Carolin Eberhardt

Kinder brauchen Lieder, denn Singen macht sie stark fürs Leben. Längst ist nachgewiesen, dass Kinder, die viel singen, ausgeglichener, intelligenter und selbstbewusster werden. Ein Liederbuch für Kinder mit den bekanntesten Liedern durch die vier Jahreszeiten; mit bunten Illustrationen und Ausmalbildern.

Der Sänger

Der Sänger

Johann Wolfgang von Goethe

Ich singe wie ein Vogel singt

Goethes Ballade handelt von einem königlichen Fest, bei dem der König seinen Pagen auffordert, den Mann herbei zu holen, dessen Stimme er von außerhalb hört. Der Sänger kommt, ist überwältigt von der königlichen Pracht und beeindruckt den König und dessen Gäste mit seinem Gesang. Als der König ihm zum Dank eine goldene Kette überreichen lässt, lehnt der Sänger ab und erklärt, die Fähigkeit zum Singen sei ihm Lohn genug. Nur einen Becher mit bestem Wein erbittet er, setzt ihn an und trinkt ihn aus.

Was wohl wollte uns Goethe, dessen Balladen meist Belehrendes enthalten, mit diesem Gedicht sagen? Das Thema ist jedenfalls hochaktuell: Ist es für einen Künstler Lohn genug, wenn er seine Talente vor Publikum entfalten darf? (Also kein Urheberschutz und keine Gema-Gebühren?) Und wenn ihm schon kein Lohn zusteht, dann wenigstens ein Weinchen oder dass was einen Künstler heutzutage sonst in Stimmung versetzen kann. Es ist bekannt, das der Geheimrat selbst zwar den Wein schätzte, deswegen aber nicht auf Tantiemen verzichtete. Allerdings hat er auch nicht gesungen.

Florian Russi

Der Sänger

"Was hör' ich draußen vor dem Tor,
Was auf der Brücke schallen?
Laß den Gesang vor unserm Ohr
Im Saale widerhallen!"
Der König sprach's, der Page lief;
Der Knabe kam, der König rief:
"Laßt mir herein den Alten!"
"Gegrüßet seid mir, edle Herrn,
Gegrüßt ihr, schöne Damen!
Welch reicher Himmel! Stern bei Stern!
Wer kennet ihre Namen?
Im Saal voll Pracht und Herrlichkeit
Schließt, Augen, euch; hier ist nicht Zeit,
Sich staunend zu ergetzen."
Der Sänger drückt' die Augen ein
Und schlug in vollen Tönen;
Die Ritter schauten mutig drein
Und in den Schoß die Schönen.

Der König, dem das Lied gefiel,
Ließ, ihn zu ehren für sein Spiel,
Eine goldne Kette holen.

"Die goldne Kette gib mir nicht,
Die Kette gib den Rittern,
Vor deren kühnem Angesicht
Der Feinde Lanzen splittern;
Gib sie dem Kanzler, den du hast,
Und laß ihn noch die goldne Last
Zu andern Lasten tragen.
Ich singe, wie der Vogel singt,
Der in den Zweigen wohnet;
Das Lied, das aus der Kehle dringt,
Ist Lohn, der reichlich lohnet.
Doch darf ich bitten, bitt ich eins:
Laß mir den besten Becher Weins
In purem Golde reichen."
Er setzt' ihn an, er trank ihn aus:
"O Trank voll süßer Labe!
O wohl dem hochbeglückten Haus,
Wo das ist kleine Gabe!
Ergeht's euch wohl, so denkt an mich,
Und danket Gott so warm, als ich
Für diesen Trunk euch danke

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