Die Göttermutter Hera galt im antiken Griechenland als Hüterin ehelicher und familiärer Ordnung und Beständigkeit. Ihr Mann Zeus, der Gewaltigste unter den Göttern, war dagegen ein Schwerenöter. Ständig ließ er sich mit anderen Göttinnen und Menschentöchtern ein und fand sogar Gefallen an dem hübschen Jüngling Ganymed.
Selten war es Hera möglich, seine Eskapaden zu verhindern. Im Ernstfall konnte ihr Mann immer auf die trickreiche Hilfe seines Sohnes Hermes zählen. Auch der war die Folge einer seiner Fehltritte. Zeus hatte ihn mit einer Nymphe gezeugt.
Einer anderen seiner außerehelichen Liebschaften verdankt unser Kontinent seinen Namen: Wieder einmal hatte sich das Herz des Göttervaters für ein menschliches Wesen entflammt. Es war die Tochter des phönizischen Königs Agenos. Um ihr nahezukommen, verwandelte sich Zeus in einen kraftstrotzenden Stier und mischte sich unter die königliche Rinderherde.
Als das schöne Mädchen sich am Strand des Mittelmeeres erging, trieb Hermes die Herde in ihre Nähe. Sofort zog der als Stier getarnte Zeus die Bewunderung der Prinzessin auf sich. Sie schwang sich auf seinen Rücken, um auf ihm zu reiten. Ehe sie sich versah, galoppierte der aufs Meer zu und schwamm mit ihr zur Insel Kreta. Dort gab er sich zu erkennen und zeugte mit ihr drei Söhne. Der älteste unter ihnen, Minos, stieg später zum bedeutendsten König der Insel auf.
Von Kreta aus soll sich die abendländische Kultur entwickelt und ausgebreitet haben. Der Name der phönizischen Prinzessin, Zeus-Geliebten, späteren Königsmutter und Kulturstifterin aber war Europa.
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Bildquelle:
Büste des Zeus, gefunden in Otricoli (Sala Rotonda, Museo Pío-Clementino, Vatikan) von Künstler/-in unbekannt - Jastrow (2006), Gemeinfrei, https://commons.wikimedia.org/w/index.php?curid=13...
Gattin des Zeus in der griechischen Mythologie - Ein Gemälde von Joseph Paelinck (1781–1839), gemeinfrei