Deutschland-Lese

Gehe zu Navigation | Seiteninhalt
Deutschland-Lese
Unser Leseangebot

Ein Buch, das zu Herzen geht

Klinikclown Knuddel erinnert an die vielen Kindern und Jugendlichen, die er begleiten durfte, und in seinen Geschichten lässt er ihr Wesen und ihre Persönlichkeit nochmals aufleben. Geschichten über die Liebe und einen Clown im Sterbezimmer.

Der Schatzgräber

Der Schatzgräber

Johann Wolfgang von Goethe

Goethe schrieb den „Schatzgräber" im sogenannten Balladenjahr 1797. Mit Schiller hatte er vereinbart, dass beide für einige Zeit vorzugsweise Balladen schreiben wollten. Goethes Ballade vom Schatzsuchenden ist ein moralisches Gedicht, das denjenigen, der nach Wohlstand und Erfolg strebt, dazu anhält, nicht auf das zufällige Glück zu setzen, sondern Arbeit, Mühe und Flei&szszlig; auf sich zu nehmen. Auf Goethes eigenem Lebensweg war zur Tagesarbeit glücklicherweise noch die außergewöhnliche Gunst seines Freundes und Förderers Großherzog Carl August hinzugekommen.

Florian Russi

 

Arm am Beutel, krank am Herzen,
Schleppt' ich meine langen Tage.
"Armut ist die größte Plage,
Reichtum ist das höchste Gut!"
Und zu enden meine Schmerzen,
Ging ich, einen Schatz zu graben.
"Meine Seele sollst du haben!"
Schrieb ich hin mit eignem Blut.

Und so zog ich Kreis um Kreise,
Stellte wunderbare Flammen,
Kraut und Knochenwerk zusammen:
Die Beschwörung war vollbracht.
Und auf die gelernte Weise
Grub ich nach dem alten Schatze
Auf dem angezeigten Platze:
Schwarz und stürmisch war die Nacht.

Und ich sah ein Licht von weiten,
Und es kam gleich einem Sterne
Hinten aus der fernsten Ferne,
Eben als es zwölfe schlug.
Und da galt kein Vorbereiten.
Heller ward's mit einem Male
Von dem Glanz der vollen Schale,
Die ein schöner Knabe trug.

Holde Augen sah ich blinken
Unter dichtem Blumenkranze;
In des Trankes Himmelsglanze
Trat er in den Kreis herein.
Und er hieß mich freundlich trinken;
Und ich dacht': "Es kann der Knabe
Mit der schönen, lichten Gabe
Wahrlich nicht der Böse sein."

"Trinke Mut des reinen Lebens!
Dann verstehst du die Belehrung,
Kommst, mit ängstlicher Beschwörung,
Nicht zurück an diesen Ort.
Grabe hier nicht mehr vergebens.
Tages Arbeit! Abends Gäste!
Saure Wochen! Frohe Feste!
Sei dein künftig Zauberwort."

 

*****

Foto "Schatzhöhle": Rita Dadder

Weitere Beiträge dieser Rubrik

Die Heinzelmännchen
von August Kopisch
MEHR
Die Rache
von Ludwig Uhland
MEHR
Gorm Grymme
von Theodor Fontane
MEHR
Der Taucher
von Friedrich Schiller
MEHR
Schwäbische Kunde
von Ludwig Uhland
MEHR
Anzeige
Unsere Website benutzt Cookies. Durch die weitere Nutzung unserer Inhalte stimmen Sie der Verwendung zu. Akzeptieren Weitere Informationen