Diese bekannte Kurzgeschichte Edgar Allan Poes spielt sich während einer nicht näher bestimmten Zeit in einem wohl europäischen Königreich ab. Eine Seuche – ähnlich der mittelalterlichen Pest – befällt das Land und fordert viele Opfer, vor allem in der arbeitenden Bevölkerung. Ein Prinz und seine eintausend adligen Bekannten verriegeln sich derweil
in einem Schloss – nicht nur zum Schutz vor der Krankheit und den betroffenen Menschen, sondern auch, um ein rauschendes Fest in Form eines Maskenballs zu feiern. Doch eine Figur in einem gänzlich geschmacklosen Toten-Kostüm betritt die Szene, und die Folgen sind verheerend.
Fragen und Antworten hier nochmal auf einen Blick:
Im 19. Jahrhundert gab es mehrere Epidemien, unter anderem die Cholera, eine bakterielle Erkrankung, die sich schnell ausbreitete und von ca. 1831-1834 vor allem die großen Küstenstädte im Norden der USA heimsuchte. Auch Poes Frau litt an einer tödlichen Krankheit – der Tuberkulose – die ebenso durch Bakterien verursacht wird. Dieser Kontext könnte zusammen mit Berichten über die mittelalterliche Pest, den verheerenden „schwarzen Tod“, in Europa einen weiteren Hintergrund für die Erzählung gebildet haben. Auch hier war ein Bakterium der Auslöser, welches allerdings über Ratten und Flöhe auf den Menschen übertragen wurde. Da die Biologie noch in den Kinderschuhen steckte, wurden solche Seuchen oft durch moralische oder religiöse Argumente begründet.
1. Wieso hat sich Poe – anders als die tatsächliche „schwarze Pest“ - einen „roten“ Tod ausgedacht? Was könnten die gegensätzlichen Farben Rot und Schwarz in der Geschichte generell bedeuten?
schwarz – Tod, rot – Blut/Leben = Gegensatz, beides gehört
zusammen; aber auch: Tod durch Krankheit, kein „natürlicher“ Tod, keine
Trauer
2. Kann man den Tod durch eine Krankheit auch als „gerecht“ bezeichnen, da er Arme und Reiche gleichermaßen betrifft?
der Tod ereilt jeden, nur der Zeitpunkt ist ungewiss (lat. Spruch), heute kann man das Leben durch Technologie verlängern, damals evtl. noch „gerechter“, da eine Krankheit vor niemandem Halt gemacht hat, heute haben wenige Menschen besseren Zugang zu lebensverlängernden Technologien.
3. Was bedeutet es, dass auch ein versiegeltes Gebäude – eine Mischung aus Schloss und Abtei – die Pest und den Tod nicht aussperren kann?
Herrschafft von Adel (Schloss) und Religion (Abtei), beides schützt nicht vor dem Tod, wird eher zur Falle.
Diese Erzählung wurde und wird oft als „Allegorie“ verstanden, als
eine Geschichte, die das Leben selbst verkörpert. Auch die einzelnen
Symbole der Geschichte, die alle einem einheitlichen Sinn und Zweck
untergeordnet scheinen, sind mit Bedacht ausgewählt.
1. Wie viele Räume sind es, die der fremde Gast durchschreitet? Was symbolisiert diese Zahl?
Es sind 7 Räume: 7 eine Glückszahl, spielt in allen Religionen eine wichtige Rolle, so auch in Märchen. Die 7 steht symbolisch für die sieben Phasen im Menschenleben.
2. Welche Farben haben die Räume, und wieso wurden sie in dieser Reihenfolge beschrieben?
Das Durchschreiten der Räume von Osten nach Westen - von der Geburt bis zum Tod - mit dem Leben als Maskenball, bei dem jeder seine Rolle spielen muss.
- der Raum im Osten ist blau (Wahrheit, Ewigkeit), wo die Sonne aufgeht, der Beginn des Lebens;
- der letzte Raum am Ende der Raumflucht, im Westen ist schwarz, das Lebensende.
3. Welche Bedeutung haben die große Kastenuhr und ihr dumpfes Läuten im letzten Raum?
Die Uhr, ein Kasten aus schwarzem Ebenholz, wirkt wie ein Sarg. Das Läuten der Uhr, ist ähnlich einer Totenglocke, „letzte Stunde geschlagen“, Lebensuhr ist abgelaufen.
„Die Maske des roten Todes“ kann man auch im Zusammenhang mit William Shakespeares Drama bzw. Theaterstück „Der Sturm“ („The Tempest“, ca. 1611) lesen: Dort gibt es den zaubernden Herzog Prospero sowie einen Bösewicht, Caliban, der dem Herzog die „rote Pest“ wünscht. Ebenso wie Shakespeares Prospero scheint auch Poes Held magische Talente und eine ausschweifende Fantasie und Kreativität zu besitzen. So erfahren wir, dass Prinz Prospero die Räume des Schlosses monatelang für den Maskenball dekoriert und vorbereitet hat. Die Erzählstimme allerdings, die uns die Geschichte vermittelt, ist nicht die des Prinzen. Hört einmal genau hin:
1. Welche Anhaltspunkte – Begriffe oder Beschreibungen – gibt es in der Geschichte, die daran zweifeln lassen, dass alles „echt“ ist?
Ausdrücke wie „Träume“ und „Phantasie“; auch die Ballgäste werden als unecht/unrealistisch beschrieben, Prinz wird für wahnsinnig gehalten
2. Wenn der Erzähler oder die Erzählerin auch unter den Partygästen weilte, hätten sie oder er doch auch gestorben sein müssen, oder?
Vielleicht ist die Geschichte eine Fantasie, ein Traum. Der Erzähler
wirkt auktorial, ist aber unzuverlässig. Weisen Sie auf die Rolle von
Literatur als Fiktion hin!
Ebenen: Autor/ Erzählstimme/ Figuren
Im englischen Original heißt die erste Version der Geschichte von 1842 „The Mask of the Red Death. A Fantasy“. Bald darauf, 1845, gab es eine leicht veränderte Version mit dem Namen „The Masque of the Red Death“. Während das ursprüngliche mask eben eher eine Maske wie bei einem Kostüm oder einer Verkleidung bezeichnet, bezieht sich masque stattdessen auf einen „Maskenball“ oder eine „Maskerade“.
1. Wenn man die beiden Bedeutungen – Maske und Maskerade – vergleicht, wie kann dann die Geschichte im Hinblick auf den Tod interpretiert werden?
die Maske als Verkleidung: ist offensichtlich, fällt auf; ist evtl.
„spaßig“ oder geheimnisvoll, Verhüllung, der Tod zeigt sein Gesicht
nicht ... die Maskerade/der Maskenball als ein Ereignis, an dem viele
teilnehmen, eine Zeremonie, andauernd; alle sind maskiert, der Tod ist
eine Maske unter vielen
2. Wie wird die Figur, der „Charakter“ des Todes beschrieben?
die Figur wirkt gruselig, bedrohlich, „echte“ Leichentücher und Blut; sie ist geheimnisvoll, unangreifbar und lässt sich nicht beeindrucken, noch aufhalten. Durch die Menge schreitend, ruft sie Aufmerksamkeit, Wut und Angst hervor.