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Friedrich Albrecht
Kennst du Anna Seghers?

Von den Träumen, den Werken und dem Leben der Anna Seghers, das man kurz als aher abenteuerlich bezeichnen kann, erzählt dieses Buch. 

Ein Loblied auf ein verkanntes Tier

Ein Loblied auf ein verkanntes Tier

Herbert Kihm

"Halsstarrigkeit und Verbohrtheit ist der sicherste Beweis von Dummheit.
Gibt es ein Geschöpf, das so sicher, entschieden sich selbst vertrauend, feierlich und ernsthaft wäre wie der Esel?"

(Michel de Montaigne 1533–1592)


Vielleicht hilft dieser Artikel ja ein wenig mit, das gängige Vorurteil gegenüber diesem hilfreichen und klugen Begleiter der menschlichen Zivilisation ein wenig zu revidieren.

Werfen wir dazu einmal einen Blick in die Bibel.

Das Reiten auf einem Esel war in biblischer Zeit kein Zeichen von Armut oder Einfachheit, ganz im Gegenteil! Jahrhundertelang war gerade der Esel ein Symbol für Vornehmheit. Ein zahmer Esel mit hellem oder weißem Fell war das Reittier eines neuen Königs. (s. dazu Matthäus 21,1-11).

Deboras Lobgesang (Richter 5,10) zeigt, dass weiße Esel besonderen Persönlichkeiten vorbehalten waren. Als Saul die Eselinnen seines Vaters sucht, findet er das Königtum (1. Samuel 9,10). Davids Familie reitet auf Eseln (2. Samuel 16,2).

In den Zehn Geboten wird er ausdrücklich erwähnt (2. Mose/Exodus 20,17). Zahlreiche weitere Bibelstellen erwähnen den Esel als Symbol oder konkret als Reit -oder Lasttier. Hier seien exemplarisch aufgezählt: Abraham benutzt den Esel als Lasttier (1.Mose 22,3), ebenso Moses (2 Mose4,20) und Josef (1 Mose45,23).

Im Neuen Testament (MK,11,1-7) wird an die die alttestamentlichen Stellen angeknüpft und betont, dass Jesus auf einem Jungesel, in Jerusalem eingeritten ist. Schon durch sein Reittier gibt Jesus sich als Friedensfürst zu erkennen. Der Hinweis, dass das Tier noch von keinem Menschen geritten war, soll zeigen, dass es in besonderer Weise der Würde des Messias entsprach. Auch der Babylonische Talmud kennt den Esel als Reittier des Messias (Berakhot 56b).

***

Verlassen wir die Bibel und suchen wir nach dem Esel in der Literatur durch die Zeiten.

Äsop (6.Jhr.v.Chr.) hat zahlreichen Fabeln dem Esel gewidmet, so in: "Der Esel und die Ziege", "Der Esel und der Fuchs" oder "Das Pferd und der Esel".

Miguel de Cervantes (1547-1616) beschreibt in seinem bekanntesten Werk den Ritter Don Quijote, der Ritter von der traurigen Gestalt, einen Menschen, der unfähig erscheint, zwischen Dichtung und Wahrheit zu unterscheiden. Er hält sich für einen stolzen Ritter, dem vermeintlich das Schicksal ein kühnes Abenteuer nach dem nächsten zu bestreiten auferlegt. Er steigt auf sein klappriges Pferd Rosinante und kämpft unter anderem gegen Windmühlen. Treu an seiner Seite reitet der nur scheinbar naive Schildknappe Sancho Pansa und versucht, seinen Herrn vor schlimmerem Unheil zu bewahren. Die tragische Figur Don Quijote bezeichnender Weise auf einen (klapprigen) Pferd, Sancho Pansa dagegen auf einem Esel.

Auch Shakespeare hat diese Verwirrungen zwischen Realität und Traum in seinem Sommernachtstraum aufgegriffen, in dem die Figur des Nick Bottom bekanntlich den Kopf eines Esels von Puck aufgesetzt bekommt.

In dem Märchen der Gebrüder Grimm „Die Bremer Stadtmusikanten“ spielt ein Esel im wahrsten Sinn eine tragende Rolle, er ist es, der den Neubeginn initiiert und von ihm stammen auch die geradezu prophetischen Worte: „…etwas Besseres als den Tod findest du überall.

Hier noch eher eine Randnotiz: Es wird berichtet, dass die ägyptische Königin Kleopatra ihre Schönheit und jugendliche Haut in Bädern aus Eselsmilch pflegte. Für eine tägliche Anwendung war eine Herde von ungefähr 700 Eselinnen nötig.

Beenden möchte ich den kurzen Exkurs mit jenem schnell sprechenden Esel, der als ein treuer, oft auch nerviger Begleiter von Shrek in dessen Filmen agiert. Auch wenn Shrek den Esel oft nicht gut behandelt, hält dieser stets zu ihm, da er an das Gute in ihm glaubt.

Das Schlusswort überlasse ich Wilhelm Busch, der uns mit seinem folgenden Gedicht einen Tipp gibt, wie wir die Ärgernisse des Alltags ebenso klug und gelassen bewältigen sollten, wie er es uns am Beispiel des Esels zeigt:


Der Esel

„Es stand vor eines Hauses Tor

Ein Esel mit gespitztem Ohr,

Der käute sich sein Bündel Heu

Gedankenvoll und still entzwei. –


Nun kommen da und bleiben stehn

Der naseweisen Buben zween,

Die auch sogleich, indem sie lachen,

Verhasste Redensarten machen,


Womit man denn bezwecken wollte,

Dass sich der Esel ärgern sollte. –

 

Doch dieser hocherfahrne Greis

Beschrieb nur einen halben Kreis,

Verhielt sich stumm und zeigte itzt

Die Seite, wo der Wedel sitzt.“

 

*****

Bildquellen:

Vorschaubild: Don Quijote and Sancho Panza, Monumento a Miguel de Cervantes, 2011, Urheber: Carlos Delgado via Wikimedia Commons CC BY-SA 3.0.

Gnm_nuernberg_01: Germanisches Nationalmuseum in Nürnberg, Deutschland. Räume für Früh- und Vorgeschichte und Mittelalter (4-19) mit einer Erlenholzskulptur von Christi auf dem Palmesel (um 1378), 2010, Urheber: KaterBegemot via Wikimedia Commons Gemeinfrei.

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