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Arno Pielenz
Kennst du Heinrich von Kleist?

"... mein Leben, das allerqualvollste, das ein Mensch je geführt hat." So schrieb Heinrich von Kleist an eine seinem Herzen nahe stehende Verwandte wenige Stunden, bevor er sich mit seiner Todesgefährtin am Wannsee erschoss.

Die Bremer Stadtmusikanten

Die Bremer Stadtmusikanten

Brüder Grimm

s  war einmal vor langer Zeit, da lebte ein Mann, der hatte einen Esel. Dieser trug ihm lange Jahre schon fleißig die Säcke zur Mühle hin. Nun gingen die Jahre aber nicht mehr an dem Tier vorbei. Es wurde älter und schwächer, das Schleppen der Säcke fiel ihm immer schwerer und er wurde langsamer. Eines Tages beschloss sein Herr darum, den Esel von seinem Hof zu schaffen. Der Esel aber, ein schlaues und verständiges Tier, ahnte was sein Herr geplant hatte. Und so lief er fort und begab sich auf den Weg nach Bremen. Denn dort wollte er als Stadtmusikant sein Essen verdienen. 

Als er nun ein ganzes Stück getrabt war, da begegnete ihm ein Jagdhund. Der lag einfach mitten auf dem Weg und japste vor Müdigkeit vor sich hin, so als ob er gerade ein Rennen gelaufen wäre. Da sprach der Esel ihn an: »Hallo Bello, was japst du denn so?« – »Ach«, sprach da der Hund, »mein Herr hat wollte mich erschlagen. Ich bin eben alt und bei der Jagd nicht mehr der Schnellste. Und so bin ich ihm fortgelaufen. Aber was soll ich denn nun essen?« Der Esel erzählte ihm von seinem Plan und sagte dann: »Bello, komm doch mit mir nach Bremen. Da können wir beide musizieren und unser Essen verdienen. Ich spiele Gitarre und du die Trommel.« Der Hund war einverstanden uns so gingen Esel und Hund nun gemeinsam weiter.

Bis sie nach einer Weile eine Katze am Wegesrand sitzen sahen. Die machte ein Gesicht wie sieben Tage Regenwetter und mauzte dabei ganz jämmerlich. »Was mauzt du denn so herzzerreißend, Mietzi? Was ist dir denn passiert?«, fragte da der Esel. »Ach, wie kann ich denn lachen und mich freuen, wenn meine Herrin mich im Fluss loswerden wollte? Ich bin alt und lahm, liege lieber am Ofen und wärme meine Pfötchen als Mäuse zu jagen. Und so bin ich ihr weggerannt. Nun hab ich keinen warmen Platz mehr in der Stube und weiß nicht, wohin.« - »Komm doch mit mir und Bello nach Bremen. Wir wollen dort Stadtmusikanten werden. Du kannst eine Nachtmusik dazu singen.« Und so ging Mietzi mit den beiden weiter.

Nach einiger Zeit kamen die drei Freunde an einem Hof vorbei. Auf dem Tor saß der Haushahn und schrie aus voller Kehle. »Warum schreist du denn so laut, Kikeri?« – »Ach, ich armer alter Hahn. So hab ich doch der Herrin das Wetter falsch vorhergesagt. Nun soll es regnen und sie wollte doch die Wäsche aufhängen. Und so hat sie der Köchin angeordnet, mich in der Suppe zu kochen. So schrei ich nun aus voller Kehle, so lange ich es noch kann.« – »Weißt du was, kleiner Rotkopf? Zieh doch mit uns nach Bremen. Wir wollen zusammen musizieren. Du hast eine gute Stimme.« Der Vorschlag gefiel dem Hahn. Und so gingen die Freunde nun zu viert weiter.

Der Weg nach Bremen war aber sehr weit. Am Abend kamen sie an einen Wald, in dem sie übernachten wollten. Esel und Hund legten sich unter einen großen Baum, Katze und Hahn kuschelten sich in die Äste. Der Hahn flog sogar bis zur Spitze hinauf, wo er sich am sichersten fühlte. Bevor er seine Augen schloss, sah er sich nochmal in allen Richtungen um. War da in der Ferne nicht ein kleines Lichtlein zu sehen? Kikeriki rief seinen Freunden zu: »Freunde, ganz in der Nähe ist ein Haus. Ich sehe ein Licht.« – »Lasst uns dorthin gehen. Dort können wir besser schlafen« , sprach der Esel. »Vielleicht gibt es dort auch ein paar Knochen oder Fleisch für mich. Mein Magen knurrt so laut, dass ich gar nicht schlafen kann.« Also gingen die Freunde auf die Suche, voraus der Hahn, der ihnen die Richtung zeigte. Das Licht wurde nun bald immer größer, bis sie vor einem hell erleuchteten Räuberhaus standen.

Der Esel näherte sich dem Fenster und schaute vorsichtig hinein. »Was siehst du Grauschimmel?«, fragte der Hahn aufgeregt. Ich sehe einen gedeckten Tisch mit schönem Essen und Trinken. An dem Tisch sitzen Räuber und lassen es sich schmecken.« – »Das ist genau das Richtige für uns« , sagte der Hahn. »Ja, was wäre das doch toll, wenn wir an dem Tisch sitzen könnten.« Die Tiere überlegten miteinander, wie sie es anstellen könnten. Endlich hatten sie die rettende Idee. Der Esel stellte sich mit den Vorderfüßen auf das Fensterbrett, der Hund auf den Rücken des Esels, die Katze sprang auf den Hund und der Hahn flog nun ganz oben auf den Kopf der Katze. Als jeder seinen Platz eingenommen hatte, begannen die Freunde damit, ihre Musik vorzutragen. Sie fanden sie sehr schön und freuten sich über ihr Talent. Doch für die Räuber hörte es sich grausig ein, als wäre ein Schreckgespenst ihnen erschienen. Denn der Esel schrie markerschütternd, der Hund bellte, die Katze miaute und der Hahn krähte. Dann stürzten die Tiere zum Fenster hinein in die Stube, dass die Scheibe klirrend dabei zersprang. Die Räuber, welche vorher schon das Gruseln bekommen hatten, dachten, ihr letztes Stündlein hätte geschlagen und flohen, so schnell sie konnten aus dem Haus, mitten in den Wald hinein.

Die Tiere aber hörten auf mit ihrer Musik und setzten sich zufrieden an den Tisch und bedienten sich nach Herzenslust an Speis und Trank. Als alle sich die Bäuche gefüllt hatten, machten die Freunde das Licht aus und suchten sich einen bequemen Schlafplatz. Da musste die Katze nicht lange suchen. Sie legte sich auf den Herd in die warme Asche. Der Esel wählte den Mist und legte sich sogleich gemütlich darauf. Der Hund legte sich hinter die Tür, der Hahn aber setzte sich auf den Hahnenbalken. Alle vier waren von dem langen Weg so müde, dass sie auch gleich darauf in süßen Träumen versanken.

Kurz nach Mitternacht aber, als die Räuber aus der Ferne sahen, dass das Licht im Haus gelöscht war, horchten sie, ob sie Geräusche vernahmen. Alles war ruhig und so sprach der Hauptmann: »Wir haben uns benommen wie feige Hühner. Wieso nur haben wir uns austricksen lassen?« Und so schickte er einen seiner Männer vor, um das Haus genauer zu beobachten. Dieser fand das Haus in völliger Stille vor und schlich vorsichtig in die Küche. Da er in der Dunkelheit nichts sah und die leuchtenden Augen der Katze als glühende Kohlen sah, nahm er ein Streichholz und wollte dieses an den Kohlen entzünden. Die Katze aber fand das gar nicht lustig, sprang ihm ins Gesicht, fauchte und kratzte ohne Erbarmen. Der Räuber erschrak gewaltig und wollte diesmal aus der Hintertür fliehen. Doch hinter der Tür lag immer noch der Hund, der nun aufsprang und dem Flüchtenden herzhaft ins Bein biss. Nun war der Spuk für den Räuber noch immer nicht vorbei. Denn als er nun an dem Misthaufen auf dem Hof vorbei ging, da traf ihn ein tüchtiger Schlag des Eselsfußes, mitten in den Po. Da half ihm auch kein Schreien. Durch den Lärm war  der Hahn nun aufgeschreckt und rief aufgeregt vom Balken: »Kikeriki!«.  So schnell ihn sein gebissenes Bein und der getretene Po es erlaubten, rannte der Räuber zum Hauptmann zurück und berichtete aufgeregt: »Himmel, Hölle, Hilfe! In dem Haus sitzt eine grauenvolle Hexe, die hat mich angehaucht und mir mit ihren langen Fingernägeln das Gesicht zerkratzt. Vor der Tür aber, da steht ein Mann mit einem Messer und hat mir damit ins Bein gestochen. Das ist noch nicht alles. Auf dem Hof liegt ein großes Monster, das mir mit einer Holzkeule eins übergebraten hat. Und oben auf dem Dach, da sitzt der Richter. Der rief herunter: ›Bringt mir den Schurken her!‹ Nie wieder kehre ich zu dieser Höllenhütte zurück!« Keiner der Räuber traute sich je wieder in das Haus und die vier Bremer Stadtmusikanten wohnten von nun an gemeinsam dort. Und wenn sie nicht gestorben sind, dann leben sie noch heute.

 

*****

Neu erzählt von: Carolin Eberhardt.

Bildquellen:

Vorschaubild: Chromolithographie de Frédéric Charles Wentzel, entre 1869 et 1880 via Wikimedia Commons Gemeinfrei.

Die Bremer Stadtmusikanten. Postkartenserie nach dem Märchen der Brüder Grimm, vor 1934, Urheber: Oskar Herrfurth via Wikimedia Commons Gemeinfrei.

Die Bremer Stadt­musikanten, Märchen­illustration von Oskar Herrfurth, um 1920/30 via Wikimedia Commons Gemeinfrei.

Die Bremer Stadtmusikanten. Postkartenserie nach dem Märchen der Brüder Grimm, vor 1934, Urheber: Oskar Herrfurth via Wikimedia Commons Gemeinfrei.

Die Bremer Stadtmusikanten. Postkartenserie nach dem Märchen der Brüder Grimm, vor 1934, Urheber: Oskar Herrfurth via Wikimedia Commons Gemeinfrei.

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