Machen wir uns auf Suche nach der Geschichte der beiden Symbolgestalten, um deren Zukunft es düster bestellt ist.
Die erstere, der „deutsche Michel“, findet meist nur noch eine pejorative Verwendung, wenn die Begrifflichkeit überhaupt noch bekannt ist, der Gartenzwerg ist aus anderen Gründen eine aussterbende Spezies.
Einerseits ist er ein Opfer des demographischen Wandels bei den Käufern und Besitzern, andererseits aber auch aus biologischen Gründen, denn:
Der deutsche Michel:
Der Begriff stellt eine Personifizierung der Deutschen dar, wobei das charakteristische Attribut die Zipfel- bzw. Schlafmütze ist. Diese Mütze findet man z.B. in der bildenden Kunst bei dem „armen Poeten“ von Carl Spitzweg (Biedermeierzeit) oder auch bei „Onkel Fritz“ (5. Streich von Max und Moritz) von Wilhelm Busch.
Historisch geht der Begriff wohl auf die Zeit der Renaissance zurück und diente der Abgrenzung zwischen den Gebildeten, die Latein sprachen (Humanismus) und dem „fressenden saufenden, schlaftrunkenen, teutschen Michel“, dem „gemeinen Volke“.
Die Michel-Darstellungen gewinnen dann im „Vormärz“ (Vormärz: Die Jahre vor der Märzrevolution 1848/1849) als Kennzeichen des „schwerleibigen deutschen Volkes“ wieder an Bedeutung. Sie wird ab da zum Kollektivsymbol für „den Deutschen“ bzw. dessen Wesensart.
Geht man heute auf die Suche nach dem deutschen Michel , dann findet man ihn entweder in der Karikatur oder aber - als Gartenzwerg.
Der Gartenzwerg:
Die Spurensuche führt von den kleinwüchsigen, zipfelbemützten Fabelwesen der nordischen Mythologie hin zu Märchenfiguren der Gebrüder Grimm, den Freunden von “Schneewittchen“, den „Schlümpfen“ oder der „Gummibärenbande“ von Walt Disney. Parenthetisch: Bekanntlich spielten kleinwüchsige Menschen, sog. „Hofzwerge“ auch an den Höfen der Herrscher eine Rolle als Spaßmacher.
Bleibt man nun auf der Spurensuche bei dem „Zwerg“ als Garten- oder Wohnzimmerdekoration, so findet man die ältesten Gartenzwerge im „Zwergelgarten“ des Schlosses Mirabell in Salzburg, die kein Geringerer als Johann Bernhard Fischer von Erlach (1656-1723) entwarf. Johann Wolfgang von Goethe setzte den Gartenzwergen in dem Versepos „Hermann und Dorothea (1797) ein literarisches Denkmal.
Im 19. Jahrhundert eroberten dann die Gartenzwerge die Vorgärten in Deutschland, England, Österreich und der Schweiz, später als „Globalisierer“ auch die USA, Argentinien, Kanada oder China und Kolumbien.
Bei vielen Zwergenliebhabern der „klassischen“ Ausführungen sind neuere Schöpfungen wie „Zwerge mit heruntergelassenen Hosen“, oder mit „Stinkefinger“,sog. „Frustzwerge“, absolut tabu. Werden diese gar aufgestellt, um den Nachbarn zu ärgern, so stellt dies eine Ehrverletzung dar und der Nachbar kann die Entfernung des „zwergichen Ärgernisses“ verlangen (Amtsgericht Grünstadt, 11.02.1994, Az.2aC334/93).
Gefährdungen der Gartenzwerge:
Hier sind in erster Linie nicht die „Gartenzwerghasser“ gemeint, die z.B. Zwergenfiguren, die mit einem Messer im Rücken gemeuchelt wurden, aufstellen, sondern solche üblen Zeitgenossen, wie sie in den Ruhrnachrichten vom16.12.2008 erwähnt wurden: „Randalierende Gartenzwerg-Hasser mussten trotz Reue eine Nacht ins Kittchen“ oder wie die Bildzeitung, Frankfurt aktuell, am 19.07.2010 titelte: „Fred wieder kaputt: Polizei jagt irren Gartenzwerg-Hasser“.
Unterstützung können „korrekte“ Gartenzwerge vielleicht bei der „Internationalen Vereinigung zum Schutz der Gartenzwerge“ mit Sitz in Basel finden.
Die „Front zur Befreiung der Gartenzwerge“ (in Frankreich: Front de Liberation des Nains de Jardins) dagegen wollen die Zwerge aus den Vorgärten befreien und sie in ihrem „natürlichen Lebensraum“, den Wäldern oder im Gebirge aussetzen, womit sich der Kreis wieder schließt, denn die bärtigen Männchen mit der Zipfelmütze lebten im Volksglauben ja ursprünglich ebenda.
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Bildquellen:
- Zwergenrunde: Herbert Kihm (aus meiner Sammlung)
- Onkel Fritz, Wilhelm Busch (1832-1908), Max und Moritz, extract from
original book, via wikipedia commons, gemeinfrei
- Tischgartenzwerg, Urheber: Joachim Hensel-Losch at de.wikipedia, CC-BY-SA2.0 Germany, via wikimedia commons