Geboren wurde Otto Ludwig zu Eisfeld in Thüringen (im gleichen Jahr wie Hebbel u. Richard Wagner). Schon früh war er kränklich und grüblerisch. Die Eltern starben früh. Nach einer freudlos verträumten Jugend zog er 1839 nach Leipzig, um Musik zu studieren, wandte sich dann aber, von der Großstadt abgestoßen, der Literatur zu und lebte in ländlicher Einsamkeit bei Meißen, seit 1849 in Dresden. Nach romantischen Anfängen brachte ihm seine realistische Tragödie "Der Erbförster", 1850, einen starken Erfolg und drängte ihn weiter auf dem Gebiet des Dramas. Nur zum Broterwerb schrieb er auch Erzählungen. In Wahrheit aber war Ludwig vor allem eine epische, nicht so sehr eine dramatische Begabung, weshalb auch seine epischen Werke viel bedeutender sind, als seine dramatischen. Der übersteigerte Wille und Ehrgeiz zum Vollkommenen, dazu ein jahrelanges schweres Nervenleiden und dürftige häusliche Verhältnisse lähmten seine Schaffenskraft und ließen dem unglücklichen Dichter nur weniges zum Abschluss reifen.
Werke:
Zwei Dramen („Erbförster" 1850, „Makkabaer" 1852) (neben zahlreichen immer wieder geänderten Entwürfen); zwei Erzählungen („Heitheretei" 1855, „Aus dem Regen in die Traufe"); ein Roman („Zwischen Himmel und Erde" 1856).
Theorie:
Ludwig ist neben Hebbel der Haupttheoretiker des „poetischen Realismus" (das Wort stammt von ihm), und dies vor allem auf dem Gebiet des Dramas. Seine Grundsätze sind hauptsächlich niedergelegt in seinen „Shakespeare-Studien" (1855). Shakespeare war sein Abgott und künstlerischer Führer. Tiefer und feinfühliger als andere vor und nach ihm drang er in die Seelenkunde und die Technik Shakespeares ein. Hand in Hand damit kämpfte er (wie auch Hebbel) gegen die übersteigerte idealistische Kunst der Klassiker, vor allem Schillers. Den Klassikern warf er vor, dass sie das „Ästhetische, das Schöne vom Guten und vom Wahren trennten und aus der Poesie eine Fata Morgana machten, die die Menschen mit der wirklichen Welt und sich selbst entzweiten". Schiller im Besonderen warf er vor, er gehe von einer Idee aus, baue die Stücke nicht aus dem Zwang der Charaktere.
Ludwigs künstlerisches Wunschbild war ein vergeistigender, aber doch nicht idealisierender Realismus (vgl. Real-Idealismus des Biedermeier). Er strebte nach der versöhnende Mitte zwischen Romantik und „Jungem Deutschland", zwischen schönfärbendem Idealismus und krassem Naturalismus. Hinter allem Geschehen müsse der Dichter zwar den tieferen Sinn, die Idee, das „Typische" erkennen, dieses aber im Einzelnen und Besonderen sichtbar werden lassen und so doch wirklichkeitsnah bleiben. Im Drama ist Ludwig der unbedingte Vertreter der psychologischen Tragik: Das tragische Schicksal wird abgeleitet aus dem Charakter, der Veranlagung oder Situation eines Menschen. Dies mit lückenloser Konsequenz durch alle Stufen der Entwicklung aufzudecken, sei die Aufgabe des Dramatikers. (G. Keller tadelte diese überspitzte Theorie als „rasselnden und knarrenden Mechanismus") Damit stand Ludwig auch im Gegensatz zu Hebbel, für den Tragik und tragische Schuld nicht ein Ergebnis der Charakteranlage oder der Umwelteinflüsse, sondern mit dem Leben selbst gegeben, also nur ein Sonderfall kosmischer Gesetze war.
Die Umsetzung seines theoretischen Wissens gelang Ludwig in seinen Dramen kaum. Mit seiner Theorie grenzen seine Dramen an die Schicksalstragödie.