Ludwig Anzengruber
Georg Bürke
Vorläufer des Naturalismus
geboren am 29. November 1839, gestorben am 10. Dezember 1889
Ludwig war der Sohn eines kleinen Wiener Beamten bäuerlicher Abkunft. Die Vorfahren stammten aus Oberösterreich. Mit 5 Jahren verlor er den Vater und mußte sich hart durchs Leben schlagen. Nacheinander war er Buchhändlergehilfe, Schauspieler bei einer Wandertruppe (1860-67), Polizeibeamter (1869-70), Schriftsteller und Redakteur (Witzblatt „Figaro"). 1878 erhielt er den Schillerpreis, 1887 den Grillparzerpreis. Als er starb, war der lang Verkannte als herausragender Dramatiker des deutschen Sprachraums anerkannt.
Als Dramatiker war er Schöpfer des realistischen Volksstückes von literarischer Höhe. Er knüpfte an die Tradition der (teilweise sehr realistischen) Volksstücke an: Typen, Verbindung des Sprachtheaters mit Musik, Mundart. Dabei ging er über Raimund und Nestroy hinaus. (Gegenüber Raimund keine lyrischen, phantastischen, märchenhaften Züge.)
Er kannte das Bauerntum zwar nur von außen, wählte aber meist Bauern zu seinen Hauptgestalten, weil nach seiner Meinung die Leidenschaften bei den Bauern noch am kraftvollsten und ursprünglichsten waren.
Anzengruber bediente sich der Sprache der Mundart, aber einer künstlichen, nirgends wirklich gesprochenen, die aber trotzdem natürlich und echt wirkt. Sie wurde von ihm nur so weit verwendet, als sie allgemeinverständlich war.
Ungeschminkte, wirklichkeitsgetreue Gestalten und Darstellungen machten ihn zum Vorläufer des Naturalismus, auf den er stark eingewirkt hat.
Als ehemaliger Schauspieler zeigte er große Vertrautheit mit den Bedürfnissen der Bühne. Seine Weltanschauung war atheistisch (Einfluss Feuerbachs). Seine Werke zeigen starke erzieherische, antireligiöse und antikirchliche Tendenzen, ein Hauptgrund für seinen Erfolg in den von Kulturkampfstimmung erfüllten 18970er Jahren. Ihren Inhalt bilden der Kampf gegen Heuchelei, Aberglauben und andere wirkliche oder vermeintliche Verirrungen sowie ein starker Glaube an das Gute in der menschlichen Natur. In der Darstellung ist manches gütig und humorvoll, manches ausweglos tragisch. Auch in seinen Romanen und Erzählungen war er ganz Volksschriftsteller (Gestalten und Probleme aus dem einfachen Volk), und zwar aus dem bäuerlichen Milieu. Haltung und Gestaltung finden sich ähnlich wie in den Dramen.
Werke:
Dramen (Volksstücke):
„Der Pfarrer von Kirchfeld" l870;
„Der Meineidbauer" 1871;
„Die Kreuzlschreiber" 1872;
„Der G'wissenswurm" 1874;
„Das vierte Gebot" 1877, u.a.
(zus. 22).
Romane und Erzählungen:
„Der Schandfleck" 1876;
„Der Sternsteinhof" 1885 u.a.
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Bildquelle: wikipedia, Ludwig Anzengruber - gemeinfrei