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Paulus Luther

Sein Leben von ihm selbst aufgeschrieben. Ein wahrhaftiger Roman

Christoph Werner

Ein lesenswerter und informativer historischer Roman, der das Leben Paul Luthers - jüngster Sohn Martin Luthers und seines Zeichens fürstlicher Leibarzt und Alchimist - erzählt.

Wilhelm von Grumbach

Wilhelm von Grumbach

Christoph Werner

Reichsritter und Landfriedensbrecher

* 1. Juni 1503 in Rimpach bei Würzburg
† (hingerichtet) am 18. April 1567 in Gotha

Als der Henker dem Ritter Grumbach auf dem Marktplatz in Gotha das Herz aus der Brust riss und es ihm mit den Worten "siehe Grumbach, dein falsches Herz" ins Gesicht schlug, wird der Patient davon unberührt geblieben sein, denn er war vorher bei lebendigem Leibe gevierteilt worden. Mit ihm und seinen Gesellen Wilhelm von Stein, Kanzler Christian Brück (Schwiegersohn Lucas Cranachs des Älteren), David Baumgärtner und Hans Beyer wurde durch Folter und Hinrichtung so furchtbar verfahren, dass selbst der zornige und wegen Grumbachs hartnäckiger Störung des Reichsfriedens aufgebrachte Kaiser Maximilian II. unter den ihm erstatteten Bericht notierte: Excessit medicina modum.
Mit der Hinrichtung Grumbachs und seiner Gesellen sowie der Gefangennahme Herzog Johann Friedrich des Mittleren durch die kaiserlichen Truppen unter dem Befehl des sächsischen Kurfürsten August ging eine Episode zu Ende, die später unter der Bezeichnung "Grumbachsche Händel" in den Geschichtsbüchern und vor allem in der Geschichte der Stadt Gotha fortlebte.

Wilhelm von Grumbach entstammte einem der ältesten Rittergeschlechter Ostfrankens. Ihm gehörten eine große Zahl von Gütern rund um Würzburg, darunter auch das Schloss Grumbach in Rimpar. Am Hof des Markgrafen von Brandenburg-Kulmbach, Johann-Kasimir, wurde er für den Hofdienst erzogen und heiratete im Jahr 1523 Anna von Hutten, Tochter eines Vetters Ulrich von Huttens. Im Bauernkrieg 1525 kämpfte er auf der Seite der Fürsten. In diesem Zusammenhang gibt es die Legende, Grumbach habe im Kampf gegen die Bauern den Ritter Florian Geyer erst bei sich aufgenommen, dann aber von zwei Knechten im Gramschatzer Wald, der zu Grumbachs Besitz gehörte, überfallen und erschlagen lassen.

	 Wilhelm von Grumbach
Wilhelm von Grumbach

Unter Bischof Konrad von Bibra, seinem Verwandten, trat er als Hofmarschall und Amtmann in Würzburger Dienste. In dieser Zeit wurden lehensrechtliche Verwicklungen mit dem Hochstift Würzburg in seinem Sinne entschieden. Als Konrads Nachfolger Melchior Zobel mehrere von seinem Vorgänger gewährte Vergünstigungen widerrief, trat Grumbach 1545 als Hofmarschall zurück und trat in die Dienste des Nachfolgers von Johann Kasimir, des Markgrafen Albrecht Alkibiades.

In Grumbach gedieh immer mehr das Gefühl, er müsste das ihm durch den Bischof von Würzburg und schließlich auch den Kaiser angetane Unrecht notfalls ohne den Rechtsweg gutmachen. Im Verlauf der Auseinandersetzungen wurde Melchior Zobel durch einen Gefolgsmann Grumbachs getötet, worauf Grumbach geächtet wurde, obwohl er seine Unschuld beteuerte. Die vom Kaiser verhängte Reichsacht war rechtlich zweifelhaft, da Grumbach erst hätte gehört und das Reichskammergericht hätte befragt werden müssen.

Nach dem Tod des Markgrafen im Jahre 1557 schloss sich Grumbach, nachdem er zwischendurch in französische Dienste getreten war, dem sächsischen Herzog Johann Friedrich II., dem Mittleren, an, den er in der Hoffnung auf die Wiedergewinnung der nach der Schlacht bei Mühlberg verlorenen Kurwürde und seiner verlorenen Lande bestärkte.

Grumbach und der Kanzler Christian Brück redeten dem Herzog Johann Friedrich nicht nur ein, dass er die Kurwürde sowie die verlorenen Territorien einschließlich der Stadt Wittenberg wiedergewinnen könnte, sogar auf die Wahl zum Kaiser machten sie ihm Hoffnung, nachdem, wie sie planten, Maximilian einen tödlichen Unfall erlitten hätte. Der Engelsseher Hänsel Tausendschön, ein Bauernjunge aus Sundhausen bei Gotha, ließ sich in ihre finsteren Pläne einspannen und bestärkte den Herzog in seinen wirklichkeitsfernen Hoffnungen.

Gotha wurde von den Kaiserlichen belagert und beschossen, die Bürger litten Hunger, des Herzogs Schwiegervater Kurfürst Friedrich III. von der Pfalz und viele andere hochmögende Leute warnten den Herzog, doch dieser ließ nicht ab, Grumbach zu beherbergen. Der Kaiser verlor die Geduld und erließ 1566 ein erneuertes und verschärftes Achtsexekutionsmandat.

Unterdessen, zum Jahresende 1566, hatte der Herzog ungefähr 3000 Mann zu Fuß und zu Pferd in Gotha zusammengezogen. Wie unsicher sich die militärische und politische Situation des Herzogs den Zeitgenossen schon bald darstellte, zeigte sich daran, dass der größte Teil der aufgeforderten Lehensleute nicht in Gotha erschien. Sie versagten dem Herzog ihre Hilfe unter dem Vorwand, dass nach dem Vertrag der beiden fürstlichen Brüder vom 21. Februar 1566 einem allein das Recht nicht zustand, die Lehensleute einzuberufen.

Es standen dem Herzog, der allerdings hinter den festen Mauern der Stadt und des Grimmenstein gut gesichert und mit Feuerkraft versehen war, 10 000 Mann Fußvolk und ca. 4600 Reiter unter dem Oberbefehl des General-Kriegs-Obersten des Kaisers, Kurfürst August von Sachsen gegenüber.

Die Stadt Gotha mit der Burg Grimmenstein
Die Stadt Gotha mit der Burg Grimmenstein
Als den Bürgern bekannt wurde, dass sich der Herzog trotz dringender Aufforderung durch die Belagerer weiterhin weigerte, Grumbach auszuliefern, wurde der Unmut in der Stadt immer größer, weil man nicht einsah, dass wegen eines Menschen die ganze Stadt leiden sollte. Unerträglich wurde die Situation für die Einwohner Gothas, als die Belagerer den Leinakanal, die Hauptwasserversorgung der Stadt, abgruben und die Röhren weiterer Brunnen zerstörten. Wassermangel in der Stadt führte dazu, dass die Leute sich das Wasser aus dem Stadtgraben holten, woraufhin Krankheiten ausbrachen.

Bald gab es kein Halten mehr. Das Kriegsvolk im Schloss und in der Stadt begann zu meutern, und der Stadtrat und die Bürger verbündeten sich mit ihm. Am Ende standen die bedingungslose Übergabe der Stadt, die kniefällige Bitte der Bürger um Vergebung und das Versprechen, nie wieder gegen Kaiser und Kurfürst die Waffen zu erheben. Munition, Proviant und Silberkammer des Schlosses waren zu übergeben, dieses zu schleifen und der Herzog an den Kaiser auszuliefern.

Kriegsvolk, Bürger und Bauern suchten auf dem Schloss nach Grumbach und fanden ihn schließlich in einem Schubbett im Zimmer der jungen Prinzen. Er wurde herausgezogen, auf den Schlosshof geschleppt und, weil er an Podagra litt, auf drei Büchsenrohre gelegt und nach dem Rathaus getragen. Unterwegs verfärbte er sich, und man glaubte, er habe Gift genommen, um sich seiner Strafe zu entziehen. Man trug ihn deshalb zum Haus des Leibarztes des Herzogs Johann Friedrich, damit dieser ihm das Leben bis zur Folter und Hinrichtung verlängere. Der Leibarzt Paul Luther, Sohn des Reformators, weigerte sich, Grumbach in seinem Haus zu behandeln, denn der war geächtet und durfte nicht beherbergt werden. Paul Luther riet, dem Ritter die Stricke zu lockern, damit er wieder Luft bekäme, was auch geschah.

Als Grumbach schließlich am 18. April, wegen seiner Gichtbrüchigket auf einem Stuhl sitzend, auf das Schafott getragen wurde, soll er zum Henker gesagt haben: Du schindest heute einen dürren Geier.

Nach dem furchtbaren Blutbad auf dem Marktplatz in Gotha kaufte ein Bauer das Blutgerüst und baute sich daraus eine Wohnstube. Die Körper von Grumbach, Brück und Stein wurden zur Abschreckung auf Pfähle gesteckt und an der Langensalzaer, Erfurter und Eisenacher Straße und bei der Leinmühle aufgestellt.

Der Grimmenstein wurde auf Befehl des Kaisers gänzlich zerstört und abgetragen. Unter Herzog Ernst I. von Sachsen-Gotha wurde er ab 1643 unter der Bezeichnung "Friedenstein" als Residenz des Herzogs wieder aufgebaut. Der Herzog Johann Friedrich wurde ins Exil nach Österreich abgeführt, wo man ihm eine kleine Hofhaltung zugestand.. Er sah seine Heimat nicht wieder und starb im Jahre 1595 auf Schloss Steyr.

Der über der Uhr auf der Nordseite des Gothaer Rathauses angebrachte vergoldete Kopf (im Volksmund "Grumbachskopf") soll zur Erinnerung an den hingerichteten Ritter dort angebracht worden sein. Der bewegliche Unterkiefer klappt beim Schlagen der Rathausuhr zu jeder vollen Stunde nach unten.

Im Pflaster an der Südseite des Rathauses markiert noch heute eine Steinplatte den Ort der Hinrichtung Grumbachs und Brücks. Anlässlich der 430. Wiederkehr des Tages der Hinrichtung wurde sie durch Verwandte Brücks im April 1997 erneuert.

Wilhelm von Grumbach war zweifellos durch den Bischof von Würzburg und den Kaiser Unrecht geschehen Doch wie Hans Kohlhase suchte er sein Recht in mörderischer Selbstjustiz und zog damit viele Menschen ins Unglück. Dazu kam sein Ehrgeiz, der ihm den Blick für die Unterscheidung von Recht und Unrecht trübte. Angesichts dessen traf ihn die Katastrophe seines Lebens in Gotha nicht unverschuldet.

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Bildquellen:

Vorschaubild, Nicht zeitgenössisches Porträt des Reichsritters Wilhelm von Grumbach aus Ludwig Bechstein, "Zweihundert Deutsche Männer", Leipzig 1854, gemeinfrei 

Zeichnung von Wilhelm von Grumbach (1503-1567), gemeinfrei 

Die Stadt Gotha mit der Burg Grimmenstein (Holzschnitt von 1572), gemeinfrei
 

Literatur:
Beck, Arnold. 1870. Geschichte der Stadt Gotha. Geschichte des gothaischen Landes. Band 2. Gotha: Verlag von E. F. Thienemann's Hofbuchhandlung.
Wendehorst, Alfred, "Grumbach, Wilhelm von" in: Neue Deutsche Biographie 7 (1966), S. 212 f. [Onlinefassung]; URL: http://www.deutsche-biographie.de/pnd119555603.html.
Werner, Christoph. 2015. Paulus Luther. Sein Leben von ihm selbst aufgeschrieben. Wahrhaftiger Roman. Weimar: Bertuch Verlag.
 

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