Die Partei „Die Linke" ist der Zusammenschluss der im Gebiet der ehemaligen DDR entstandenen Linkspartei PDS und der von linken westdeutschen Gewerkschaftlern gegründeten WASG. Die PDS (Partei des Demokratischen Sozialismus) ging 1990 als Rechtsnachfolgerin aus der Sozialistischen Einheitspartei (SED) in der ehemaligen DDR hervor. Diese war 1946 aus der Vereinigung von KPD (Kommunistische Partei Deutschlands) und SPD (Sozialdemokratische Partei Deutschland) in der damaligen Sowjetischen Besatzungszone entstanden. Der Zusammenschluss von KPD und SPD wurde vor allem von kommunistischen Funktionären betrieben und von der sowjetischen Militärmacht massiv unterstützt. Aber auch eine Reihe von Gewerkschaftlern und Sozialdemokraten wünschte sich diese Vereinigung herbei, weil viele der Meinung waren, dass eine starke Linke in der Weimarer Republik den Nationalsozialisten hätte Paroli bieten können. Auch der damalige SPD-Vorsitzende in der Sowjetischen Besatzungszone, Otto Grotewohl, wollte die Vereinigung und trieb sie in teilweise vertraulichen Gesprächen mit dem KPD-Vorsitzenden Wilhelm Pieck voran. Die Mitglieder der Parteien wurden nicht nach ihrer Meinung gefragt. Der Vorsitzende der SPD in Westdeutschland, Kurt Schumacher, lehnte den Zusammenschluss ab. Unter den Westberliner SPD-Mitgliedern fand eine Befragung statt, in der 82% der Teilnehmer die Fusion ablehnten. Von Anfang an war die SED kommunistisch dominiert. Im ersten, 1950 gewählten, Politbüro, dem höchsten Parteigremium, saßen nur zwei ehemalige SPD-Mitglieder (von 1946) neben sieben Altkommunisten.
Im System der 1949 gegründeten DDR wurde die SED zur alleinbestimmenden Partei. In Artikel 1 der DDR-Verfassung hieß es: „Die Deutsche Demokratische Republik ist ein sozialistischer Staat der Arbeiter und Bauern unter Führung der Arbeiterklasse und ihrer marxistisch-leninistischen Partei". Das leninistische Prinzip bedeutete, dass die Partei den bewussten Teil der Arbeiterklasse repräsentierte, kadermäßig straff organisiert war und die alleinige Führung in Staat und Gesellschaft für sich beanspruchte. Unmittelbar vor der Wende, im Mai 1989, zählte die SED 2,3 Millionen Mitglieder. Das bedeutete, dass fast jeder vierte erwachsene Bewohner der DDR dieser Partei angehörte.
Nach der Wende verließen viele Mitglieder die SED. Ein Teil, angeführt von Gregor Gysi, beschloss jedoch, sie weiterzuführen, ihr einen demokratischen Charakter zu geben und das verbliebene Parteivermögen zu behalten. Sie benannten sich in „Partei des Demokratischen Sozialismus" (PDS) um. Die PDS erreichte bei den folgenden Landtags- und Kommunalwahlen in den ostdeutschen Bundesländern bis zu 25% der Stimmen, tat sich aber schwer damit, in Westdeutschland Fuß zu fassen. Das gelang ihr später durch den Zusammenschluss mit der 2005 gegründeten westdeutschen Partei „Arbeit und Soziale Gerechtigkeit - Die Wahlalternative" (WASG), zu der auch der frühere Bundesvorsitzende der SPD, Oskar Lafontaine, gestoßen war. PDS und WASG einigten sich zunächst darauf, für die (vorgezogene) Bundestagswahl 2005 ein Wahlbündnis einzugehen. Die PDS setzte Kandidaten der WASG auf ihre Landeslisten und trat als „Linkspartei/PDS" in allen 16 Bundesländern zur Wahl an. Spitzenkandidaten waren Gregor Gysi und Oskar Lafontaine. Die Linkspartei erreichte 8,7 % der Stimmen und 54 Mandate. Sie wurde damit hinter der FDP viertstärkste Fraktion im Bundestag.
Im Jahr 2007 beschlossen dann Linkspartei/PDS und WSAG sich unter unter dem Parteinamen „Die Linke" zu verschmelzen. Bei der Bundestagswahl 2009 erreichten sie mit 11,9 % Stimmanteil ein beachtliches Ergebnis und bauten ihre Stellung als viertstärkste Fraktion im Bundestag aus.
Seither verliert die Partei langsam aber stetig an Bedeutung. Dies hängt damit zusammen, dass ihre Mitgliederschaft ebenso wie ihre Wählerbasis überaltert ist. Nur etwa 9 % der Parteimitglieder sind unter 30 Jahre alt, 49 % älter als 60. Die meisten stammen noch aus DDR-Zeiten. Ein zweites Problem für die Linke ist, dass sie sich bis heute zwar Wahlprogramme, aber kein Grundsatzprogramm gegeben hat. Sie nennt sich demokratisch-sozialistisch, doch dies muss genauer interpretiert werden. Es gab in der jüngeren europäischen Geschichte mehrere Modelle des Demokratischen Sozialismus, so z. B. von den Saint-Simoniten in Frankreich oder vom Gründer der deutschen Sozialdemokratie, Ferdinand Lassalle. Beide folgten nicht der Ideologie von Karl Marx oder der Parteidisziplin Lenins. Es fragt sich daher, ob oder inwieweit sich die Linke heute noch als SED-Nachfolgerin versteht und wie sie es mit Marx und Lenin hält. Seitdem der Philosoph Karl Popper in seinem Buch „Die offene Gesellschaft und ihre Feinde" die marxistischen Theorien nachhaltig hinterfragt hat, ist es nicht leicht, das Gedankengut des Hauptautors des „Kommunistischen Manifests" nach außen zu vertreten. Auch sind viele Prinzipien, die Lenin für kommunistische Parteien aufgestellt hat (z .B. das Verbot von Fraktionsbildungen) mit demokratischen Regeln unvereinbar.
Kritik wurde an dem großzügigen privaten Lebensstil der Parteioberen Lafontaine, Ernst und Gysi geäußert. Doch wird dabei übersehen, dass Karl Marx nicht das Armutsideal, wie etwa bei Mönchsorden, gefordert hat. Sein Gerechtigkeitsprinzip lautete: „Jeder nach seinen Fähigkeiten, jedem nach seinen Bedürfnissen". Dieses Ideal haben auch schon Stalin, Breschnew, MaoTseTung, Fidel Castro sowie Erich Honecker und seine Regierungsmannschaft vorgelebt.
Immerhin zählt die Partei im Jahr 2013 noch etwa 66.000 Mitglieder. Sie ist im Bundestag mit 76 von 620 Abgeordneten vertreten. Im Land Brandenburg bildet sie mit der SPD eine Regierungskoalition und in mehreren Kommunen stellt sie den Landrat oder Bürgermeister. Viele von ihnen gelten als „Kümmerer" und genießen hohe Popularität. Staatstheoretisch wäre es eine wichtige Aufgabe der Linken, ihre Anhänger als erfolgreiche Mitgestalter in das System der Bundesrepublik Deutschland zu integrieren. Dass dies anderswo gelungen ist, sieht man an den Beispielen Angela Merkel und Joachim Gauck.
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Literatur:
- Andreas Malycha, Peter Jochen Winters: Die SED. Geschichte einer deutschen Partei. Verlag C.H. Beck, München 2009, ISBN 978-3-406-59231
- Karl Popper: Die offene Gesellschaft und ihre Feinde. Band II, Falsche Propheten: Hegel, Marx und die Folgen. Verlag J.C.B: Mohr (Paul Siebeck), Tübingen 2003, ISBN 3-16-148069-4 (Studienausgabe)
- Michael Brie (Hrsg.): Die Linkspartei. Ursprünge, Ziele, Erwartungen. Karl Dietz Verlag, Berlin 2005, ISBN 3-320-02072-2
Eckhard Jesse, Jürgen P. Lang: Die Linke - eine gescheiterte Partei? Olzog Verlag, München 2012, ISBN 978-3-7892-8345-1
- Tim Spier, Felix Butzlaff, Matthias Micus, Franz Walter (Hrsg.): Die Linkspartei. Zeitgemäße Idee oder Bündnis ohne Zukunft? Verlag für Sozialwissenschaften, Wiesbaden 2007, ISBN 978-3-531-14941-7
Bilder:
- Karl-Liebknecht-Haus in Berlin. Parteizentrale der Partei DIE LINKE. Aufnahme am Vorabend der Wahlen zum Abgeordnetenhaus am 18. September 2011. Urheber: SK49,CC BY-SA 3.0, via Wikimedia Commons.
- Wahlkampfzettel SED-PDS 1989. Foto: Minuspunkt, gemeinfrei. Quelle: Wikimedia Commons.