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Sesenheimer Liebeslyrik

Florian Russi

Während seines Studiums in Straßburg lernte Johann Wolfgang von Goethe die Sesenheimer Pfarrerstochter Friederike Brion kennen. Die beiden verliebten sich ineinander und Goethe wurde durch Friederike zu wundervollen Gedichten angeregt.

Einige von ihnen (Heideröslein, Mailied, Willkommen und Abschied u. a.) zählen zu seinen besten und beliebtesten überhaupt. In diesem Heft sind sie vorgestellt und mit Bildern und Erläuterungen angereichert.

Die Grünen

Die Grünen

Rudolf Dadder

Eine bunte Truppe

Spitzenkandidat Jürgen Trittin auf einem Wahlplakat zur Wahl 2013
Spitzenkandidat Jürgen Trittin auf einem Wahlplakat zur Wahl 2013

Die Partei Bündnis 90 / Die Grünen ist der Zusammenschluss der westdeutschen Partei „Die Grünen" und der in der früheren DDR in der Wendezeit entstandenen Bewegung „Bündnis 90". Die Partei „Die Grünen" entstand im Januar 1980 auf einem Parteitag in Karlsruhe. Vorläufer und Gründer waren Personen, Zusammenschlüsse und Bürgerinitiativen, die ihre organisatorischen und inhaltlichen Schwerpunkte im Umweltschutz, Friedensbewegungen, radikal- und basisdemokratischen Vorstellungen sowie „alternativen" und „bunten" Organisationen hatten. Viele der Mitglieder, wie der heutige Ministerpräsident von Baden-Württemberg Kretschmer oder der Spitzenkandidat für die Bundestagswahl 2013 Jürgen Trittin, kamen auch aus kommunistischen Parteien und Organisationen. Zu den Gründungsorganisationen gehörten aber auch die im rechten politischen Spektrum operierende AUD und deren Vorsitzender August Haußleiter, der zu einem der drei Parteichefs der Grünen gewählt wurde. Einige bezeichneten sich als „Stadtindianer". Es gab Gruppen, die sich für sexuelle Freiheiten und besonders für die gesetzliche Freigabe des sexuellen Umgangs mit Kindern (Pädophilie) einsetzten. Deren Forderungen fanden sogar Eingang in das erste Programm der nordrheinwestfälischen Grünen.

Um die grünen Vorstellungen besser kennenzulernen, habe ich an der Freien Universität in Berlin eine Vertragsveranstaltung besucht, auf welcher der damals hoch geachtete Umweltexperte, Autor des Buches „Ein Planet wird geplündert" und Mitgründer der Grünen Partei, Herbert Gruhl sprechen sollte. Doch wurde die Veranstaltung von zur Berliner Grünenbewegung gehörenden sog. Alternativen derart gestört, dass der Referent gar nicht zu Wort kam, fluchtartig den Saal verließ und an diesem Abend nicht mehr gesehen wurde. Es gab unter den Grünen offenbar starke Kräfte, für die nicht der Umweltschutz das wichtigste politische Anliegen bedeutete.

Die Parteistatuten sahen ursprünglich ein Rotationsprinzip für alle Ämter und Mandate vor. Petra Kelly, führendes Gründungsmitglied und mehrere Jahre eine der Vorsitzenden der Grünen, sprach von einer „Antiparteienpartei". Nach ihrem frühen Tod im Oktober 1992 (wahrscheinlich beging sie zusammen mit ihrem Parteifreund und Lebensgefährten Gert Bastians Selbstmord), kam es bei den Grünen zu Flügelkämpfen zwischen sog. Fundamentalisten („Fundis") und Realpolitikern („Realos"). Für die Fundamentalisten stand vor allem die ehemalige Parteivorstandssprecherin Jutta Ditfurth, die „Realos" wurden angeführt von Otto Schily und Joschka Fischer. Nach dem Übertritt Schilys zur SPD im Jahr 1989 wurde Joschka Fischer zur Leitfigur der Grünen. Im Kabinett Schröder (1998-2005) wurde Schily Innen- und J. Fischer Außenminister.

Joschka Fischer (2002)
Joschka Fischer (2002)

Seit 1983 sind die Grünen im Bundestag (mit kurzer Unterbrechung), im Europäischen Parlament und in den Landtagen der deutschen Bundesländer vertreten. 1993 kam es zum Zusammenschluss mit dem Bündnis 90, in dem sich Teile der Bürgerrechtsbewegung in der ehemaligen DDR zusammengefunden hatten. Inzwischen haben sich Bündnis 90 / Die Grünen neben CDU/CSU, SPD, FDP und Die Linke als fünfte Partei in der Bundesrepublik Deutschland etabliert. Dabei stützen sie sich weiterhin vor allem auf Umweltschutzorganisationen und -initiativen. Ihre Wähler sind vor allem jüngere, gebildete und gut situierte Bürger, Beamte, kaum Arbeiter, viele Konfessionslose, mehr Katholiken als Protestanten. Die Partei profitiert vom schwindenden Einfluss der beiden großen Kirchen und davon, dass Natur- und Umweltschutz für viele zu einem religiösen Thema geworden sind (s. u.). Zum ersten Mal in der Geschichte der Bundesrepublik hat ein Naturereignis, nämlich die Verwüstung und Zerstörung, die ein Tsunami 2011 in Japan anrichtete, entscheidenden Einfluss auf eine Wahl in Deutschland genommen. Bei der darauf folgenden Landtagswahl in Baden-Württemberg konnten die Grünen gegenüber der vorangegangen ihren Stimmenanteil verdoppeln und anschließend zusammen mit der SPD eine neue Landesregierung bilden.

Die Grünen werden in der Politikwissenschaft häufig als postmaterialistisch bezeichnet. Sie wirken unverbraucht, bunt, modern, glaubwürdig und interessant. Es wird ihnen manches verziehen, was andern Parteien angekreidet würde. So versuchen sie immer wieder die Gesellschaft zu bevormunden (s. u.), den Vorwurf der Pädophilie glauben sie mit einer Entschuldigung erledigen zu können und führende Vertreter der Partei, so Joschka Fischer, Claudia Roth und Kathrin Göring-Eckardt haben keine Berufsausbildung. Als der ehemalige Parteichef Joschka Fischer einmal Journalisten als „5-Marks-Nutten" titulierte, hielt sich die Empörung in Grenzen. Anders war das noch, als der frühere Bundeskanzler Ludwig Erhard linke Journalisten und Intellektuelle als „Pinscher" abqualifiziert hatte. Da war die Entrüstung nachhaltig. Keiner wollte sich als „Pinscher" bezeichnen lassen.

Anfang der 80er Jahre habe ich in Trier an einem Seminar mitgewirkt, das die neu gegründete Grüne Partei zum Thema hatte. An dem Seminar nahmen viele der damals prominenten Grünen teil, allen voran als Referent der später zur SPD übergetretene Otto Schily. Es wurde mir deutlich, dass die Partei aus vielen heterogenen Gruppen zusammengesetzt war, die sich untereinander nicht immer „grün" waren, sich aber alle als alternativ, modern und basisdemokratisch verstanden. Ein damaliger recht erfolgreicher Landesvorsitzender empfahl mir, die Teilnehmer nicht allzu ernst zu nehmen. Am Morgen nach dem ersten Seminartag gab es zunächst eine Diskussion über die Beschwerde, dass sich eine Teilnehmerin von den anderen nicht angenommen fühlte. Als der Tagungsleiter ankündigte, dass ein Team des ZDF unterwegs sei, um einen Film zu drehen und Interviews zu machen, protestierte ein Landesgeschäftsführer mit den Worten: „Die kommen doch nur, um einen „Müsli" mit seinem Dackel zu filmen" (unter einem „Müsli" verstand man damals einen Weichling männlichen Geschlechtes). Es wurde der Antrag gestellt, das Fernsehen auszuladen. Daraus entwickelte sich eine lange Debatte, an deren Ende der Antrag gestellt wurde, darüber abzustimmen, ob darüber abgestimmt werden solle, dass darüber abzustimmen sei, dass abgestimmt werden solle. Das entsprach dem Verständnis vieler Grünen von Basis-Demokratie. Am Schluss blickte keiner mehr durch. Das Fernsehen kam und ebenso ein Rundfunksender. Schily und einige andere Prominente gaben Interviews und vertraten selbstbewusst ihre Vorstellungen.

In der von mir geleiteten Arbeitsgruppe ging es vor allem um die Themen CO2 - Emissionen, saurer Regen und Waldsterben. Einige Teilnehmer kündigten an, dass innerhalb weniger Jahre keine Blätter mehr an den Bäumen sein würden. Dem hielt ich Untersuchungen eines Umwelt-Institutes entgegen, wonach für die Erkrankung oder das Absterben von Bäumen keine eindeutigen Ursachen auszumachen seien und insbesondere der sogenannte saure Regen nicht die ihm unterstellte Wirkung hätte. Daraufhin wich man auf das Thema Alpenrutschen aus, das ich ebenfalls relativieren konnte. Danach wurden die Erderwärmung, das Aussterben der Eisbären, das Schmelzen der Gletscher und schließlich vor allem das Ozonloch als von Menschen selbst verursachte Umweltgefahren sehr drastisch ins Feld geführt. Keine der damaligen Prognosen ist bisher, fast 30 Jahre später, eingetroffen. Die Art der Diskussion, insbesondere das Ausweichen von Thema zu Thema, erinnerte mich sehr an Diskussionen, die ich mit Sektenangehörigen geführt hatte (bei denen es u. a. um angekündigte Weltuntergänge ging). Das Umweltthema wird aber auch in Zukunft das wichtigste Elixier der grünen Partei bleiben. Immer wenn irgendwo ein Tsunami Verwüstungen anrichtet, ein Vulkan oder eine Hitzeperiode ausbricht, ein Kernkraftwerk implodiert, es zu einem Artensterben kommt, eine bisher nicht gekannte Unwetterperiode über uns hereinbricht oder sich Kontinente verschieben, wird dies ohne eigenes Zutun der Partei Wähler für sie mobilisieren.

Parteivorsitzende Claudia Roth, MdB
Parteivorsitzende Claudia Roth, MdB

In der Zeitschrift „Psychologie Heute"1) habe ich einen sehr lesenswerten Beitrag darüber gefunden, dass das Umweltthema für viele Menschen zum Religionsersatz geworden sei. Das ist auch ein Bedenken, das mich gegenüber vielen Grünen beschlichen hat. Wie, um diesen Vorhalt zu bestätigen, haben sie in ihr Wahlprogramm für die Bundestagswahl 2013 die Forderung aufgenommen, dass in allen deutschen Kantinen an jedem Donnerstag, einem sogenannten „Veggie-Day", kein Fleisch mehr serviert werden dürfe. Das erinnert sehr an das frühere katholische Kirchengebot, wonach der Freitag für alle Gläubigen ein fleischloser Tag war. Als diese Absicht in den seriösen Medien als Bevormundung kritisiert wurde, machten die Grünen teilweise einen Rückzieher und sprachen davon, dass es sich bei dem „Veggie-Day" nicht um eine strenge gesetzliche Verpflichtung handeln solle. So war das auch in der Katholischen Kirche. Das Verbot, freitags Fleisch zu essen, war lediglich ein sogenanntes Kirchengebot und konnte in besonderen Fällen (z. B. für Schwerstarbeiter, bei Krankheiten oder wenn es nichts außer Fleisch zu essen gab) außer Kraft gesetzt werden.

Was beim „Veggie-Day" bleibt, ist der Versuch der Bevormundung und das Eingreifen in die Privatsphäre und freie Persönlichkeit des Bürgers. Ebenso war es beim Versuch der Grünen, den Individualverkehr, das Rauchen und den Gebrauch von Plastikbehältern zu drosseln. Auffallend ist auch, dass von den Grünen bei den Mitmenschen (und Wählern) immer wieder Schuldgefühle und ein schlechtes Gewissen erzeugt werden. Schließlich sind sie es, die den Müll fabrizieren, zu viel Sprit verbrauchen, die Atmosphäre vergiften, die Alpen mit ihren Skiern traktieren, Plastiktüten ins Meer werfen und zu viel Fleisch konsumieren.

Nach meinen Recherchen ging die erste parlamentarische Umweltschutz-Initiative im Deutschen Bundestag vom damaligen Fraktionsgeschäftsführer der FDP und späteren Innen- und dann Außenminister Genscher aus. Die FDP hat das Thema jedoch nicht nachhaltig verfolgt und es den Grünen überlassen. Die vertreten es nun mit viel Larmoyanz und ihre Sprecher gebärden sich wie apokalyptische Reiter. Der Versuch der Grünen, mit andren Themen, wie etwa Steuer-, Bildungs-, Außen- oder Europapolitik zu punkten, hat bisher keinen erkennbaren Erfolg gezeigt.

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1) Hans-Martin Schönherr-Mann, Natur - die neue Religion, Psychologie Heute, 37. Jahrgang, Heft 9, September 2010, Seite 28 - 32.

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Literatur:
- Markus Klein / Jürgen H. Falter, Der lange Weg der Grünen, becksche Reihe, Verlag C. H. Beck, München 2003 (ISBN: 3-406-49417-X)
- Richard Stöss (Hrsg.), Parteienhandbuch, Band 3, Lilian Klotzsch/Richard Stöss, Die Grünen (S. 1509 - 1598). Sonderausgabe 1986, Westdeutscher Verlag 1983.

Fotos:
- Wahlplakat 2013 mit Spiteznkandidat Jürgen Trittin, Fraktionsvorsitzender der Bundestagsfraktion Bündnis 90/Die Grünen. Quelle: www.gruene.de
- Der ehemalige Außenminister Joschka Fischer (2002 in den USA) Foto gemeinfrei, Quelle: Wikimedia Commons
- Claudia Roth, MdB, Parteivorsitzende. Foto aufgenommen auf der 48. Münchner Sicherheitskonferenz 2012, Fotograf: Frank Plitt, CC-BY-SA 3.0 via Wikimedia Commons

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