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Olga Heinzl

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Die Entwicklung der Mitteldeutschen Buchverlage nach der Wende

Florian Russi

Rückblick

Im Jahr 1932 waren im Gebiet der heutigen mitteldeutschen Bundesländer Mecklenburg-Vorpommern, Brandenburg, Sachsen-Anhalt, Thüringen, Sachsen und Berlin über 1 200 Buchverlage angesiedelt. Die Stadt Leipzig galt zu dieser Zeit als Verlagshauptstadt des Deutschen Reichs.

In der DDR (1949-1990) änderte sich die Verlagslandschaft grundlegend. Die großen Namen waren alle in den Westen übergesiedelt. Gegen Ende des Zweiten Weltkrieges hatten amerikanische Offiziere sie gezielt angeworben, in die von ihnen beherrschte Besatzungszone überzuwechseln. Darauf verlegten bedeutende Literaturverlage ihre Zentren, so Brockhaus nach Wiesbaden, Reclam, Thieme und später auch Teubner nach Stuttgart, die führenden Musikverlage Breitkopf und Härtel nach Wiesbaden und Peters nach Frankfurt am Main. Was sie zurückließen, wurde in der DDR enteignet oder unter staatliche Kuratel gestellt. 1990, im Jahr der deutschen Wiedervereinigung, waren in der DDR 78 Verlage lizenziert. Dabei ließen sich vier Kategorien unterscheiden. 37 von ihnen waren staatliche Verlage, das heißt sie gehörten unmittelbar dem Staat und wurden von ihm verwaltet. Von den 37 waren 9 Nachkriegsgründungen und 18 Übernahmen von Verlagen, die schon vor dem Zweiten Weltkrieg bestanden hatten. 32 der DDR-Verlage waren Unternehmen von Parteien und „Massenorganisationen“. Vorrang hatte dabei die Sozialistische Einheitspartei Deutschlands (SED), die 22 Verlage im Eigentum hatte. Die übrigen 10 gehörten den „Blockparteien“ CDU, LDPD, NDPD und DBD oder den Massenorganisationen Freier Deutscher Gewerkschaftsbund (FDGB), Freie Deutsche Jugend (FDJ) und Kulturbund. Eine dritte Kategorie bildeten drei kirchliche Verlage, zwei davon der evangelischen und einer der katholischen Kirche zugehörig. Sie waren staatlich lizenziert und unterlagen der Kontrolle durch die Hauptverwaltung Verlage und Buchhandel im Ministerium für Kultur. Sechs weitere Verlage galten als Privatverlage. Sie alle hatten ihre Firmensitze in den Westen verlegt, wurden aber aus rechtlichen oder strategischen Gründen unter staatlicher Treuhandschaft in der DDR weitergeführt. Neben diesen 78 offiziell lizenzierten Verlagen existierten einige wenige private oder kirchliche Kleinstverlage. Ihre Publikationsbereiche waren eng begrenzt. Es handelte sich dabei um Heimatliteratur, Kalender, Kunstdrucke, Glaubensvermittlungen oder kleine öffentliche Verlautbarungen. Alle Verlage der DDR unterstanden staatlicher Kontrolle und waren auf Papierzuteilungen durch die zentrale Verwaltungswirtschaft angewiesen. Ausschlaggebend für alle war die Politik der SED, die laut Art. 1, Abs. 1 der DDR-Verfassung die Führung im Staat beanspruchte.

Umstrukturierungen nach der Wende

Wie fast alle Unternehmen der DDR waren die Verlage nicht auf das freie wirtschaftliche System des Westens vorbereitet und der Konkurrenz der westdeutschen Firmen nicht gewachsen. Im Falle der Verlage kamen erschwerend noch weitere Faktoren hinzu. Das bisherige Lesepublikum wurde zu großen Teilen arbeitslos und gab das ihm zur Verfügung stehende Geld für Lebensmittel, Haushaltsgegenstände und modernes technisches Gerät aus. Der Kauf von Büchern musste dabei zurücktreten. Für einige Verlage entfielen die bisherigen festen Abnehmer aus Parteien und Massenorganisationen, die in Scharen ihre Mitglieder verloren. Zudem hatten die Autoren nun die Möglichkeit, mit westlichen Verlagen Verträge zu schließen, von denen sie sich größere Verkaufserfolge versprachen als von den DDR-Verlagen. Ein weiteres Problem war, dass die rechtliche Situation der meisten DDR-Verlage unsicher oder umstritten war und ihnen deshalb wenig Vertrauen entgegengebracht wurde. Auch galten die Publikationen aus der DDR wegen des dortigen Kontrollsystems als einseitig und nicht zeitgerecht, weswegen viele Verlage auf ihren Beständen „sitzen blieben“ bzw., noch schlimmer, in großen Mengen unverkäufliche Bücher vom Buchhandel zurückgesandt bekamen. Die DDR-Verlage hatten ihre Gewinne zu großen Teilen an den Staat bzw. die SED abführen müssen und verfügten nur über geringe Rücklagen und über keine ausreichende Liquidität. In der Plan- und Perspektivwirtschaft der DDR war dies für sie kein Problem. Für den Auftritt auf dem freien Markt fehlte es jedoch an den erforderlichen finanziellen Mitteln. Zu all dem kam hinzu, dass sich in den Jahren der Wende und danach die Lesegewohnheiten veränderten. Vor allem jüngere Menschen zogen die elektronischen Medien den gedruckten vor. Dies bedeutete, dass die Verlage in die modernen Technologien investieren mussten, wozu den meisten ebenfalls die Mittel fehlten. Alles in allem war die Lage fast aller DDR-Verlage nach der Wende nahezu aussichtslos.

Wie aber zeigte sich das im Einzelnen? In Leipzig wurden zunächst große Hoffnungen daraufgesetzt, dass die Verlage, die im Deutschen Reich den Namen der Stadt als Verlagshauptstadt begründet hatten, sich wieder am alten Standort engagieren würden. Ihr in der DDR verbliebenes Vermögen wurde weitgehend restituiert. Doch sie waren inzwischen so sehr in Westdeutschland verankert, dass sie zwar Filialen in Leipzig gründeten, ihre Zentren aber in den westlichen Orten beibehielten. Brockhaus errichtete in Leipzig ein „Bibliographisches Institut“, das aber wieder eingestellt wurde. Thieme, Teubner und Reclam verabschiedeten sich 1992, 1999 bzw. 2006 ebenfalls ganz von ihrer alten Wirkungsstätte. Einzig der große Musikverlag „Edition Peters“ verlegte seinen Verlagssitz gänzlich von Frankfurt nach Leipzig zurück. Erhalten geblieben von der großen Leipziger Verlagstradition ist die jährliche Buchmesse. Sie zielt vor allem auf das individuelle Lesepublikum und veranstaltet neben den Buchausstellungen eine große Zahl von Autorenlesungen. 2017 wurde die Messe von 1,2 Millionen Literaturinteressierten besucht. Was aber wurde aus den in der DDR etablierten Verlagen? Die 37 ehemals staatlichen Verlage wurden von der Treuhand übernommen, die den Auftrag hatte, sie an private Interessenten zu verkaufen. Unter ihnen waren der Verlag „Volk und Wissen“ sowie der „Akademie-Verlag“, beide in Berlin ansässig, von besonderem Interesse. Der 1945 auf Initiative der Sowjetischen Militäradministration in Deutschland (SMAD) gegründete Verlag „Volk und Wissen“ hatte die Aufgabe, Bücher, Zeitschriften und Zeitungen für Unterricht, Erziehung und Volksbildung herauszugeben. Nach Gründung der DDR wurde er dem Ministerium für Volksbildung unterstellt, dessen Chefin von 1963 bis 1989 Margot Honecker, die Ehefrau des DDR-Staatsratsvorsitzenden (1971 bis 1989), war.

Volk und Wissen wurde zum größten Verlag in der DDR und zu einem der größten europäischen Schulbuchverlage. Nach der Wende gelang es zunächst, ihn mit einem reduzierten Programm weiterzuführen. Einige Teilbereiche wurden dann von der Treuhand-Gesellschaft an westdeutsche Verlage veräußert. Schließlich ging der Hauptteil an die Berliner Verlagsgruppe Cornelsen. Unter deren Ägide erreichte Volk und Wissen im Jahr 2000 die Zahl von 1 400 lieferbaren Titeln und einen Geschäftsumsatz von über 50 Millionen DM. Im Zuge von Umgruppierungen wurde Volk und Wissen 2004 dann aber voll in den Cornelsen Verlag integriert und hörte auf, selbständig zu bestehen. Der Akademie-Verlag entstand 1946 als Organ der im selben Jahr gegründeten Deutschen Akademie der Wissenschaften“ (DAdW).

Seine Aufgabe war es, die im sowjetisch besetzten Teil Deutschlands neu entstehenden wissenschaftlichen Einrichtungen mit Fachliteratur zu versorgen. Er wurde zum führenden wissenschaftlichen Verlag der DDR und verkaufte einen großen Teil seiner Publikationen auch ins Ausland. Nach der Wende ging der Verlag in die Zuständigkeit des Bundesministeriums für Technologie über. Später wurde er geteilt.

Der geisteswissenschaftliche Teil wurde schließlich vom Berliner Cornelsen-Verlag übernommen und erscheint dort noch als „Imprint“, d.h. als publizistisches Segment innerhalb eines andersnamigen Verlags. Zu den staatlichen Verlagen gehörte auch der Rostocker Hinstorff-Verlag. Er war schon 1831 als regionaler Verlag gegründet worden, gelangte aber als Herausgeber der Werke von Fritz Reuter („Ut mine Stromtid“) auch überregional zu Bekanntheit. Bis 1959 befand sich der Verlag in Privatbesitz, dann wurde er an die „Verwaltung volkseigener Betriebe WB Verlage“ verkauft. Schwerpunkte des Verlagsprogramms waren Heimat- und maritime Literatur sowie Werke niederdeutscher und skandinavischer Autoren. Im Jahr 1987 erschienen 77 Titel, davon 35 Erstausgaben. Nach dem vergeblichen Versuch eines früheren Verlagsleiters, das nach der Wende in eine GmbH umfirmierte Unternehmen weiterzuführen, veräußerte die Treuhand-Anstalt den Hinstorff-Verlag 1991 an die auf Telefonbücher und Computerzeitschriften spezialisierte Hannoversche Heise-Medien-Gruppe. Die führt den Verlag als eigenständiges Unternehmen am Standort Rostock fort und baute ihn zu einem führenden Regionalverlag aus. Bildbände, Kalender, Heimatliteratur, etwas Belletristik, Koch- und Hörbücher bilden das Rückgrat des Verlags, der seit 2002 von Eva Maria Buchholz geleitet wird. Hinstorff ist somit der einzige ehemalige DDR-Staatsverlag, der, wenn man von der „Deutschen Zentralbücherei für Blinde“ und dem zu einer Stiftung gehörenden Domowina Verlag absieht, bis heute überlebt hat.

Auch die 32 Verlage der Parteien und Massenorganisationen wurden in der Nachwendezeit heftig gebeutelt. 15 von ihnen stellten ihre Tätigkeit ein oder gingen kurz nach der Wende in Insolvenz. Die SED/PDS hatte zunächst versucht, ihre 21 Verlage in GmbHs umzuwandeln, doch das Parteivermögen wurde auf Grund der neuen Gesetze zum großen Teil an die Treuhand Anstalt übertragen. Die bot die Verlage zum Kauf an. Der größte Teil wurde von westdeutschen Verlagen übernommen und mit ihnen verschmolzen. Die vier größten unter den verbliebenen waren der Aufbau-, der Mitteldeutsche, der Urania- sowie der Eulenspiegel Verlag.

Der Aufbau Verlag war in der DDR der bedeutendste Verlag für schöngeistige Literatur. Zu seinen Autoren gehörten Bert Brecht, Heinrich und Thomas Mann, Anna Seghers, Christa Wolf, Sarah Kirsch, Ehm Welk und Wulf Kirsten. Auch namhafte ausländische Schriftsteller hatte der Aufbau Verlag in seinem Programm. Gegründet wurde er 1945 als Organ des „Kulturbundes“. Der Kulturbund war zunächst ein für ganz Deutschland geplanter Zusammenschluss von Künstlern und Kulturschaffenden. Nach Gründung der DDR im Jahr 1949 wurde er zur sog. Massenorganisation und zum Teil der von der SED angeführten „Nationalen
Front“ der DDR. Von 1945 bis 1990 erschienen im Aufbau Verlag 4500 Erstauflagen in einer Gesamthöhe von 125 Millionen Exemplaren. Im Jahr 1988 beschäftigte er 180 Mitarbeiter. Nach dieser Vorgeschichte war Aufbau ein begehrtes Übernahmeprojekt. Im Jahr 1991 verkaufte die Treuhandanstalt den Verlag an eine
Investorengruppe um den Frankfurter Immobilienkaufmann Bernd F. Lunkewitz. Die erlebte dann zwei böse Überraschungen. Zum einen wurde sie plötzlich mit hohen Geldforderungen von Westverlagen konfrontiert. Dabei ging es um Abrechnungsbetrügereien aus der Vergangenheit. Auf Anweisung der DDR-Regierung hatte Aufbau ebenso wie andere DDR-Verlage bei den Lizenzverträgen mit Westverlagen falsche Angaben über die jeweilige Auflagenhöhe gemacht. Es wurden mehr Bücher gedruckt und verkauft als in den Verträgen vereinbart war und damit unrechtmäßig Lizenzgebühren eingespart. Das führte zu längeren rechtlichen Auseinandersetzungen, bis ein Gericht entschied, dass die Bundesrepublik Deutschland für den Schaden aufkommen musste.

Lunkewitz und seine Kollegen hielten durch und erweiterten den Aufbau Verlag mit Zukäufen zur Aufbau-Verlagsgruppe. Dann folgte der zweite, noch gefährlichere Schlag. Ein Gericht stellte fest, dass Lunkewitz nur eine leere Verlagshülle erworben hatte, da der Aufbau Verlag im Eigentum des Kulturbunds geblieben sei und deshalb von der Treuhand gar nicht verkauft werden konnte. Der Aufbau Verlag war als GmbH gegründet worden. Nach dem Entstehen der DDR behielt er diesen Status formal bei, weil das die Beziehungen zu den westdeutschen und internationalen Geschäftspartnern erleichterte. Intern jedoch wurde er im Handelsregister unter der Rubrik „Volkseigene und ihnen gleichgestellte organisationseigene Betriebe“ geführt. In der Praxis wurde er eng mit der SED und dem ihr gehörenden Verlag Rütten & Loening verknüpft. Das hatte für den Aufbau Verlag den Vorteil, dass er mit größeren Papierzuteilungen rechnen konnte. Rechtlich gesehen blieb der Kulturbund jedoch Eigentümer des Verlags. Lunkewitz kaufte den Verlag nun aufs Neue, diesmal vom Kulturbund, und baute ihn weiter aus. Die Bundesanstalt für vereinigungsbedingte Sonderaufgaben (BVS) als Nachfolgeeinrichtung der Treuhand weigerte sich, den durch ihr Agieren entstandenen Schaden zu ersetzen und so geriet der Verlag in eine finanzielle Notlage. Lunkewitz schied aus der Gesellschaft aus und am selben Tag stellte die Geschäftsführung einen Insolvenzantrag. Im folgenden Insolvenzverfahren gelang es, einige Ansprüche zu regeln und den Berliner Kaufmann Matthias Koch als neuen Käufer zu gewinnen. Unter dessen Ägide wächst der Aufbau Verlag wieder zum führenden Verlag in Mitteldeutschland. Der zweite Verlag aus dieser Gruppe, der sich selbständig auf dem Markt halten konnte, ist der Mitteldeutsche Verlag (MDV) in Halle. Er war im April 1946 gegründet worden, um behördliche Verordnungen und Verlautbarungen zu veröffentlichen. Im Dezember desselben Jahres genehmigte die Sowjetische Militäradministration ihm auch die Herausgabe schöngeistiger Literatur. 1951 kam er unter die Zuständigkeit der SED. Schwerpunkte der Publikationen wurden nun Werke zeitgenössischer DDR-Autoren, Text-Bildbände sowie Reiseliteratur. Beachtung fand der Verlag durch die internationalen Erfolge der Romane „Nackt unter Wölfen“ von Bruno Apitz, „Der geteilte Himmel“ von Christa Wölf sowie Erik Neutschs „Spur der Steine“. Am Ende der DDR zählte der Verlag 76 Mitarbeiter. Nach der Wende fand sich zunächst kein geeigneter Interessent für den MDV. Deshalb versuchte der damalige Geschäftsführer, ihn zusammen mit neun verbliebenen Mitarbeitern und drei Investoren am Leben zu erhalten. Dies gelang nur bedingt und der Verlag musste 1996 Insolvenz anmelden. Schließlich engagierte sich dann doch ein Unternehmer, der eine persönliche Beziehung zur Stadt Halle hatte und dem dort ansässigen Verlag eine Perspektive geben wollte. Per Annonce suchte er einen geeigneten Verlagsleiter und fand ihn in dem jungen Germanisten Roman Pliske, der schon bei zwei westdeutschen Verlagsunternehmen Erfahrungen hatte sammeln können. Ihm gelang es in den folgenden Jahren, den Mitteldeutschen Verlag zum zweitgrößten in den Neuen Ländern auszubauen. Der Verlag gab 2018 insgesamt 140 neue Buchtitel heraus. Seine Schwerpunkte bilden Reiseliteratur, Bildbände, Belletristik und Sachbücher. Er errang mehrere Preise und Auszeichnungen und verfügt über eine gut entwickeltes Vertriebssystem. Zwei weitere Verlage aus dem Besitz der SED, Urania und Eulenspiegel, waren attraktive Übernahmekandidaten. Der ursprünglich 1924 gegründete und 1933 von den Nationalsozialisten als „marxistisch“ verbotene Urania Verlag war 1947 in Jena wieder gegründet worden. Später verlegte er seinen Hauptsitz nach Leipzig und eröffnete eine Filiale in Berlin. Aufgabe des Verlags war es, wissenschaftliche Themen für breite Bevölkerungskreise verständlich zu machen, Urania wurde zu einem der wirtschaftlich erfolgreichsten Verlage der DDR. Nach der Wende erlebte er eine schwierige Entwicklung und wechselte mehrmals den Besitzer. Schließlich landete er beim Freiburger Herder Verlag, wo er als Imprint weitergeführt wird. In der DDR sehr populär war der 1954 gegründete Eulenspiegel Verlag. Seinen Namen hat er von dem Satire-Magazin Eulenspiegel, von dem er jedoch später verlegerisch getrennt wurde. Satire und Humor bildeten das Hauptprogramm auch des Buchverlags, der 1988 insgesamt 157 Bücher herausbrachte und einen Jahresumsatz von 18,2 Millionen Mark erzielte.

Auch dieser Verlag geriet nach der Wende in organisatorische und finanzielle Turbulenzen. Es fand sich schließlich in der Person des Berliner Verlegers Matthias Oehme ein erfolgversprechender Käufer. Zusammen mit seiner Kollegin Jacqueline Kühne gründete er den Verlag unter dem Namen Eulenspiegel/Das Neue Berlin Verlags GmbH neu, erweitere ihn und baute ihn aus. Heute firmiert er als Eulenspiegel Verlagsgruppe, ist spezialisiert auf die Pflege des kulturellen Erbes der DDR-Zeit und betreut die literarischen Nachlässe von Peter Hacks und Rainer Kirsch. Die Nachwendezeit überstanden hat auch der in Leipzig angesiedelte Seemann Henschel Verlag. Seemann geht in seinem Ursprung auf das Jahr 1858 zurück. In Leipzig neu gebildet hat sich der Verlag aus den früher staatlichen Verlagen „Seemann“ und „Edition Leipzig“ sowie den Parteiverlagen „Henschel“ (SED) und „Koehler & Amelang“ (CDU).

Schwerpunkte der Herausgeberschaft sind Kunst, Kunstgeschichte sowie Kalender. Auch die drei kirchlichen Verlage in der DDR gerieten nach der Wende in existenzielle Nöte. In den Jahren der deutschen Teilung waren sie von den westdeutschen Bistümern u. a. durch kostenlose Lizenzen unterstützt worden.
Nach der Wende mussten auch sie sich dem freien Markt stellen, konnten aber weiterhin mit kirchlicher Unterstützung rechnen. Die Evangelische Haupt-Bibelgesellschaft wurde Mitglied der Stiftung Deutscher Bibelgesellschaften und stellte 2004 die eigene Verlagstätigkeit ein. Die größere Evangelische Verlagsanstalt (EVA) wurde zweimal umstrukturiert. Der Verlagssitz wurde 1991 von Berlin nach Leipzig verlegt. Heutige Gesellschafter sind das Hansische Druck- und Verlagshaus (HDV) in Frankfurt am Main, das auch das verbreitete Monatsmagazin chrismon herausgibt, und die Evangelisch-Lutherische Landeskirche Sachsens. Seit 2016 ist die EVA für das Buchprogramm der Edition Chrismon verantwortlich. Im Jahr 2017 erschienen im Verlag 170 neue Buchtitel, dazu eine Reihe weiterer Publikumsschriften. In Leipzig konnte sich auch der katholische St.-Benno-Verlag behaupten. Er wurde 1990 liquidiert, zugleich aber als GmbH neu
gegründet. Gesellschafter wurden die mitteldeutschen Bistümer sowie drei westdeutsche kirchliche Verlage. 1996 nahm das Unternehmen den Namen „St. Benno Buch- und Zeitschriftenverlagsgesellschaft“ an. Es entwickelte sich zu einem der größten christlichen Verlage in Deutschland. Jedes Jahr erscheinen etwas 150 Bücher und Kalender. Außerdem betreibt der Verlag Buchhandlungen und ist an Hörfunk-Gesellschaften beteiligt.

Die sechs in der DDR als Privatverlage geführten Firmen waren bekannte Namen, wie Reclam, List und Teubner, die nach dem Zweiten Weltkrieg ihren Hauptsitz in den Westenverlagert hatten. Sie wurden in ihre dortigen Haupthäuser integriert und entwickelten keine eigenen Tätigkeiten mehr.

Neugründungen

Nach der Wende kam es in Mitteldeutschland zu zahlreichen Neugründungen von Verlagen. Die meisten von ihnen sind eigentümergeführte Kleinverlage mit inhaltlicher oder regionaler Spezialisierung. Den Gründern kam entgegen, dass sich durch den modernen Digitaldruck schon kleine Auflagen rentieren können. Erfolg-
reichste Neugründung war der in Berlin gegründete Ch. Links Verlag. Er bestand selbständig bis 31. Dezember 2018 und wurde dann vom Aufbau Verlag übernommen. 1990 gründete Elmar Faber, von 1983 bis 1992 Geschäftsführer des Aufbau-Verlags, zusammen mit seinem Sohn in Berlin den Verlag Faber & Faber. Der neue Verlag wurde von den Medien sehr wohlwollend angenommen und kommentiert. 1995 verlegte er seinen Sitz nach Leipzig. Im Jahr 2011 hat er seine Tätigkeit jedoch wieder eingestellt. Der Seniorchef ist 2017 in Leipzig gestorben. Im Frühjahr 2019 wurde der Verlag Faber & Faber von Michael Faber neu gegründet.

In Weimar wurde 2004 von 21 Personen, die den „Trägerwerken Soziale Dienste“ nahestehen, der Bertuch Verlag gegründet. Der Verlag beruft sich auf Friedrich Johann Justin Bertuch, der zur Goethe-Zeit wichtigster Verleger in Weimar war und viele soziale Projekte initiiert und geleitet hat. Schwerpunkte der Verlagsproduktion sind soziale Themen wie Lese- und Rechtschreibförderung oder Sozialarbeit, außerdem ein wenig Belletristik und Regionalliteratur. Der Verlag betreut auch das Internet-Portal „Deutschland-Lese“, in dem deutsche Geschichte, Kultur, Literatur und Landschaften vorgestellt werden. Im Jahr 2017 erreichen die Seiten erstmals über 1 Million Nutzer. Ebenfalls in Weimar wurde 2007 der Knabe Verlag gegründet. Es war dies eine Wiederbelebung, denn der Verlag hatte schon 1932 bis 1983 bestanden und war dann in den staatlichen Postreiter Verlag überführt worden. Der Knabe Verlag produziert vornehmlich Jugendliteratur und betreibt in der Nähe von Goethes Wohnhaus in Weimar eine Buchhandlung. Erfolgreich in Erfurt eingestiegen ist der englische Verleger Alan Sutton mit einem nach ihm benannten Verlag. Sutton ist auf populäre Lokal- und Regionalgeschichte sowie auf Kriminalromane spezialisiert. Im Jahr erscheinen in der Regel 50 neue Titel, darunter viele Bildbände über regionalgeschichtliche Themen aus Deutschland und Österreich. Im Jahr 2014 wurde der Verlag vom Münchener Verlagshaus Gera Nova Bruckmann übernommen, besteht aber als eigenständiges Unternehmen am Standort Erfurt fort.

Fazit

Der Zweite Weltkrieg, 40 Jahre DDR-Geschichte und die politische Wende in Deutschland, auf die viele nicht vorbereitet waren, haben dazu geführt, dass die ehemals so lebendige und bedeutende mitteldeutsche Verlagslandschaft weitgehend ausgedünnt wurde. Einige Verlage haben sich jedoch an ihren Standorten halten und ihre Positionen ausbauen können. Neue kamen hinzu, von einem Verlagssterben kann keine Rede sein. Kreativität ist hier gefragt und bei den ehemaligen DDR-Bürgern, die sich in einem System der Mangelwirtschaft und der gesellschaftlichen Enge immer zu helfen wissen mussten, in hohem Maß vorhanden. Die Chancen der mitteldeutschen Verlage liegen in Spezialisierungen und der Nutzung der modernen Technologien Digitaldruck, Hörbuch und E-Book.

Der Beitrag gründet auch auf vielen Gesprächen mit Fachjournalisten, Verlegern und Buchhändlern aus Mitteldeutschland.

*****

Literatur: Christoph Links: Das Schicksal der DDR-Verlage. Die Privatisierung und ihre Konsequenzen, 2. aktualisierte Aufl., Berlin 2010; Hans Altenheim: Verlage in der DDR, Sonderdruck des Börsenblattes für den Deutschen Buchhandel, Frankfurt am Main 1990; Elmar Faber: Verlage und deutsche Wende. Der Buch- und Literaturmarkt nach der Währungsunion, in: Fort ins gelobte Land, Bottighofen 1993; Nils Kahlefeld: Abschied vom „Leseland“? Die ostdeutsche Buchhandels- und Verlagslandschaft zwischen Ab- und Aufbruch, in: „Aus Politik und Zeitgeschichte“. Beilage zur Wochenzeitung Das Parlament v. 24.03.2000, S. 29-38; Mario Gabler: Was von der Buchstadt übrig blieb. Die Entwicklung der Leipziger Verlage nach 1989, Leipzig 2010.


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