Ein Lied über Herzweh, Liebesleid und Verzweiflung mit einer belehrenden Pointe. Das Stück Nachtigall, ich hör dich singen handelt von einem Liebesleidenden, der sich in seinem Weh der Nachtigall anvertraut. Die Melodie stammt in ihren Ursprüngen aus der Rheinpfalz, war aber auch in Lothringen bekannt. Erstmalig notiert wurde sie 1807, der Urheber ist allerdings unbekannt. Veröffentlicht wurde das Kunstlied aus der Epoche der Romantik unter anderem in Des Knaben Wunderhorn. Der Text wurde ebenfalls von einem anonymen Dichter verfasst. Allerdings veröffentlichte der Schriftsteller und Dichter Clemens Brentano ein Gedicht mit gleichnamigem Titel und annährend übereinstimmenden Inhalt. Ihm wird die Urheberschaft für den Text dennoch nicht zugeschrieben. Bekannt sind verschiedene Variationen in Strophenumfang und –inhalt. Ebenso prägte das Stück eine heute noch bekannte Redewendung: „Nachtigall, ich hör dich trapsen“, was so viel bedeutet wie, das geheime Vorhaben ist aufgeflogen. Denn wenn die Nachtigall sich durch geräuschvolles Gehen („trapsen“) bemerkbar macht, bevor sie gesehen werden kann, so hat sie sich verraten.
Carolin Eberhardt
1. Strophe
Nachtigall, ich hör dich singen
's Herz im Leib möcht mir zerspringen.
Komme du und sag mir wohl,
wie ich mich verhalten soll,
wie, wie ich mich verhalten soll.
2. Strophe
Nachtigall, ich seh dich laufen,
an das Bächlein gehst du saufen,
du tunkst dein kleines Schnäblein ein,
|: meinst, es wär der beste Wein :|
3. Strophe
Nachtigall, wo ist gut wohnen?
Bei der Linde, bei der Donen,
Bei der schön Frau Nachtigall:
|: „Grüß mein Schatz viel tausendmal“ :|
4. Strophe
Lass mein Herz in zwei einteilen
komm zu mir, ich will dir's heilen.
Schlag nur alles aus dem Sinn,
|: Lass die Lieb nur fahren hin :|
5. Strophe
Lass die Lieb nur immer fahren
was fragst du nach solchen Narren,
die sich so viel bilden ein,
|: Meinen, dass sie die schönsten sein :|
6. Strophe
Lass nur nach mit dem Stolzieren
wirst nicht lange mich vexieren.
Hast nicht Ursach, stolz zu sein,
|: Schau nur in dein Herz hinein :|
7. Strophe
Ich bin still, hab wohl geschwiegen,
dieweil du bist so hoch gestiegen.
Aber jetzt ist alles aus,
|: Der Vogel ist geflogen aus :|
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Vorschaubild: Nightingale (as Philomela luscinia Linn.). Image from Natural History, Birds., 1849, Urheber: Philip Henry Gosse via Wikimedia Commons gemeinfrei.
Noten gesetzt von Carolin Eberhardt.