Nun ist der Mai schon wieder fast vorbei, und auch bevor er uns begrüßte, lag schon lange kein Schnee mehr. Doch geht es in dem Text, den Ludwig Hölty geschrieben hat, tatsächlich alleinig um den Jahreslauf, um die Vorzüge des Wonnemonats Mai mit seiner neu aufblühenden Natur? Auch, aber nicht nur, sollte darauf die Antwort sein. Die erste und zweite Strophe lobpreisen die Maienpracht mit ihrem Blütenzauber, dem lieblichen Vogelgezwitscher und laden zum fröhlichen Maitanz ein. Doch die dritte Strophe ist da etwas anders geartet: „Wer weiß, wie bald die Glocke schallt, da wir des Maien uns nicht mehr freuen“. Ein Hinweis auf die Vergänglichkeit des Lebens, auf die nicht vorherzusehende Zeitspanne, die jedem einzelnen Menschen bleibt. Blickt der Leser nun auf die zweite Strophe zurück, hat es ein wenig von „Carpe diem“ – Nutze den Tag. Lass den wunderschönen Mai nicht ungeachtet an dir vorbeiziehen, genieße jede Minute und mach dir die Schönheit des Lebens bewusst. Sinngemäß kommt diese Aufforderung am Ende der 4. Strophe deutlich hervor: „Genieß die Zeit, die Gott verleiht“.
Ein ähnlicher Text existiert zu dem Lied auch von Christian Weise. Die Melodie der vorliegenden Variation stammt von Franz Schubert, aber auch Bartholdy komponierte dazu eine Melodie.
1. Strophe
Der Schnee zerrinnt,
der Mai beginnt,
die Blüten keimen schon
auf den Bäumen,
und Vogelschall
tönt überall,
und Vogelschall
tönt überall.
2. Strophe
Pflückt einen Kranz
Und haltet Tanz
Auf grünen Auen,
ihr schönen Frauen,
Wo junge Mai'n
Uns Kühlung streu'n.
3. Strophe
Wer weiß, wie bald
Die Glocke schallt,
Da wir des Maien
Uns nicht mehr freuen.
Wer weiß, wie bald
Die Glocke schallt!
4. Strophe
Drum werdet froh!
Gott will es so,
Der uns dies Leben
Zur Lust gegeben!
Genieß der Zeit,
Die Gott verleiht!