Fünf Kinder bekam der Dichter Joseph Freiherr von Eichendorff. Die beiden jüngsten Töchter starben schon ein bzw. zwei Jahre nach ihrer Geburt. Das schwere Leid des Vaters verband der große, tief religiöse Dichter mit dem Glauben an ein Wiedersehen bei Gott. Das folgende Gedicht bringt dies sehr einfühlend zum Ausdruck.
Freuden wollt ich Dir bereiten;
Zwischen Kämpfen, Lust und Schmerz
Wollt‘ ich treulich dich geleiten
Durch das Leben himmelwärts.
Doch du hast‘s allein gefunden,
Wo kein Vater führen kann,
Durch die ernste dunkle Stunde
Gingst du schuldlos mir voran.
Wie das Säuseln leiser Schwingen
Draußen über Wald und Kluft
Ging zur selben Stund‘ ein Singen
Ferne durch die stille Luft.
Und so fröhlich glänzt der Morgen,
‚s war, als ob das Singen sprach:
jetzo lasset alle Sorgen;
Liebt ihr mich, so folgt mir nach!
Ich führt‘ dich oft spazieren
In Winter-Einsamkeit;
Kein Laut ließ sich da spüren,
Du schöne, stille Zeit!
Lenz ist‘s nun, Lerchen singen
Im Blauen über mir;
Ich weine still - sie bringen
Mir einen Gruß von dir.
Von fern‘ die Uhren schlagen,
Es ist schon tiefe Nacht,
die Lampe brennt so düster,
das Bettlein ist gemacht.
Die Winde nur noch gehen
Wehklagend um das Haus,
Wir sitzen einsam drinnen
Und lauschen oft hinaus.
Dort ist so tiefer Schatten,
Du schläfst in guter Ruh‘,
Es deckt mit grünen Matten
Der liebe Gott dich zu.
Die alten Weiden neigen
Sich auf dein Bett herein,
Die Vöglein in den Zweigen,
sie singen treu dich ein.
Und wie in goldnen Träumen
Geht linder Frühlingswind
Rings in den stillen Bäumen -
Schlaf wohl, mein süßes Kind!
Mein liebes Kind, Ade!
Ich konnt‘ Ade nicht sagen,
Als sie dich fortgetragen,
Vor tiefem, tiefem Weh.
Jetzt auf lichtgrünem Plan
Stehst du im Myrtenkranze
Und lächelst aus dem Glanze
Mich still voll Mitleid an.
Und Jahre nahn und gehen,
Wie bald bin ich verstorben -
o bitt‘ für mich da droben,
Daß wir uns wieder sehn!
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entnommen aus: Florian Russi „Im Zeichen der Trauer", Bertuch Verlag Weimar, 2006