Das folgende Gedicht von Rudolf Baumbach (1840-1905) ist Ausdruck einer Lebensauffassung, die auch in der christlichen Religion und in der Philosophie vertreten wird. Wichtig ist der Tag, der Moment. Die Vergangenheit ist unwiederbringlich vorbei, die Zukunft ungewiss. Entscheidend ist das Hier und Jetzt. Geschichte wird aus dem Heute heraus gestaltet. Es macht keinen Sinn, wegen der Zukunft auf die Gegenwart zu verzichten. „Komme was (da) kommen mag" ist ein vielzitierter Spruch.
Florian Russi
Was die Welt morgen bringt,
ob sie mir Sorgen bringt,
Leid oder Freud?
Komme, was kommen mag,
Sonnenschein, Wetterschlag,
morgen ist auch ein Tag,
heute ist heut!
Morgen ist auch ein Tag,
heute ist heut!
Wenn's dem Geschick gefällt,
sind wir in alle Welt
morgen zerstreut!
Drum laßt uns lustig sein!
Wirt, roll' das Fasz herein!
Mädel, schenk ein, schenk ein!
Heute ist heut!
Mädel, schenk ein, schenk ein!
Heute ist heut!
Ob ihren Rosenmund
morgen schön Hildegund
anderen beut -
darnach ich nimmer frag,
das schafft mir keinen Plag,
wenn sie mich heut nur mag -
heute ist heut!
wenn sie mich heut nur mag -
heute ist heut!
Klingklang, stoßt an und singt!
morgen vielleicht erklingt
Sterbegeläut!
Wer weisz, ob nicht die Welt
morgen in Schutt zerfält!
Wenn sie nur heut noch hält!
Heute ist heut!
Wenn sie nur heut noch hält!
Heute ist heut!