Der deutsche Dichterfürst Goethe beschreibt in seinem Gedicht die üblichen Wetterphänomene des Sommers. Nach einer großen Hitze folgt oft auch ein richtiges sommerliches Unwetter, bei dessen Treiben die Blitze am Himmel kreuzen und grölende Donner rollen. Doch meint der Dichter damit vielleicht nicht nur den Sommer, sondern das Leben selbst? Denn in der letzten Zeile schließt er mit den Worten „doch Liebe lächelt unter Sturm und Wettern“. Auch der Lebensweg des Menschen kennt Höhen und Tiefen, strahlenden Sonnenschein und Unwetter, die sich im Verlauf des persönlichen Weges im ständigen Wechsel befinden. Auch die Liebe vermag es zwar nicht, einen Schutz vor den mühseligen Erfahrungen des Lebens zu bieten, aber sie lässt sie gemeinsam leichter überstehen und stärker aus ihnen hervortreten. Denn was wäre das Leben ohne manches Unwetter.
Carolin Eberhardt
Der Sommer folgt. Es wachsen Tag und Hitze,
und von den Auen dränget uns die Glut;
doch dort am Wasserfall, am Felsensitze
erquickt ein Trunk, erfrischt ein Wort das Blut.
Der Donner rollt, schon kreuzen sich die Blitze,
die Höhle wölbt sich auf zur sichern Hut,
dem Tosen nach kracht schnell ein knatternd Schmettern;
doch Liebe lächelt unter Sturm und Wettern.
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Thunderstorm over Dordrecht, ca. 1645, Urheber: Aelbert Cuyp via Wikimedia Commons public domain.