Der Frühling, die Jahreszeit des Erwachens, wird in der Literatur oft als Sinnbild der Liebe bzw. der Sexualität genutzt. Das 1837 entstandene Gedicht „Frühlingsnacht" ist ein schönes Beispiel hierfür. Joseph von Eichendorff, der an einem Frühlingstag (10. März 1788) das Licht der Welt erblickte, beginnt die erste Strophe mit einem Naturbild, das ihm in der zweiten Strophe zum Gefühlsausbruch führt.
Der Reiz der Verse besteht in ihrer Doppelbödigkeit. In der Frühlingsnacht beschreibt der 49-jährige Dichter die wiedererwachte Leidenschaft. Haben Sie schon einmal versucht, die Verse erotisch zu fassen?
Tina Romstedt
Über'n Garten durch die Lüfte
Hört' ich Wandervögel ziehn,
Das bedeutet Frühlingsdüfte,
Unten fängt's schon an zu blühn.Jauchzen möchte' ich, möchte weinen,
Ist mir's doch, als könnt's nicht sein!
Alte Wunder wieder scheinen
Mit dem Mondesglanz herein.Und der Mond, die Sterne sagen's,
Und in Träumen rauscht's der Hain,
Und die Nachtigallen schlagen's:
Sie ist Deine, sie ist dein!
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Foto: Rita Dadder