Die regionalen Osterbräuche in Deutschland umfassen nicht nur das Osterfest. Unterschiedliche Brauchformen zeigt schon die Karwoche, die Woche vor dem Osterfest, die in allen christlichen Kirchen dem Gedächtnis an Leiden und Sterben Jesu Christi am Kreuz gewidmet ist. Sie beginnt mit dem Palmsonntag, an dem Christen dem Einzug Jesu Christi in Jerusalem auf einem Esel gedenken. Ein seit mehr als 400 Jahren erhaltener Brauch ist die große Prozession mit überlebensgroßen Figuren in Heiligenstadt im katholischen Eichsfeld. Von Gründonnerstag, dem Donnerstag vor Karfreitag, bis in die Osternacht schweigen die Glocken der katholischen Kirchen - laut dem Volksglauben sind sie nach Rom geflogen. Den am Gründonnerstag gelegten Eiern wurde besondere Segens- und Schutzkraft zugeschrieben.
Den Eiern kam überhaupt eine große Rolle im Osterbrauch zu. In vielen Kulturen gelten sie als Symbol der Fruchtbarkeit. Weil mit Ostern die Fastenzeit der katholischen Kirche endete und das Verspeisen der Eier als „flüssiges Fleisch" während der Fastenzeit verboten war, durfte man sie nun auch wieder essen. Pragmatische Gründe könnten so auch für das Färben der gekochten Ostereier ausschlaggebend gewesen sein: Da die Hühner nichts von dem Fastenverbot wussten und während der 40-tägigen Fastenzeit weiter fleißig Eier legten, brauchte man einen „Trick", um die nun übermäßig vorhandenen und z. T. überlagerten Eier an den Mann oder an die Frau oder das Kind zu bringen.
Das Suchen gefärbter oder anders verzierter Eier, die angeblich vom Osterhasen gebracht wurden, kennt man schon seit dem 17. Jahrhundert. Eine der ältesten Überlieferungen wird mit Georg Franck von Franckenau verbunden. Der in Naumburg an der Saale geborene Medizinprofessor lehrte ab 1672 in Heidelberg und war als Dekan der Medizinischen Fakultät zugleich Herausgeber der Universitätsreihe „Satyrae medicae", einer der damals üblichen Publikationsmöglichkeiten zu unterschiedlichsten Themen; im Band 18 dieser Reihe, erschienen 1682, findet sich eine sechzehnseitige lateinische Abhandlung mit dem Titel „De ovis paschalibus (Von Oster-Eyern)", die allerdings nicht von Georg Franck, sondern von dem reformierten Pfarrer und Arzt Johannes Richier aus Frankfurt am Main verfasst wurde. Sicher basierend auf den Angaben älterer Autoren, wird der schon weitverbreitete „Irrglauben" an „Haseneier" beschrieben, allerdings stark ironisierend -manches spricht dafür, dass es sich insgesamt um eine Spaßschrift handeln könnte: „In Südwestdeutschland, in unserer heimatlichen Pfalz, im Elsaß und angrenzenden Gegenden, wie auch in Westphalen, heißen solche Eier die Haseneier. Man macht dabei einfältigeren Leuten und kleinen Kindern weis, diese Eier brüte der Osterhase aus und verstecke sie im Garten ins Gebüsch." Außerdem warnte Richier mahnend vor den gesundheitsschädlichen Wirkungen von gekochten Eiern. In einem anderen Buch der Zeit findet sich allerdings auch der Ratschlag: „Auf Ostern iß hart gesotene Eyer, dann bist du das gantze Jahr gesund."
Später wurde die Eiersuche mit vielen weiteren Spielen verknüpft ? ein Brauch, der sich wohl zuerst in evangelischen Familien und in Städten durchsetzte. Einer der ältesten Belege dafür ist aus einem prominenten Haus in Weimar überliefert, wo es ? nach einem Bericht von Friedrich Matthisson aus Weimar von 1783 ? schon am Gründonnerstag und nicht erst am Ostersonntag üblich war, „Ostereier aufzuwittern. Die muntere Jugend, worunter auch kleine Herders und Wielands [Goethes Patenkinder] waren, zerschlug sich durch den Garten und balgte sich bei dem Entdecken der schlau versteckten Schätze miteinander nicht wenig. [...] Ich erblicke Goethe noch vor mir. [...] Der stattliche Herr im goldverbrämten blauen Reitkleide erschien mitten in dieser Quecksilbergruppe als ein wohlgewogener und ernster Vater, der Ehrfurcht und Liebe gebot. Er blieb mit den Kindern beisammen bis nach Sonnnenuntergang und gab ihnen am Ende eine Naschpyramide preis."
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Bildquellen:
- Vorschaubild: Ostereier im geflochtenen Osterkorb mit Osterglocke. Urheber: Toelstede (Wikipedia-Name Nyks) via Wikimedia Commons, CC BY-SA 3.0
- Ostereier von Jan Kamení?ek via Wikimedia Commons, gemeinfrei