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Die Liebe in Mythen und Sagen

Florian Russi

Broschüre, 24 Seiten
EUR 2,00

Liebesglück und Liebesleid beschäftigen die Menschen seit Jahrhunderten. Ihren Ausdruck fanden sie in zahlreichen Mythen und Legenden, vom frühen Altertum bis in die frühe Neuzeit.

Dreikönigstag

Dreikönigstag

Andreas Schneider

Der erste Brauchtag im neuen Jahr nach dem Jahresanfang

Am 6. Januar begeht die christliche Kirche mit Bezug zur biblischen Überlieferung das Dreikönigsfest, einen Tag mit viel Symbolik: Die Heiligen Drei Könige aus dem Morgenland, also dem Orient oder Arabien, huldigen dem Jesuskind im Stall von Bethlehem, zu dem ihnen der Stern von Bethlehem den Weg gewiesen hat. Es ist der Tag der Erscheinung des Herrn, an dem seine Gottesherrlichkeit deutlich wurde, in der christlichen Kirche gefeiert als Epiphanias und schon im Frühchristentum festlich begangen als die Anerkennung des Menschen Jesu durch die Taufe als Sohn Gottes – lange, bevor im 4. Jahrhundert das Christgeburtsfest als Weihnachten bedeutsamer wurde. Heute weniger bekannt ist aber, dass der Tag früher, bis ins 20. Jahrhundert, auch populärkulturell seine besondere Bedeutung hatte und mit verschiedenen Brauchhandlungen verbunden war, die inhaltlich eher weniger mit dem christlichen Dreikönigsfest oder Epiphanias zu tun hatten – aber viel mit dem Datum, dem 6. Januar.

Dreikönigsbild aus dem Jahr 1538
Dreikönigsbild aus dem Jahr 1538

Ende der Zwölf Nächte mit allerlei Spuk – das ehemalige Hochneujahr Denn früher spielte der Dreikönigstag, der 6. Januar, in Deutschland und da vor allem im alpinen Raum eine wichtige Rolle in den Brauchhandlungen der Winterszeit, da wegen der Vegetationsruhe und den ebenso frühen wie langen Nächten die bäuerlichen Arbeiten nicht so umfassend waren wie im Sommer - als ein herausragendes Datum im überlieferten Volksglauben, in einer Art Zeit „zwischen der Zeit“, zwischen den Jahren. Die Nacht vor dem Dreikönigstag galt so im Mittelalter und weit darüber hinaus als eine besondere – schließlich war sie die letzte und schlimmste Nacht der „Zwölf Nächte“ oder „Zwölften“ am Ende des Jahres. Diese Zwölf Nächte zwischen Weihnachten und Dreikönigstag, nach mancher Zählung auch schon beginnend mit der Nacht zum Thomastag, dem 21. Dezember, also der Wintersonnenwende, waren mit allerlei abergläubischen Vorstellungen aufgeladen. Da war so manches los – im Sinne von Spuk und bösen Geistern, vor denen man sich sehr zu fürchten hatte. Zu ihnen zählten Frau Holle oder die Percht, beides als dämonisch gedachte Frauenfiguren, aber auch der Wilde Jäger bzw. mit Gefolge die Wilde Jagd, Wotan mit dem Heer der Verstorbenen und auch so manche anderen Dämonen. Doch nach der Nacht zum 6. Januar hatte der Spuk erst einmal ein Ende bzw. zog sich zurück. Ein neues Jahr begann – und mit ihm neue Regeln für Arbeit und Alltagsleben.

Mit Bezug auf das Ende der Zwölf Nächte galt der Dreikönigstag in der Vormoderne deshalb auch als eine Art Jahresanfang und wurde folglich auch Großneujahr, Hochneujahr, hohes Neujahr beziehungsweise Hohneujahr genannt.

Sternsinger
Sternsinger

Von daher rührt auch der Brauch, am Vorabend mit Kreide die Jahreszahl an die Türen beziehungsweise Türbalken anzuschreiben – und dazu auch das Dreikönigszeichen, nichts anderes als die drei Buchstaben C + M + B, als Segensformel. All das sollte dem Haus oder Stall Segen bringen und als Schutzabwehr vor den bösen Dämonen und anderen Spukgestalten dienen, die nach den weit verbreiteten abergläubischen Vorstellungen in den Zwölf Nächten unheilstiftend herumschwirrten. Deshalb waren auch vor dem Anbringen von Jahreszahl und Segensformel an den Türbalken die Wohnräume und Ställe mit Weihrauch ausgeräuchert worden. Nicht ganz unwichtig, auch wenn es den Menschen damals vielleicht nicht einmal bekannt war: Dabei wurde auch allerlei Ungeziefer mit vernichtet, das ebenso nicht unerheblichen Schaden anzurichten vermochte.

Die Rauhnächte als besondere Zeit des Mittwinters Vom Weihrauch her hatten die diese letzte der zwölf Nächte zwischen den Jahren, zwischen Weihnachten und Dreikönigstag, nach der Wintersonnenwende, auch den Namen Rauchnächte bzw. Raunächte oder Rauhnächte – allerdings ist diese etymologische Herleitung nicht ganz sicher. Manche Forscher bemühen zur Erklärung auch die alte Bedeutung von „rauh“ als „behaart“, als welche sich die pelzigen Dämonengestalten gedacht wurden, die – auch symbolisch – für das mögliche Unglück im neuen Jahr zu vertreiben waren. Also wurde vielerorts allerlei Lärm, Krach und Maskenaufzüge betrieben, was sich schnell auch als dörfliches Spektakel verselbstständigen konnte.

Die Raunächte als eine ganz besondere Zeit zwischen den Jahren waren im Volksglauben im Mittelalter und bis ins 19./20. Jahrhundert auch mit verschiedenen Arbeitsgeboten und –verboten verbunden, wobei sich ältere Muster im Laufe der Zeit verloren und auch neue entstanden. Die Bäuerinnen durften zum Beispiel während dieser Zeit kein Brot backen, dementsprechend wurde viel haltbares Gebäck vorher zubereitet – das dann auch als Dreikönigsgebäck auf den Tisch kam. Aber die Mädchen und Frauen durften auch nicht mehr spinnen, mussten die Arbeiten also zuvor beendet haben. Vor allem aber durften die Frauen nicht waschen bzw. Wäsche aufhängen, da sie angeblich die Geister anzog oder diese beim Flug durch die Lüfte behindern konnte und so sich an Haus oder Stall rächten. Mancherorts im ländlichen Raum hielt sich gerade dieser Brauch den Nichtwäschewaschens bis weit ins 20. Jahrhundert, ohne dass der abergläubische Bezug noch bekannt war.

Der „Dreikönigstag“ als Orakel- und Brauchtag Die Volksfrömmigkeit im Mittelalter ließ quasi den „Dreikönigstag“ entstehen und machte ihn zu einem bedeutenden Brauchtermin, besonders dann ab dem 16. Jahrhundert in katholischen Gebieten. Er beendete den weihnachts- und neujahrszeitlichen Festkreis, in dem man Lieder singend und Glück wünschend Gaben heischt; als Sternensingerei hat sich dies auch nach 1945 neu gestaltet erhalten.

Aber auch all die Jahresendbräuche, die wir heute von Silvester und Neujahr her kennen, waren am früheren Hochneujahr üblich: besonderes Essen (Dreikönigsmahl oder Dreinachtmahl), Umzüge mit Lärm und Masken, fröhliche Familienfeiern, Orakelbräuche, von denen sich zumeist nur das Bleigießen erhalten hat – und sei es als Partyspaß. Wie viele andere Tage galt der Dreikönigstag im Volksglauben nämlich als ein Lostag, an dem man durch verschiedene Orakelbräuche Geschehnisse oder das Wetter der nächsten Zeit vorhersagen konnte. Auch dies hatte einen alltagspraktischen Bezug: In agrarischen Gesellschaften, wie es auch Deutschland bis etwa 1850 vorrangig eine war, spielte der Ernteertrag für das Jahreseinkommen der Familien eine herausragende Rolle, weshalb dem Wetter und seiner Vorhersage eine große existenzielle Bedeutung zugemessen wurde – ablesbar zum Beispiel auch in den Bauern- oder Wetterregeln.

Viel bedeutsamer aus heutiger Sicht war aber, dass der Dreikönigstag den Beginn der Fastnachtszeit anzeigt. Noch heute beginnt deshalb in den Hochburgen des Frohsinns in Deutschland am 6. Januar die „heiße“ Zeit des närrischen Treibens, die eigentliche Saison. Schließlich soll nicht unerwähnt bleiben, dass der 6. Januar auch der Namenstag für die Träger der drei Namen der Drei Könige ist: Kaspar, Melchior und Balthasar. Diese Namen erhielten sie aber erst im 8./9. Jahrhundert und als solche galten sie dann im Mittelalter als Patrone u. a. der Reisenden und Pilger, aber auch der Gasthäuser, der Reiter und gegen Zauberei – da ist er wieder da, der Bezug zu den Zwölf Nächten.

Übrigens hat das mancherorts am 6. Januar gefeierte Bohnenfest viel mit dem Datum, aber inhaltlich nur bedingt mit den Drei Königen gemeinsam – es wird ein Bohnenkönig gekürt, der eine Art Karnevalsherrschaft verkörpert.



*****

Literatur:

- Manfred Becker-Huberti, Die Heiligen Drei Könige. Geschichten, Legenden und Bräuche, Köln 2005

- Manfred Becker-Huberti: Lexikon der Feste und Bräuche, Freiburg im Breisgau 2000, S. 71-74 (Artikel Dreikönige, Dreikönigsfest) und 344-345 (Artikel Raunächte)

- Handwörterbuch des deutschen Aberglaubens, hrsg, von Hanns-Bechtold-Stäubli unter Mitwirkung von Eduard Hoffmann Krayer, Bd. 2, Berlin und Leipzig 1930, Sp. 448-462 (Artikel „Dreikönige“, „Dreikönigssegen“)


Bildquellen:

Die Anbetung der Könige von Josef Moroder-Lusenberg (1846–1939), gemeinfrei

Dreikönigsbild des Meisters von Meßkirch, um 1538, gemeinfrei

Zeitungs-Illustration der Sternsinger in Österreich aus dem Jahr 1898, gemeinfrei

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