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Mitgelaufen

Christoph Werner

Das Buch „Mitgelaufen“ ist nicht wie andere Bücher über das Leben in der DDR. Hier liegt nicht der Fokus auf Mangelwirtschaft, einer allmächtigen Partei und der Staatssicherheit. Der Autor ist auch kein Opfer des Regimes, dem schreckliches widerfahren ist. Er gehört zu der großen Masse derjenigen, die sich als Rädchen im Mechanismus der DDR-Diktatur gedreht haben. Christoph Werner bricht mit seinem Buch das Schweigen der Mitläufer. Er stellt sich seiner eigenen Vergangenheit und dem Wissen, dass er selbst durch seine Zurückhaltung oder auch lautstarke Zustimmung das alte System lange am Leben erhalten hat. Jahrzehnte nach dem Mauerfall eröffnet er damit vor allem der heranwachsenden Generation, welche die DDR nur noch vom Hörensagen kennt, einen ganz neuen Blickwinkel auf ihre Geschichte.

Ohne Anklage und ohne den Versuch der Rechtfertigung wagt er eine kritische Betrachtung aus dem eigenen Erleben und gewährt Einblicke in eine vergangene Zeit.
Möge der Leser nicht mit dem Zeigefinger auf ihn zeigen, sondern sich fragen, wie oft er heute selbst dem Mainstream folgt oder mutig zu sich selbst und seiner Meinung steht.

Die Gefallsüchtige und der Spiegel

Die Gefallsüchtige und der Spiegel

Jean-Pierre Claris de Florian

Ein hübsches Mädchen war sehr eitel und voller Stolz auf seine Schönheit. Wenn es morgens erwachte, ging sein erster Griff zu seinem Spiegel, den es dann in seiner Hand bewegte, um sich von allen Seiten bewundern zu können. Der Spiegel wurde ihm zum treuesten Freund. Ihm teilte sie all ihre Gedanken, Träume und Erlebnisse mit. Eines Tages kam eine Biene angeflogen und umschwirrte die schöne Maid. Die fühlte sich in ihren Selbstbetrachtungen gestört und versuchte, die Biene zu verjagen. Immer wieder schlug sie nach ihr, doch es blieb vergebens. Die Biene wurde angriffslustig und stach die Schöne in ihre Lippe. Vergeblich rief sie um Hilfe, auch der Spiegel konnte ihr nur anzeigen, dass ihre Lippe anschwoll. Vom Schmerz geplagt, schlug sie wieder nach der Biene und wollte sie töten.

Da rief die Biene ihr zu: „Ich war im Irrtum. Der Dame Mund ist gar zu schön. Ich konnte nicht anders und hielt ihn für eine Rose.“

Diese Worte gefielen dem Mädchen. Es bedachte sich kurz und sagte dann zu seinem Spiegel: „Die Wunde, die mir zugefügt wurde, ist nicht so bedeutend und schmerzt kaum mehr. Auch hat sich die Biene ja bei mir entschuldigt. Also will ich ihr ihren Irrtum großzügig verzeihen.“

Fazit: Wer zu schmeicheln versteht und Weihrauch streut, dem geht
vor allem bei eitlen Menschen vieles durch.

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Nacherzählt von Florian Russi

Vorschaubild : Georg Pressler, Public domain, via Wikimedia Commons

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