Vor langer Zeit lebte ein Graf in seiner Burg inmitten der ihm gehörenden Ländereien. Damals gab es fast keine Industrie. Der Burgherr und seine Untertanen lebten von der Landwirtschaft. Die Ländereien wurden von Knechten und Leibeigenen bewirtschaftet oder waren an selbstständige Bauern verpachtet.
Direkt anschließend an die Besitztümer des Grafen lag ein Kloster, zu dem ebenfalls ein großer Landbesitz gehörte. Abt, also Vorsteher dieses Klosters, war ein Vetter des Grafen. Die beiden trafen sich gelegentlich zu familiären Anlässen, mochten sich aus verschiedenen Gründen allerdings nicht leiden.
Umso mehr war der Graf empört, als er immer öfter feststellen musste, dass die Bauern auf den Ländereien des Abtes erheblich reichere Ernteergebnisse einfuhren als die, welche für ihn tätig waren. Besonders deutlich wurde dies in einem Jahr, in dem das Wetter umweltschädliche Kapriolen schlug und in seinem Herrschaftsgebiet eine Hungersnot auslöste. Im Bereich des Klosters gab es zwar ebenfalls markante Ernteausfälle, doch blieb den Klosterbrüdern immer noch genug, um auf den Märkten des Landes überschüssige Waren zu verteuerten Preisen zum Kauf anzubieten.
Da rief der Graf nach seinem obersten Gutsverwalter, verwünschte ihn und forderte von ihm eine Erklärung für die unterschiedlichen Ernteergebnisse.
„Ich kann Eurer Durchlaucht nicht sagen, woran es liegt“, antwortete der Verwalter verzweifelt. „Eurer Vetter ist ein frommer Mann und im Kloster wird viel gebetet. Vielleicht hat der Himmel ein Nachsehen mit ihm und beschenkt ihn deshalb mit reicheren Ernten.“
„Das ist Unsinn“, erwiderte der Graf erbost. Er beauftragte einige seiner Höflinge, unter verschiedenen Vorwänden das Kloster aufzusuchen und die dort tätigen Bauern auszufragen, ob sie bestimmte Methoden kannten, mit denen sich die Fruchtbarkeit von Äckern und Feldern steigern ließe. Doch keiner von ihnen konnte ihm eine befriedigende Antwort liefern. Da meldete er seinen jüngsten Sohn im Kloster als Novize an. Der wurde Mitglied der Klosterbruderschaft und konnte seinem Vater folgendes berichten: „Tatsächlich sind die Ländereien des Klosters fruchtbarer als deine. Das liegt aber weder an den Gebeten der Mönche noch an bestimmten Anbaumethoden. Grund sind naturwissenschaftliche Kenntnisse, wie sie in vielen Klosterbibliotheken zu finden sind. Einer der Klosterbrüder ist das ganze Jahr über damit beschäftigt, Würmer zu züchten. Die setzt er in großer Zahl in den Feldern aus, wo sie die Erde durchwühlen, Pflanzenreste fressen und verdauen sowie den Boden auflockern. Das führt ohne Zutun des Menschen zu erhöhter Fruchtbarkeit.“
Fazit: Der wichtigste Weg zum Erfolg sind gute Kenntnisse in vielen Bereichen.
Oder: Hinter wirtschaftlichem Erfolg stecken oft einfache Betriebsgeheimnisse.