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Mitgelaufen

Christoph Werner

Das Buch „Mitgelaufen“ ist nicht wie andere Bücher über das Leben in der DDR. Hier liegt nicht der Fokus auf Mangelwirtschaft, einer allmächtigen Partei und der Staatssicherheit. Der Autor ist auch kein Opfer des Regimes, dem schreckliches widerfahren ist. Er gehört zu der großen Masse derjenigen, die sich als Rädchen im Mechanismus der DDR-Diktatur gedreht haben. Christoph Werner bricht mit seinem Buch das Schweigen der Mitläufer. Er stellt sich seiner eigenen Vergangenheit und dem Wissen, dass er selbst durch seine Zurückhaltung oder auch lautstarke Zustimmung das alte System lange am Leben erhalten hat. Jahrzehnte nach dem Mauerfall eröffnet er damit vor allem der heranwachsenden Generation, welche die DDR nur noch vom Hörensagen kennt, einen ganz neuen Blickwinkel auf ihre Geschichte.

Ohne Anklage und ohne den Versuch der Rechtfertigung wagt er eine kritische Betrachtung aus dem eigenen Erleben und gewährt Einblicke in eine vergangene Zeit.
Möge der Leser nicht mit dem Zeigefinger auf ihn zeigen, sondern sich fragen, wie oft er heute selbst dem Mainstream folgt oder mutig zu sich selbst und seiner Meinung steht.

Die beiden Schiffbrüchigen

Die beiden Schiffbrüchigen

Florian Russi

Ein Schiff geriet in einen wilden Sturm. Es wurde gegen ein Riff geschleudert und versank. Nur zwei Passagieren gelang es, sich auf einer Planke zu retten und zur nahen Insel zu schwimmen. Die Insel war unbewohnt, aber voller Früchte. Da sagte der eine Schiffsbrüchige zum anderen: „Ich bin Reisekaufmann und kenne mich aus. Es wird nicht lange dauern, bis man uns suchen und retten wird. Bis dahin werde ich ein wenig durch das Gelände streifen, mich sonnen und von den vielen Früchten essen.“

Der andere erwiderte: „Ich bin von Beruf Erdkundelehrer und ich weiß, dass es auf diesem großen Meer immer wieder zu gewaltigen Stürmen und Niederschlägen kommt. Um sicher zu gehen, werde ich mir einen Unterschlupf bauen und einen Vorrat von Früchten anlegen.“

Da spottete der Kaufmann über den Lehrer und sagte: „Typisch Lehrer. Er weiß alles besser als andere. Ich dagegen werde es mir bequem machen und meiner Rettung gelassen entgegensehen.“

Es dauerte etliche Tage ohne dass nach den beiden auf der Insel gesucht wurde.

Wie es der Erdkundelehrer vorausgesagt hatte, brach plötzlich ein fürchterliches Unwetter über die Insel herein. Gerade noch rechtzeitig war der Lehrer mit dem Bau seines Unterschlupfs fertig geworden. Er verkroch sich darin und hoffte, dass Sturm und Regen bald vorrübergehen würden.

Da kam der Kaufmann schwer atmend herbeigelaufen und rief: „Lass mich zu dir, sonst komme ich um.“ Der Lehrer antwortete ihm: „Der Unterschlupf ist viel zu eng für uns beide, er reicht gerade eben für mich allein.“

Da griff der Kaufmann nach einem Ast, drang in den Unterschlupf ein, tötete den Lehrer und nahm dessen Stelle ein.

Nachdem das Unwetter vorbei war, zog er die Leiche ins Meer und beseitigte deren Spuren.

Es dauerte noch eine Weile, dann erschien ein Hubschrauber am Himmel. Ein Suchtrupp entdeckte den wild gestikulierenden Kaufmann und rettete ihn. In den Medien wurde er als der einzige Überlebende eines tragischen Unglücks gefeiert.

Fazit: Wer klug und besonnen ist, muss immer auch mit dem schlimmsten rechnen.

*****
Versunkenes Schiff von Gerhard Lipold via pixbay.com, gemeinfrei

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