Er war ein grausamer Tyrann, herrschte mit eiserner Gewalt über sein Land, verfolgte alle, die ihm im Wege standen, ließ ungezählte Menschen ermorden, war unberechenbar und selbstsüchtig. Nun fand ihn ein Diener nach einer durchzechten Nacht tief angeschlagen auf dem Boden liegen. Nur ab und zu erwachte er aus seiner Ohnmacht, konnte aber nicht reden, nur seine hasserfüllten Blicke zeigten, was er dachte. Der Diener rief nach dem Leibarzt des Tyrannen. Der versuchte einen Kollegen vorzuschicken. Doch der antwortete ihm: „Mach das mal schön selber. Du bist der Mediziner, dem er noch vertraut. Alle anderen hat er hinrichten oder ins Gefängnis werfen lassen.“
Der Leibarzt brach also auf, um den Tyrannen zu untersuchen. Gleichzeitig veranlasste er, dass die wichtigsten Regierungsmitglieder herbeigerufen wurden. Sie hatten mit dem Tyrannen gezecht und der Leibarzt wollte, dass sie bezeugen sollten, dass er sich um das Leben des Tyrannen bemühte. Schließlich knieten oder standen alle um ihn herum. Niemand traute sich, den Daniederliegenden aufzuheben und vielleicht seinen Zorn auf sich zu ziehen. Der Arzt setzte eine Spritze an, ein Regierungsmitglied hub an, eine Lobrede auf den Tyrannen zu halten, andere stimmten ein, doch der reagierte mit einem Blick voller Hass. Einer in der Runde rief Gott zu Hilfe, doch das kam gar nicht gut an. Keiner der Anwesenden hatte je eine religiöse Bindung gehabt.
„Ich werde mich aufmachen und dafür sorgen, dass es in der Bevölkerung keine Unruhe gibt“, erklärte der Innenminister, der zugleich für den Geheimdienst zuständig war. „Du bleibst schön hier, wie wir alle“, erklärten darauf die anderen. Zu Recht befürchteten sie, dass der Innenminister seine Agenten mobilisieren wollte, um die Nachfolge des Tyrannen antreten zu können. Da sagte der Innenminister: „Seid froh, dass ich der Chef des Geheimdienstes bin. Sonst würdet ihr nicht mehr hier stehen. Er hatte vor, uns alle umzubringen, hat jeden von uns verabscheut. Sein Verfolgungswahn war grenzenlos. Ich bin ihm zuvorgekommen. Sonst läge er nicht hier. Ihr verdankt mir euer Leben.“
Zwei Stunden später starb der Tyrann und wurde mit viel Pomp bestattet. Unter den Regierungsmitgliedern aber brach ein Kampf um die Machtfolge aus. Dabei wurden einige von ihnen erschossen, andere zogen sich zurück, der größte Lump setzte sich durch. Eine neue Tyrannei begann.
Fazit: Gegen größenwahnsinnige und brutale Menschen hilft tatsächlich nur der Tyrannenmord. Doch der muss Allen zugutekommen, nicht nur den wenigen, die seine Herrschaft fortsetzen wollen.
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