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Der verliebte Schwan und 35 weitere Fabeln

»Die Fabeln von Florian Russi spiegeln unser tägliches Verhalten wider. Sie regen an zum kreativen Nachdenken über sich selbst. Nicht belehrend, sondern unterhaltend. Deswegen sind Fabeln heute wieder so modern.« Benedikt Otto, mdr

ISBN 978-3-95462-708-0

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Der Sängerstreit vom Hexenberg

Der Sängerstreit vom Hexenberg

Florian Russi

Auf einer Wiese auf dem Hexenberg in Bergern trafen sich eine Krähe, ein Hahn und eine Katze und stritten darüber, wer von ihnen am besten singen könne. Jeder von ihnen gab seine Laute von sich und bestand darauf, der beste Sänger zu sein. Angelockt durch ihre Geräusche kam ein Fuchs herbeigelaufen. „Füchse sind schlaue Tiere“, sagte da die Krähe. „Drum soll er entscheiden, wer von uns am schönsten singen kann.“ Dieses Angebot nahmen sowohl der Fuchs als auch der Hahn und die Katze an und alle setzten sich in Positur. Als erstes trat die Krähe vor und fing an zu krähen. „Was ist das, was du uns da vorträgst?“, fragte der Fuchs. „Es ist eine Ballade über die Liebe einer Krähe zu einem Fuchs“, antwortete sie. Doch der Fuchs ließ sich nicht von ihr beeindrucken. „So ähnlich klingts, wenn hier in der Nähe Holz gesägt wird“, erklärte er und fand keine lobenden Worte für die Krähe. Als nächstes begann die Katze voller Hingabe zu miauen. „Heb deinen Gesang auf bis nach der Jagd“, sagte der Fuchs zu ihr. „Wenn du schon vorher singst, vertreibst du die Mäuse.“ „Außerdem“, so setzt er fort, „bist du eine sehr gewöhnliche Katze, eine mit weiß-grauem Fell, von denen es in der Welt hunderttausende gibt.“ Da plusterte sich der Hahn auf, spreizte sein buntes Gefieder und krähte sein gewohntes Kikeriki.

„Die armen Hühner, die sich das jeden Tag anhören müssen“, stänkerte der Fuchs. „Doch weil du ein wunderschönes buntes Gefieder und ein stolzes Auftreten hat, will ich dir den ersten Preis zuerkennen.“

„Das ist unfair“, empörte sich die Katze. „Wie willst du überhaupt unsere Stimmen beurteilen können? Mir ist nicht bekannt, dass es irgendwo einen Fuchs mit musikalischer Begabung geben würde.“ „Das mag sein“, antwortete der Fuchs. „Ich aber verfüge über einen guten Geschmack“, und um das zu beweisen, griff er sich den Hahn und biss ihm die Kehle durch. Entsetzt lief die Katze davon und versteckte sich. Auch die Krähe flog eiligst auf den nächsten Baum und begann, den Fuchs mit heftigem Gekrächzte zu beschimpfen.

„Das hättest du vorher bringen müssen“, rief der Fuchs ihr zur. „Wenn ich gewusst hätte, wie gut du zetern kannst, hätte ich dir den ersten Preis verliehen.“ Dann ließ er sich den Hahn schmecken.

*****

Teaserfoto: pixabay, aus drei Bildern zusammengefügt und neu bearbeitet von Carolin Eberhardt, Urheber der Bilder: Hahn - OpenClipart-Vectors - ; Krähe - ArtsyBee - ; Katze - Leunert; (gemeinfrei, kein Bildnachweis nötig)

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