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Sebastian Hennig

Kennst du Theodor Fontane?

Vom jungen Apotheker über den Balladendichter und Journalisten wurde Fontane zum gefeierten Reiseberichtautor und späten Romancier. Das Buch begleitet den Autor auf seinem Weg und stellt gleichzeitig die Frage: Was können uns Fontanes Beobachtungen heute noch sagen?

Der Diktator und sein General

Der Diktator und sein General

Florian Russi

Ein Diktator empfing den Oberbefehlshaber seiner Armee zum wöchentlichen Rapport. Wie gewöhnlich benutzte er das Treffen, um von sich selbst und seinen Überlegungen zu berichten. So sagte er: „Die Diktatur ist die von der menschlichen Natur vorgegebene Herrschaftsform. Für die meisten Menschen ist es schon ein Problem, wie sie am besten zur Arbeit gelangen und welche Kleidung sie für sich oder ihre Kinder kaufen sollen. Darüberhinausgehende Entscheidungen trauen sie sich nicht recht zu. In unserem Land bin ich es, der sie treffen muss. Ich allein bestimme. Wehe dem, der sich meinen Wünschen und Befehlen widersetzt! In diesem Zusammenhang muss ich feststellen, dass unsere Gefängnisse überfüllt sind. Um neue zu bauen, fehlt uns das Geld. Wir müssen also mehr unserer Gegner hinrichten. Die Gefängnisse sind zwar notwendig, sie schrecken aber manche nicht ab. Wer von mir nicht gewollt ist, hat kein Recht auf Leben. Ich bin der Herrscher des Landes und habe die Macht über alle.“

„Du hast wie immer Recht mit dem, was du sagst“, antwortete der General. „Die Diktatur ist die menschengerechte Herrschaftsform. Das aber heißt nicht, dass du der Diktator über unser Land sein sollst.“

„Bist du wahnsinnig geworden?“, herrschte der Diktator seinen General an. „Ich lasse dich sofort verhaften.“

„Das kannst du versuchen“, antwortete der General. „Dein Haus ist von meinen Truppen umstellt. Sie sind wie ich der Meinung, dass ich die Diktatur übernehmen soll. Es ist alles nur eine Frage der Macht. Ich werde dich verhaften und hinrichten lassen. Wenn du nicht mehr lebst, nutzen dir auch deine Anhänger nichts mehr.“

Fazit: Wichtiger als die Frage, wer herrschen soll, ist die, wie man einen ungeeigneten Herrscher bald wieder los wird. Das geht nur in einer Demokratie (Karl Popper)

 

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Vorschaubild: photos/unterdrückung-sieg-sieger-besiegt-3048645/, Urheber: Evgeni Tcherkasski auf Pixabay.

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