Der Herrscher eines Landes wollte sein Nachbarland in Besitz nehmen und überfiel es mit seinen Truppen. Das Nachbarland wehrte sich, es kam zum Krieg. Wie in jedem Krieg kam es zu Exzessen. Vor allem die Truppen des Herrschers begingen zahllose Verbrechen, töteten auch viele Zivilisten, Eltern und Kinder. Sie folterten, vergewaltigten, quälten und mordeten. In den Ländern der weiteren Umgebung löste das Angst und Empörung aus. Die meisten Menschen verurteilten den Angreifer, aber es gab auch viele, die aus verschiedenen Gründen dem Herrscher beipflichteten. Einer von ihnen tippte sich an die Stirn und erklärte: „Es ist doch völlig logisch: Das überfallene Land ist allein schuld an diesem Krieg. Denn gäbe es es nicht, hätte der Herrscher keinen Grund, dort einzumarschieren.“ Das sahen viele seiner Anhänger ein.
Eine andere Sympathisantin des Herrschers trat in die Öffentlichkeit und erklärte: „Wir sind doch alle für Frieden und wollen nicht, dass der Herrscher auch noch in unser Land einfällt. Deshalb müssen wir darauf hinwirken, dass er und das überfallene Land Friedensverhandlungen miteinander führen. Wer die Überfallenen unterstützt, verlängert den Krieg nur, denn der Herrscher wird seine Ziele nie aufgeben.“ Um ihren Willen noch zu unterstreichen, gründete sie ein „Friedensschwadron“, deren Vorsitz sie übernahm und für das sie eifrig Spenden sammelte.
Ein Philosoph und Politikwissenschaftler begleitete diese Stellungnahmen mit großem Erstaunen und erklärte: „Natürlich wollen wir alle Frieden. Ohne Frieden und Freiheit gibt es keine menschliche Entwicklung, hat schon Kant erkannt. Für ihn gehörte wesentlich aber auch die Vernunft dazu. Zur Vernunft wiederum gehören Erkenntnis, Logik, Redlichkeit und kritisches Unterscheidungsvermögen unbedingt dazu. Frieden bedeutet, dass niemand einen Krieg beginnt. Jeder Angriffskrieg ist ein Verbrechen.
Wenn ein Krieg einmal begonnen wurde, hilft es nicht, einfach nur „Frieden“ zu fordern. Das lenkt nur von dem Übel ab und grenzt oft an Heuchelei. Frieden heißt konkret in dieser Reihenfolge: Sofortige und bedingungslose Beendigung des militärischen Angriffs, Suche nach Verständigung und Zukunftssicherung, Vereinbarungen über Entschädigungen und Wiedergutmachung. Wer etwas anderes fordert, missbraucht das Wort Frieden und lenkt bewusst oder unbewusst von dem Problem ab.
Fazit: Hohe Worte ohne Inhalt helfen bei Problemen nicht weiter.
Oder: Kaum ein Wort ist so oft missbraucht worden wie „Frieden“.
Oder: Frieden findet nicht mit Worten, sondern mit Taten statt.
*****
Vorschaubild: illustrations/frieden-taube-friedenstaube-ostern-7074874/, Urheber: Maria auf Pixabay.