Ein Kaiser, der sehr eitel und größenwahnsinnig war, ließ jeden Morgen seinen Hofstaat antreten und sich und seine Taten lobpreisen. Täglich verlangte er eine größere Ehrerbietung, was die Mitglieder des Hofstaats in arge Bedrängnis versetzte. Alle Zeit, die ihnen zum Nachdenken verblieb, nutzten sie dazu, sich neue Lobpreisungen einfallen zu lassen und die vom Vortage zu übertreffen.
An einem Montag winkten alle mit Fähnchen und priesen ihn mit den Worten „Du bist der Klügste von allen Menschen“. Am Tag danach wedelten sie mit Palmenzweigen und jubelten: „Da steht er mitten unter uns, der Liebling des Volkes.“ Wieder einen Tag später senkten sie ihre Köpfe und priesen seine Hochherrlichkeit. Als nächstes nannten sie ihn den bedeutendsten Menschen im gesamten Weltall, dann einen göttlichen Herrscher und schließlich blieb ihnen nur noch: „Du bist Gott“ zu rufen.
Jetzt war die Verlegenheit groß. Was gab es noch, was über Gott stand. Dazu fiel ihnen nichts ein. Der Anführer der kaiserlichen Garde ordnete daher an, dass sich am folgenden Tag alle vor dem Kaiser zu geißeln hätten. „Er muss es sehen, das Blut muss spritzen“, sagte er. Doch was blieb danach noch? In ihrer Verzweiflung begingen alle am folgenden Tag vor dem Kaiser Selbstmord.
Als der Kaiser später wieder seinen Hofstaat empfangen wollte, war nur noch einer von diesem übrig geblieben. Er hatte den gemeinsamen Suizid zufällig überlebt. Er fiel vor dem Kaiser nieder und flehte: „Darf ich dir die Füße küssen?“
„Ich bin Gott und habe keine Füße“, antwortete der Kaiser. „Werfe dich zu Boden und küsse deinen eigenen Arsch! – Na mach schon! Du kannst es nicht? Klar doch, dass ich mich vor so viel Schwäche und Versagen über alle Sterne erheben muss.“
Fazit: Auch die Unterwürfigkeit stößt an Grenzen.
Oder:
Viele Herrscher leiden an Cäsarenwahn, aber nicht sie, sondern ihre Untertanen haben zu leiden.