Es war einmal ein einsamer Kamelspinnerich, der in der Wüste lebte und sich nichts sehnlicher wünschte, als Freunde zu haben. Mit seinen scharfen Zähnen, seinem haarigen Körper und seinem insgesamt hässlichen Aussehen hatten alle Tiere Angst vor dem Spinnerich. Wo er auch hinkam, flüchteten sie bei seinem Anblick in alle Himmelsrichtungen. Einer seiner Träume war es, mit den Skorpionen befreundet zu sein.
Also ging er zu ihnen und sagte: »Hi, ich bin die Kamelspinne, wie geht es euch?«
Die Skorpione antworteten: »Igitt, wie siehst du denn aus?!«
Traurig kroch der Kamelspinnerich unter seinen Stein zurück.
Ein paar Stunden später hörte er wütendes Geblöke und Getrampel. Neugierig schaute er nach, was los sei, und sah, dass die Skorpione von einem Kamel angegriffen wurden. Also dachte er sich: ›Wenn ich sie rette, dann werden sie mich vielleicht mögen.‹ Blitzschnell rannte der Kamelspinnerich zu dem Kamel, baute sich in seiner vollen Größe vor ihm auf, fletschte seine Zähne und rief: »Hey, lass sie in Ruhe, sonst beiß’ ich dich!«
Das Kamel bekam einen Riesenschreck, wusste es doch nur zu gut, wie schmerzhaft solch ein Biss sein konnte, und rannte weg. Die Skorpione bedankten sich tausendmal bei dem mutigen Kamelspinnerich und entschuldigten sich dafür, was sie zu ihm gesagt hatten. Von da an waren sie beste Freunde.
Sich niemals von dem Aussehen des Anderen täuschen lassen – das Aussehen sagt nichts über den Charakter aus.
Ole Jens Otterstedt, Klasse 7, Sharjah
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Textquelle:
Entnommen aus: Fabula Madrasa, Halle: mdv, 2020, S.28f.
Bildquelle:
Vorschaubild: Wüstenlandschaft, 2017, Urheber: photo-graphe via Pixabay CCO; Spinne Silhouette, 2018, Urheber: mohamed_hassan via Pixabay CCO; Spinnennetz Spinne, 2016, Urheber: OpenClipart-Vectors via Pixabay CCO; Skorpion, 2017, Urheber: mohamed_hassan via Pixabay CCO; Strauch, 2016, Urheber: cocoparisienne via Pixabay CCO; neu bearbeitet von Carolin Eberhardt.