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Friedrich Albrecht
Kennst du Anna Seghers?

Von den Träumen, den Werken und dem Leben der Anna Seghers, das man kurz als aher abenteuerlich bezeichnen kann, erzählt dieses Buch. 

Seelenpest

Seelenpest

Florian Russi

Drohende Gefahr durch psychische Krankheiten

In der Mitte des 14. Jahrhunderts rollte auf Europa eine Pestwelle zu. Millionen Menschen hatten Angst um ihr Leben. Leider zu Recht. Die Pestepidemie breitete sich über den ganzen Kontinent aus. Unzählige Menschen wurden von schwelenden Beulen befallen, litten unsägliche Qualen, wurden sich selbst überlassen und starben schmerzvoll und elend den „schwarzen Tod“. In ganz Europa verloren 1/3 der Bewohner ihr Leben, in einigen Gegenden waren es mehr als 70 Prozent.

Die Pest hat ihren Namen vom lateinischen Wort „pestis“, welches Seuche bedeutet. Sie ist eine Infektionskrankheit, die sich schnell und weit ausbreiten kann. Man spricht dann von einer Epidemie. Die Pest ist ebenso wie die Cholera, das Gelbe Fieber oder die Spanische Grippe eine Seuche die den menschlichen Körper befällt und zerstört.

Längst ist in der medizinischen Wissenschaft bekannt, dass Menschen nicht nur an körperlichen, sondern auch an geistigen und seelischen Krankheiten leiden können. Als seelische Krankheiten gelten zum Beispiel ADHS, Phobien, Depressionen, Burnout, Alkohol- und andere Süchte, Schizophrenie, narzisstische Persönlichkeitsstörungen, Selbstüberschätzung, Größenwahn (Megalomanie).

Auch seelische Krankheiten können ansteckend sein. So kennt man das Problem des Co-Alkoholismus und die Wirkung von destruktivem Verhalten in Gruppen. Man weiß, wie schnell Suizide oder Amokläufe Nachahmer finden und Empörungen einzelner im Internet sogenannte Shitstormes auslösen können, bei denen die Beteiligten jeden Anstand verlieren, den man zuvor noch als sittliche Norm vorausgesetzt hätte.

Übertragbare Krankheiten können aber auch zu Epidemien führen, und davor muss sich die Menschheit schützen.

Augsburger Pesttafel aus den Jahren 1607-1635, Unbekannt - Deutsches Historisches Museum Berlin
Augsburger Pesttafel aus den Jahren 1607-1635, Unbekannt - Deutsches Historisches Museum Berlin

Es hat den Anschein, dass die Welt derzeit von einer seelischen Epidemie heimgesucht wird. Anders lässt sich das Verhalten vieler heutiger Menschen, vor allem vieler Politiker und auch ihrer Wähler nicht erklären. Da werden in Selbstüberschätzung Lösungen versprochen, von denen man wissen müsste, dass sie nicht zu halten sind, da wird widersinnig heute so und morgen anders entschieden, da wird gelogen und betrogen, da werden Rechte verletzt, Verträge gebrochen, Menschenrechte missachtet und sich in durch nichts zu begründender Überheblichkeit Zuständigkeiten angemaßt, für die es keine Rechtfertigung gibt. Es werden Religionen, die eigentlich das Heil aller Menschen anstreben sollten, dazu missbraucht, andere zu misshandeln und zu töten.

„Das ist die Pest“, höre ich den Bruder Markus in „Romeo und Julia“ rufen. Es ist eine Seelenpest, eine Seuche, die nach dem psychischen und geistigen Verhalten der Menschen greift. Im Unterschied zu den Seuchen, welche die körperlichen Organe angreifen, sind sie nicht so leicht zu diagnostizieren und werden von den Betroffenen selbst oft nicht bemerkt. Überheblichkeit oder Größenwahn lösen bei ihnen selbst keinen unmittelbaren Leidensdruck aus. Außerdem finden sie häufig in Form von „Borderline“, das heißt Grenzlinien statt. Betroffene können sich immer wieder auch ganz normal verhalten.

Historiker heben hervor, dass die Pest auch soziale Vorteile zur Folge gehabt hatte. Da so viele Menschen gestorben seien, hätten andere deren Vermögen geerbt und dadurch sei der materielle Wohlstand in den betroffenen Ländern gestiegen. Seelische Krankheiten dagegen führen bei den davon Befallenen nicht zum Tod. Sie überleben und können weitermachen. Zu Tode kommen nur diejenigen, die sie dabei aus dem Weg räumen.

Die medizinische Wissenschaft und die menschliche Gesellschaft stehen vor einer ungeheuren Aufgabe. Sie müssen nach Wegen suchen, der Seelenpest Paroli zu bieten. Die Zeit drängt.

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