Deutschland-Lese

Gehe zu Navigation | Seiteninhalt
Deutschland-Lese
Unser Leseangebot

Berndt Seite

Der Traum des Mauerseglers

Berndt Seites Gedichte schätzen die Kraft des Moments. Sie tauchen in ihn ein, entdecken Höhen und Abgründe und legen dabei Vers für Vers frei, wie wir durch das Leben gehen, wer wir sein wollen und wer wir – manchmal wider Willen – dabei werden.

Es sind Gedichte, die träumen, schimpfen und scherzen, sie führen uns von leisen Beobachtungen hin zu den ersten Fragen, die damit ringen, womöglich zu den letzten zu gehören.

„Entschuldigung“

„Entschuldigung“

Florian Russi

Vom Missbrauch eines Wortes

Die sich häufenden Missbrauchsskandale innerhalb der Kirchen, Sportverbände, Kinderheime u. a. geben eine Kette von schlimmsten Verbrechen und deren Vertuschung wider. Bei der Bewältigung dieser Verbrechen kann man nur mit Kopfschütteln feststellen, dass immer wieder auch ein Wort missbraucht wird: „Entschuldigung“. Es heißt dann: „Der- oder diejenige hätten sich längst entschuldigen müssen“, „XY kann sich nicht zur Entschuldigung durchringen“, bzw. „Ein Teil von Ihnen hat sich entschuldigt“ oder „Wo bleibt die Entschuldigung?“. Ich sage Ihnen, wo sie bleibt: im Bereich der Anmaßung und Unverschämtheit.

Wenn ich ein Verbrechen begehe, lade ich Schuld auf mich. Von dieser Schuld kann ich mich in der Regel nicht selbst befreien. Ich kann nur den Geschädigten um Entschuldigung oder Verzeihung bitten. Verbunden damit sollte ein Schadenersatz und Ausgleichsopfer sein. Entschuldigen selbst kann nur der Missbrauchte, Geschädigte, das Opfer.

Während meiner Studentenzeit kursierte folgender Witz: „Ein Mann rammte einem anderen versehentlich gegen dessen Schienbein. Da schrie der Geschädigte auf und fluchte. Der Täter aber schüttete den Kopf: „Was wollen S‘ denn. Ich hab doch Hoppla gesagt.“

So jedenfalls kann Entschuldigung nicht laufen. Es geht um Einsicht des Täters, Verzeihung durch das Opfer, Täter-Opferausgleich und den erkennbaren Willen des Täters, seine Tat nicht zu wiederholen. So ähnlich formuliert es ja auch die Sündenlehre der christlichen Kirchen.

*****

Vorschaubild: Hanni Kowalczyk, CC BY-SA 4.0, via Wikimedia Commons

Weitere Beiträge dieser Rubrik

Glaube und Liebe
von Florian Russi
MEHR
Brexit - Phrexit?
von Florian Russi
MEHR
Anzeige
Unsere Website benutzt Cookies. Durch die weitere Nutzung unserer Inhalte stimmen Sie der Verwendung zu. Akzeptieren Weitere Informationen