Deutschland-Lese

Gehe zu Navigation | Seiteninhalt
Deutschland-Lese
Unser Leseangebot

Hans-Jürgen Malles
Kennst du Friedrich Hölderlin?

Seine Werke gehört neben denen Goethes und Schillers zu den bedeutendsten der deutschen Klassik, auch wenn sein Leben im Wahnsinn endete. Eine Hinführung zum Verständnis von Hölderlins Persönlichkeit und Werk bietet Deutschlehrer Malles hier. Der Leser erhält Einblicke in ein facettenreiches Leben voller Höhen und Tiefen und darf teilhaben an Hölderlins Begeisterung für die Französische Revolution und die griechische Antike. Auch die Liebe zu Susette Gontard soll nicht unerwähnt bleiben.

Die Schnitterin

Die Schnitterin

Gustav Falke

Die Ballade von Falke (1853-1916) berichtet von einer armen Frau, die ihren Mann und zwei ihrer Söhne verloren hat. Nun hat der Graf auch noch den letzten ihr verbliebenen Sohn zum Tod verurteilt. Für das Leben dieses Sohnes ist die verzweifelte Mutter bereit, alles zu geben. Zynisch nutzt der Landesherr diese Situation, die ihm allerdings keinen Gewinn bringt. Er verliert die fleißige Frau und behält den nichtsnutzigen Sohn.

Florian Russi

War einst ein Knecht, einer Witwe Sohn,
Der hatte sich schwer vergangen.
Da sprach sein Herr: "Du bekommst deinen Lohn,
Morgen musst du hangen."

Als das seiner Mutter kund getan,
Auf die Erde fiel sie mit Schreien:
"O, lieber Herr Graf, und hört mich an,
Er ist der letzte von dreien.

Den ersten schluckte die schwarze See,
Seinen Vater schon musste sie haben,
Dem andern haben in Schonens Schnee
Eure schwedischen Feinde begraben.

Und lasst ihr mir den letzten nicht
Und hat er sich vergangen,
Lasst meines Alters Trost und Licht
Nicht schmählich am Galgen hangen!"

Die Sonne hell im Mittag stand,
Der Graf sass hoch zu Pferde,
Das jammernde Weib hielt sein Gewand
Und schrie vor ihm auf der Erde.

Da rief er: "Gut, eh die Sonne geht,
Kannst du drei Aecker mir schneiden,
Drei Aecker Gerste, dein Sohn besteht,
Den Tod soll er nicht leiden." 


Schnitter in Bergsulza (Gemälde
von Leopold von Kalckreuth 1888)

 

So trieb er Spott, hart gelaunt,
Und ist seines Weges geritten.
Am Abend aber, der Strenge staunt,
Drei Aecker waren geschnitten.

Was stolz im Halm stand über Tag,
Sank hin, er musst es schon glauben.
Und dort, was war's, was am Feldrain lag?
Sein Schimmel stieg mit Schnauben.

Drei Aecker Gerste, ums Abendrot,
Lagen in breiten Schwaden,
Daneben die Mutter, und die war tot.
So kam der Knecht zu Gnaden.

 

*****

Vorschaubild: Weizenfeld mit Hocken und Schnitter von Vincent van Gogh (1888)

Weitere Beiträge dieser Rubrik

Der König in Thule
von Johann Wolfgang von Goethe
MEHR
Die alte Waschfrau
von Adelbert von Chamisso
MEHR
Des Sängers Fluch
von Ludwig Uhland
MEHR
Die beschränkte Frau
von Annette von Droste-Hülshoff
MEHR
Der Handschuh
von Friedrich Schiller
MEHR
Anzeige
Unsere Website benutzt Cookies. Durch die weitere Nutzung unserer Inhalte stimmen Sie der Verwendung zu. Akzeptieren Weitere Informationen