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André Barz
Kennst du E.T.A. Hoffmann?

"Erlaubst du, geneigter Leser, ein Wort? Hättest du nicht Lust auf einen Tee oder eine heiße Schokolade? Vielleicht magst du aber auch lieber einen Punsch, so wie ich?"

Dieses Buch, versehen mit allerlei Bildern und Zeichnungen, macht es leicht E.T.A. Hoffmann kennenzulernen. Das Beste daran ist, der "erste Fantasy-Dichter" erzählt ganz persönlich sein Leben, davon, wie er eigentlich Musiker werden wollte und dann doch Schriftsteller geworden ist, obwohl ihn das nie interessiert hat, und von seinen Erfahrungen mit der Liebe. Nebenbei gibt er einige seiner Märchen und Erzählungen zum besten.

Theodor Storm (1817-1888)

Theodor Storm (1817-1888)

Georg Bürke

Der Marktplatz von Husum mit dem Rathaus um 1895
Der Marktplatz von Husum mit dem Rathaus um 1895

Aus Husum ("die graue Stadt am grauen Meer") in der Landschaft Dithmarschen (Holstein, damals dänisch) stammt der Sohn eines Advokaten. Vom Vater erbte er die Lust am Erzählen, von Mutter und Großmutter die Vorliebe für vergilbte Vergangenheit. Die Eltern verstanden besonders gut, Hausfeste zu feiern, bes. Weihnachten. Vom Christentum wurde nicht gesprochen. Dieses Erbe und die an alten Überlieferungen und Naturschönheiten reiche Umgebung seiner Heimat spiegeln sich später in der Dichtung Storms. Er besuchte das Gymnasium in Lübeck (dichterische Anregung durch Heine und Eichendorff) und studierte anschließen in Kiel Rechtswissenschaften (zusammen mit den Brüdern Theodor und Tycho Mommsen, den späteren berühmten Philologen und Geschichtsschreibern, die Storm mit Mörikes Dichtung bekanntmachten, an der Storm die eigene Art entdeckte). Danach wirkte er als Rechtsanwalt in Husum. Wegen seiner deutschen Gesinnung während der Erhebung Schleswig-Holsteins 1852 wurde er von der dänischen Regierung mit der Familie des Landes verwiesen. Er wurde Richter in Berlin (1853-1856) und Heiligenstadt auf dem Eichsfeld (1856-1864). 1855 reiste er nach Süddeutschland und traf mit Mörike zusammen.

Ab 1864 war er Landvogt in der Heimatstadt Husum, in dessen Nähe er starb. Storm war zweimal verheiratet: zuerst mit seiner Cousine Constanze Esmarch, die 1865 bei der Geburt des 7. Kindes starb, was den Dichter zutiefst traf und ihm die Lebensfreude raubte; dann mit Dorothea Jensen, seiner Jugendliebe. (In der Novelle "Viola tricolor" ringt der Dichter mit dem Zweifel, inwieweit ein Mann das Recht habe, eine zweite Ehe einzugehen.)
Storms Weltanschauung war bürgerlich-liberal. Er war ungläubig, ohne Glauben an Unsterblichkeit. Seine Lebenseinstellung (genährt aus schwerem Gemüt, bitteren Erlebnissen, Beruf als Richter) war pessimistisch.
Der ungläubig-pessimistischen Weltanschauung entspringt teilweise der elegische Grundton seiner Dichtung: Melancholie, wehmutige Resignation, Gefühl letzter er-schreckender Einsamkeit des Menschen, erschütternde Tragik, Blick für die Schauer unwiederbringlicher Vergänglichkeit allen Lebens. ("Wenn wir uns recht besinnen, so lebt, doch die Menschenkreatur jede für sich, in fürchterlicher Einsamkeit, ein verlorener Punkt in dem unvermessenen und unverstandenen Raum"). Selten zeigte er sich humorvoll und heiter. - Wie der Dichter, so leiden auch seine Menschen an der Einsamkeit und vergraben sich daher in das grüblerische und träumerische Innere (Versonnenheit) oder in die Vergangenheit. Nur die Erinnerung bleibt ihnen als einziges Unverlierbares in aller Vergänglichkeit.

Storm schrieb 56 Novellen. Fast alle sind mehr oder weniger Erinnerungsnovellen.
Entweder erzählt der Dichter aus eigener Erinnerung oder er lässt in Rahmenerzählungen andere aus der Erinnerung schöpfen oder er schöpft aus alten Chroniken oder sonstigen vergilbten Papieren. Fast nie zeigt er die Welt unmittelbar, sondern im Spiegel des Traumes oder der Erinnerung. Aus der Erinnerung steigen die Schatten der Vergänglichkeit, der Melancholie. Die Ichform verinnerlicht die Vorgänge. - Das Lebensgefühl träumerischer Einsamkeit und wehmütiger Vergänglichkeit mündet in wehmütigem Verzicht (Resignation, Fatalismus) vor allem in den frühen Novellen, die aus starkem Eigenleben hervorgehen: Resignationsnovellen. Die Gestalten lassen sich treiben von unbewussten, aus dunklen Seelentiefen aufsteigenden Gefühlen, mutlos, willenlos, widerstandslos, tatenlos. Sie verzichten auf das erhoffe Glück und versenken sich in beschauliches Erinnern. In den späteren Novellen (etwa seit 1860) reift ein männlicherer Realismus, eine tatsachennähere Kunst, mit starker Betonung der oft erschütternd düsteren Tragik des Konflikts. Nun finden sich die Helden nach schwerem Kampf verständnisvoll in ihr Los. Sie überwinden das feindliche Leben, den Konflikt durch Tapferkeit, Selbstüberwindung, Güte, edle Menschlichkeit. - Alle Werke sind stark gefühls- und stimmungsbetont (romantisierender Einschlag) mit einem feinen Sinn für das Kleine, Unbedeutende, Leise, Ahnungsvolle, Traumhafte, Geheimnisvolle, Dämmernde, Verschleierte, mehr andeutend als ausdeutend, Grelles vermeidend. Kennzeichnend ist die Liebe für Heide, Moor, Wald, Meer und Nacht.
Hauptthemen seiner Werke sind Natur, Heimat, Familie (sehr starker Familiensinn), Überlieferung, Sitten und Gebräuche (bes. Liebe für das Weihnachtsfest), kleinstädtisches Bürgerdasein, Eheschicksale, Verhältnis zwischen Vater und Sohn oder zwischen Bruder und Bruder, soziale Probleme, Vererbung. (Die große Welt, Geschichte und Politik, Philosophie und Religion spielen keine wesentliche Rolle). - Seiner innersten Begabung nach ist Storm vor allem Lyriker: "Meine Novellistik hat sich aus der Lyrik entwickelt" (Storm). Zusammen mit C.F. Meyer und Droste Hülshoff war er die stärkste lyrische Begabung des poetischen Realismus. Seine Lyrik klingt ans Volkslied, an Heine, Eichendorff und bes. an Mörike an. (Dem äußeren Umfang nach aber verschwindend neben seinen Novellen).

Storms Lyrik umfasst ein Bändchen (erstmals erschienen 1852, vermehrte und letzte Ausgabe 1885). In den letzten 20 Jahren trat die Lyrik hinter den Novellen zurück, Storm war sich seiner großen lyrischen Begabung wohl bewusst: "Ich weiß, ich bin der größte lebende Lyriker".
Drei Stoffkreise sind bestimmend für Storms Lyrik:
- Natur (vor allem die an sich unromantische norddeutsche Landschaft seiner Heimat, die eintönige Heide und die Stadt, aber auch das Meer), aber die Natur dient vor allem als Hintergrund des menschlichen Daseins; enge Beziehung zwischen Mensch und Natur. Beispiele: „Über die Heide", „Abseits" (Darstellung des Heide-friedens gegenüber dem Welttreiben), „Herbst", „Oktoberlied", „Meeresstrand", „Die Stadt", u.a.
- Liebeslieder: verhaltene Leidenschaft, die selber schweigt, aber durch leises Wort, ein feines Symbol, eine zarte Gebärde sich offenbart; Beispiele: „Schließe mir die Augen beide", „Wohl rief ich sanft dich an mein Herz", „Du schläfst". Immer wieder gedenkt er der toten Gattin: „In der Gruft bei den alten Särgen", „Begrabe nur dein Liebstes", „Einer Toten". Im weiteren Sinne gehören hierher auch die Gedichte um Weihnachten, Heimat und Vaterland: „Weihnachtslied", „Weihnachtsabend"; "Abschied" („Kein Mann gedeiht ohne Vaterland!").
- Lebensfragen: Fragen von Leben und Tod, Lebensanschauung. Beispiele: „Ein Sterbender" (weltanschauliches Bekenntnis), „Für meine Söhne" empfiehlt liberale Bürgerart, Wahrhaftigkeit, Rücksicht, Selbstachtung, Arbeitsamkeit: „Halte fest: Du hast vom Leben doch am Ende nur dich selber!"
Die Gedichte sind meist knapp, oft fast epigrammatisch. Grundstimmung: Wehmut, Trauer, Sehnsucht, Selbstbescheidung, Verhaltenheit. Storm anerkannte nur Erlebnislieder (keine Erzählungs- und Gedankenlyrik, Hymne oder Elegie): das kleine einfache Lied war ihm Prüfstein höchsten Könnens. Die Aufgabe des lyrischen Dichters sah er darin, eine Stimmung derart im Gedicht festzuhalten, dass sie durch dieses beim empfänglichen Leser wiedererweckt werde.

  

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Quelle Teaserbild: wikipedia - Theodor Storm (1886) - gemeinfrei
Quelle Bild 1: wikipedia -
Der Marktplatz mit dem Rathaus in Husum um 1895 - gemeinfrei

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