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Konrad Duden

Konrad Duden

Andreas Schneider

Ein Praktiker, der eine öffentliche Autorität erschuf

Im thüringischen Schleiz ist seit Juni 2018 vor dem Museum Rutheneum ein ganz besonderes Denkmal zu bewundern. Es zeigt einen bärtigen Mann sitzend mit einem aufgeschlagenen Buch in beiden Händen. Die Statue von Konrad Duden, denn um ihn handelt es sich bei dem Geehrten, verdeutlicht vor allem eines: Das Werk ist nicht mehr von seinem Urheber zu trennen – es übernahm schließlich seinen Namen und machte ihn zur Marke, ja zum Standard für Sprachkompetenz schlechthin, und nebenbei wohl auch unsterblich. Denn inzwischen heißt es nur noch: „Der DUDEN“. Und einen eigenen Verlag hat Herr Duden inzwischen auch, zumindest dem Namen nach. Ab 1958 nutzte der Herausgeber-Verlag Bibliographisches Institut, in dem Konrad Duden 1880 selbst sein Werk vertraglich untergebracht hatte, den nach eigener Anschauung „unbezahlbaren“ Namen „Duden“ als ab um 1960 eingetragenes Warenzeichen, um im „Dudenverlag“ Wörter- und Sachbücher der deutschen Sprache zu verlegen, als ein Inprint bzw. Unterlabel des Mutterverlages, der mit Lexika der Marke „Meyer“ und Klassikerausgaben zum Begriff in der Welt der Gebildeten geworden war. Schon in den 1930er-Jahren waren dazu erste Bände der späteren DUDEN-Reihe verlegt worden

Die Statue steht nicht zufällig an ihrem Standort in Schleiz, einer Kleinstadt, die in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts zu einem der vielen thüringischen Kleinstaaten gehörte, dem Fürstentum Reuß jüngere Linie. Denn hier war der mit dem Denkmal geehrte Konrad Duden 1869 Direktor am Humanistischen Gymnasium „Rutheneum“ geworden, das heute selbstverständlich seinen Namen trägt; hier in Schleiz trat er 1872 auch erstmals mit seinem Hauptwerk hervor, dessen voller Titel zeitgemäß umständlich lautete: „Die Deutsche Rechtschreibung. Abhandlung, Regeln und Wörterverzeichniß mit etymologischen Angaben. Für die oberen Klassen höherer Lehranstalten und zur Selbstbelehrung für Gebildete“. Näheres dazu weiter unten. Jetzt soll erst einmal der Mann interessieren, der 1871/72 so nachhaltig ins Licht der Öffentlichkeit getreten war, dass es bis in unsere heutige Zeit wirkt.

Konrad Duden – die Biographie

Konrad Alexander Friedrich Duden war kein geborener Thüringer. Er entstammt einer seit Jahrhunderten im Rheinland ansässigen Familie. Die Familiennamenforschung hat herausgefunden, dass es sich bei dem Namen Duden um eine patronymische Bildung (schwacher Genitiv) zu „Dude“ als Lallform-Ableitung von dem Vornamen Rudolf bzw. Ludolf handelt.

Geboren am 3. Januar 1829 auf einem Gut in der Nähe von Wesel am Niederrhein, studierte Konrad Duden von 1846 bis 1848 an der Universität Bonn. Seine Fächer waren Philosophie, Klassische Philologie, Geschichte sowie deutsche Sprache und Literatur. In Bonn kam er als Mitglied der linksliberal-demokratischen Burschenschaft „Germania“ mit deren Gedankengut und 1848 auch mit der Revolution in Berührung. Lebenslang unvergessen blieb ihm ein Erlebnis einer eindrucksvollen Rede von Ernst Moritz Arndt im Mai 1848. Der Student Duden begeisterte sich für die Märzideen als Programm des Liberalismus, im Kern waren es Forderungen nach politischer Freiheit sowie nationaler Einheit. Im Prinzip blieb er ihnen zeitlebens treu verbunden.

Im September 1848 brach Konrad Duden sein Studium schon wieder ab und trat eine Hauslehrerstelle in Frankfurt am Main an, wo seit Mai 1848 auch die Nationalversammlung tagte, das erste gesamtdeutsche Parlament. Vermutlich veranlassten vor allem finanzielle Gründe den jungen Mann zu seinem Schritt, bei einer traditionsreichen und gebildeten Familie des Frankfurter Bürgertums in den Dienst zu treten. Diese bis 1854 anhaltende Hauslehrertätigkeit eröffnete ihm auch die Möglichkeit längerer Aufenthalte im Ausland, so vor allem in England und der französischsprachigen Schweiz. Seine Erfahrungen als Hauslehrer ermöglichten ihm es schließlich, mit besonderer Genehmigung der Universität Bonn 1854 sein Staatsexamen für sein nicht beendetes Studium doch noch abzulegen. Aber sein anschließendes und nicht bezahltes Probejahr (Referendariat) in Soest brach er mit behördlicher Genehmigung wiederum ab, um im Herbst 1854 erneut eine Hauslehrerstelle anzutreten, nun bei einem deutschen Kaufmann in Genua. Im Dezember 1854 konnte er sogar in Abwesenheit an der Universtät Marburg mit einer Dissertation über die Tragödie Antigone von Sophokles promovieren, die er in seiner Referendariatszeit erarbeitet hatte.

Erst 1859 kehrte Konrad Duden nach Deutschland zurück. Erneut übernahm er eine Lehrerstelle am Archigymnasium in Soest und wurde Oberlehrer, später (1867) auch stellvertretender Schulleiter. Duden blieb zehn Jahre im westfälischen Soest, bis er – wie oben erwähnt – 1869 ins südostthüringische Schleiz wechselte. In Soest gründete Duden nach der Eheschließung mit Adeline Jacob 1861 eine Familie, hier wurden ihm die ersten vier Kinder geboren. Nach der Berufung nach Schleiz, auch als Sommerresidenz des regierenden Fürstenhauses bedeutsam, konnte Konrad Duden ab April 1869 das dortige Gymnasium als Bildungsanstalt in Anwendung seiner pädagogischen Erfahrungen aus der Hauslehrerzeit und entsprechend den Anforderungen der Zeit fortschreitender Industrialisierung modernisieren, vor allem durch die stärkere Berücksichtigung von Naturwissenschaft und Technik im Unterricht.

Darüber hinaus war Duden 1871 an der Gründung eines Allgemeinen Bildungsvereins in Schleiz mitbeteiligt, was seine Beliebtheit in der Stadt weiter beförderte. Auch in seiner nächsten Etappe, als neu berufener Direktor des Königlichen Gymnasiums im preußischen Hersfeld, von 1876 bis zur Pensionierung 1905 im Amt, mischte sich Duden immer wieder ein in die öffentlichen Belange seiner Stadt. Am 1. August 1911 stirbt er als ein inzwischen im deutschen Sprachraum weithin bekannter Reformer der deutschen Rechtschreibung, für die er eine hoch geachtete Autorität erschuf: den nach ihm benannten DUDEN.

Konrad Duden – das Werk

Sein größtes Reformwerk sollte Konrad Duden aber auf dem Gebiet der deutschen Sprache in Angriff nehmen. Hintergrund und Anlass waren die Bedürfnisse für eine einheitliche Schreibung der Wörter im deutschen Sprachraum, die besonders im Schul- und im Verlagswesen, sprich den Druckereien, am stärksten auf eine Lösung im Sinne einer Neuordnung bzw. Neuregelung drängten. Hinzu kam mit der Bismarckschen Reichseinigung von oben und der Begründung eines „Deutschen Reiches“ 1871 auch ein weiterer Umstand: Reichseinheitliche Normierungen in den Bereichen der Bahn, Post und Industrie sowie im Geld- und Gewichtssystem (hier zum Beispiel Einführung der Mark und des Kilogramms) ergriffen auch den Bereich der Sprache.

Obwohl es heute kaum noch vorstellbar erscheint, gab es bis ins dritte Viertel des 19. Jahrhunderts keine einheitliche deutsche Rechtschreibung – erst der Gymnasialdirektor Konrad Duden sollte hier für Abhilfe sorgen. Denn in Schleiz, einer Stadt im Grenzgebiet mehrerer Dialekte, wurden ihm die Probleme der Rechtschreibung augenfällig. Jeder Lehrer lehrte nach eigenen Regeln, Dienststellen oder Verlage besaßen – wenn überhaupt – eine eigene Hausorthografie. Doch nach Dudens Vorstellungen sollte jeder unabhängig von seiner sozialen Herkunft oder Bildung die Orthografie erlernen können. Die Regeln mussten also einfach und für jedermann verständlich sein. „Schreibe, wie du sprichst!“, das phonetische Prinzip, wurde deshalb sein Maßstab. Das von vielen Spezialisten bevorzugte historische Prinzip, das sich an der Schreibung des Mittelhochdeutschen orientierte, lehnte Duden deshalb als zu abgehoben und volksfremd ab.

Weil Duden also in seinem Amt als Direktor des Gymnasiums in Schleiz die Notwendigkeit einer einheitlichen Schreibung der Worte in seiner Schule erkannt hatte, begann er für sie gemeinsam mit Kollegen Regeln zu entwickeln. Mit kurzen Erläuterungen veröffentlichte er sie erstmals 1871 im Jahrbuch seines Gymnasiums; überraschend fanden sie schnell eine breite Rezeption. Ein Jahr später, also schon 1872, ließ Duden deshalb im Verlag von B. G. Teubner sein Buch „Zur deutschen Rechtschreibung. Abhandlungen, Regeln und Wörterverzeichnis mit etymologischen Angaben“ publizieren, das inzwischen als „Schleizer Duden“ bekannt ist. Bei Teubner verlegte Konrad Duden übrigens 1876 auch seine Schrift „Die Zukunftsorthographie nach den Vorschlägen der zu Herstellung größerer Einigung in der deutschen Rechtschreibung berufenen Konferenz“, versehen mit dem Zusatz: „erläutert und mit Verbesserungsvorschlägen versehen von Konrad Duden“. Denn Duden hatte 1876 auch als Experte für orthografische Fragen in Berlin an der 1. Orthographischen Konferenz teilgenommen.

Doch deren erklärtes Ziel, die „Herstellung größerer Einigung in der deutschen Rechtschreibung“, konnte auch durch Intervention von Bismarck nicht erreicht werden. In der Folge gaben 1879 bis 1880 einzelne deutsche Länder eigene, aber unterschiedliche Regelbücher heraus. So entstand das Hauptwerk von Konrad Duden, sein „Vollständiges Orthographisches Wörterbuch der deutschen Sprache“, also der Ur-Duden, auf der Grundlage der preußischen und bayerischen Rechtschreibregeln für die Schule. Duden veröffentlichte das Werk wie oben erwähnt 1880 im Verlag Bibliographisches Institut Leipzig. Gedacht und angelegt war es als ein Nachschlagewerk für eine einheitliche Schulorthografie.

Doch durch seine praktische Handhabbarkeit fand das Wörterbuch mit seinen etwa 27000 Wörtern schnell auch allgemeinen Gebrauch. Auch die Schweiz übernahm 1890 die von Duden begründete Orthografie. Bis 1900 erschienen sechs Auflagen, deren Bearbeitung Duden jeweils immer selbst vornahm und nicht die Redaktion im Verlag. Damit wurde das Wörterbuch von Duden regelrecht wegweisend für eine einheitliche deutsche Orthografie. Denn auf der 2. Orthographischen Konferenz in Berlin 1901 beschlossen die Vertreter der deutschen Bundesstaaten und Österreich-Ungarns eine einheitliche deutsche Rechtschreibung auf der Grundlage von Dudens Wörterbuch. Ein Jahr später wurde sie vom Bundesrat für alle Länder des Deutschen Reiches für verbindlich erklärt; die Schweiz und Österreich-Ungarn schlossen sich an. In der 7. Auflage seines Wörterbuchs von 1902 setzte Duden die Beschlüsse unter Mithilfe von redaktionellen Mitarbeitern um; dies kann als die Geburtsstunde der Dudenredaktion gelten. In der 1903 erschienenen „Rechtschreibung der Buchdruckereien deutscher Sprache“, dem sogenannten Buchdrucker-Duden, gab Duden noch weitere Empfehlungen für das grafische Gewerbe, die Varianten werden auf je eine Schreibweise reduziert.

In der Folgezeit richtete Konrad Duden, der nach seiner Pensionierung 1905 nach Sonnenberg bei Wiesbaden in der preußischen Provinz Hessen-Nassau übergesiedelt war, bis zu seinem Lebensende weiter intensiv alle seine Kraft auf Fragen der Sprachentwicklung und auf sein Lebenswerk. Auch die 8. Auflage von 1905 hat er noch voll mitbetreut. Bei seinem Tod 1911 hatte er das Manuskript zur 9. Auflage nahezu vollständig bearbeitet. Die Dudenredaktion setzte es bis zur Herausgabe 1915 weiter um und vereinigte mit dieser Auflage Wörterbuch und Buchdrucker-Duden; sie erschien erstmals unter dem Namen „Duden – Rechtschreibung der deutschen Sprache und der Fremdwörter“.

Konrad Duden – Nachfahren und ein nach im benannter Preis

Insgesamt hatte Konrad Duden acht Kinder, von denen zwei früh starben. Sein Sohn Paul (1868-1954) wurde einer der bedeutendsten Chemiker des frühen 20. Jahrhunderts und hat 1936, inzwischen Aufsichtsrat bei IG Farben, einen Vertrag mit dem Verlag Bibliographisches Institut zur Nutzung des Namens DUDEN für Verlagswerke geschlossen. Nach 1945 machte sich besonders dessen Neffe Konrad Duden (1907-1979), Jurist in Heidelberg und einer der Gründungsprofessoren der Universität Mannheim, um das Erbe des Großvaters verdient.

Seit 1959 gibt die Stadt Mannheim zusammen mit dem bis 2014 in Mannheim und jetzt in Berlin ansässigen Verlag Bibliographisches Institut (Dudenverlag) in Rhythmus von inzwischen drei Jahren einen Konrad-Duden-Preis heraus. Ausgezeichnet werden nach Verlagsangaben „Menschen mit besonderen Verdiensten um die Erforschung der deutschen Sprache“.

https://commons.wikimedia.org/wiki/Category:Rutheneum_(Schleiz)?uselang=de#/media/File:Rutheneum_Gymnasium_in_Schleiz.jpg


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Textquellen:

Wurzel, Wolfgang Ullrich: Konrad Duden. Leben und Werk, Mannheim u.a. 1998 (Neubarbeitung seiner gleichnamigen Bildbiografie, Leipzig 21985).

Drosdowski, Günther: Der Duden: Geschichte und Aufgabe eines ungewöhnlichen Buches, Mannheim u.a. 1996 (erschien im Dudenverlag).

Sarkowski, Heinz: Das Bibliographische Institut. Verlagsgeschichte und Bibliografie – 1826-1976, Mannheim, Bibliographisches Institut 1976 (Abschnitt „Die Entwicklung des Dudenverlags“).

Sauer, Wolfgang Werner: "Der „Duden“. Geschichte und Aktualität eines „Volkswörterbuchs“, Stuttgart, 1988.

Mittelstädt, Otto: Geschichte des BI 1926-1945 (ungedrucktes Manuskript).


Bildquellen:

Vorschaubild: Konrad Duden, 1880er Jahre, Urheber: unbekannt via Wikimedia Commons Gemeinfrei.

Konrad-Duden-Denkmal von Zhi Li vor dem Rutheneum (Museum) in Schleiz, 2018, Urheber: Schneeo via Wikimedia Commons CC BY-SA 4.0.

Dr.-Konrad-Duden-Gymnasium Schleiz, Thüringen, 2018, Urheber: Aschroet via Wikimedia Commons CC0.

Konrad Duden (stehed links) im KLassenzimmer des Gymnasiums in Wesel. Eine zeitgenössische Darstellung, 1845, Urheber: unbekannt via Wikimedia Commons Gemeinfrei.

Das Schleizer Gymnasium «Rutheneum» (Fürstentum Reuß jüngerer Linie, jetzt Thüringen), etwa 1900, Urheber: unbekannt via Wikimedia Commons Gemeinfrei.

Titelseite: Vollständiges Orthographisches Wörterbuch der deutschen Sprache, 1880, Urheber: Konrad Duden via Wikimedia Commons Gemeinfrei.

Buchdruckerduden 1903, Urheber: Konrad Duden via Wikimedia Commons Gemeinfrei.

Sonnenberg um 1840 von Süden gesehen. Stahlstich, 1840, Urheber: William Tombleson via Wikimedia Commons Gemeinfrei.




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