Das fragt der bekannte Karikaturist Klaus Stuttmann in seiner Zeichnung die Leser („Tagessspiegel" Berlin, 18. März 2013). In der zweiten Sprechblase antwortet er mit Brecht und fügt Aktuelles hinzu: „Was ist der Einbruch in eine Bank (so weit Brecht) gegen die Rettung einer Bank!" Auf diese Weise entdecken die Leser die doppelte Botschaft des Zeichners. Er verweist darauf, wie perfekt Brechts Aussage, die der dem Mackie Messer in den Mund legt („Die Dreigroschenoper"), in unsere Zeit passt, in der Banken Pleite gehen oder vom Steuerzahler gerettet werden müssen. Und er zeigt damit auch, wie modern Brechts Texte sind.
Die ‘geflügelten Worte", die der Zeichner zitiert, stammen aus Brechts „Die Dreigroschenoper", uraufgeführt 1928 in Berlin.
Der „Dreigroschenoper" gingen in rasanter Folge Uraufführungen zu folgenden Stücken voraus:
1922: „Trommeln in der Nacht", München
1923: „Im Dickicht der Städte", München
1923: „Baal", Leipzig
1926: „Mann ist Mann", Darmstadt
1927: „Mahagonny", Baden-Baden
1927: „Hauspostille, Erstdruck der Gedichtsammlung
brachte Brecht den Durchbruch in seinem Schaffen und revolutionierte das Theater in Richtung seiner epischen, erzählenden Stücke. Brecht wollte dem Zuschauer die Zuschaukunst beibringen (Zeigtafeln verweisen auf Kommendes hin, das Bühnenbild wird stark reduziert usw.). Seine Stücke sollten der Abschied vom Illusionstheater sein.
Das bezieht sich in der „Dreigroschenoper" und in anderen Brecht-Stücken auch auf die Wahl der Themen, der Stoffe und vor allem der Figuren. Letztere entstammen vornehmlich der Welt der „kleinen Leute", wie die Marketenderin Courage in „Mutter Courage und ihre Kinder" oder die Prostituierte Shen Te in „Der gute Mensch von Sezuan". Shen Te, der die Götter einen kleinen Laden schenkten, will zugleich ein guter Mensch und im Geschäft erfolgreich sein, was nach Brecht misslingen muss. Deshalb überlässt er die Lösung des Problems dem Zuschauer. Der soll den „guten Schluss" selbst finden.
Auch im Mittelpunkt der „Dreigroschenoper" steht kein edler Jüngling, sondern der Antiheld: Einer, der sein „Brautbett" im „Bordell" fand, der einer Bande von Dieben und Hehlern und Huren vorsteht und der cool in den Zuschauerraum hinein fragt:
„Was ist der Einbruch in eine Bank gegen die Gründung einer Bank?"
Die „Dreigroschenoper" Brechts wird heute weltweit aufgeführt, was auch an der Verbindung von Brechts Text mit Kurt Weills jazziger Musik liegt.
Ein Moritatensänger singt im „Vorspiel" von dem Räuber Mackie Messer, Mackeath oder einfach Mac genannt und stellt dessen ‘Heldentaten‘ vor:
Und der Haifisch, der hat Zähne
Und die trägt er im Gesicht
Und Mackeath, der hat ein Messer
Doch das Messer sieht man nicht. [...] (GBA 2,23)
Im Internet auf YouTube hat der Song sechsstellige Aufrufe. Er wurde seit 1928 von vielen berühmten Sängern (Lotte Lenya, Gisela May*, Milva, Sting u.a.) bis hin zu aktuellen Rockgruppen interpretiert (Rockband „Slut"*).
ist ein Dichter für schwierige Zeiten. Das vielleicht auch, weil er in „finsteren Zeiten" leben musste. 15 Jahre auf der Flucht aus Deutschland vor den Nationalsozialisten bis in die USA haben ihn geprägt.
Im Exil schrieb Brecht unter erschwerten Umständen. Er war in den verschiedenen Ländern stets auf der Suche nach einer Bleibe, nach Gelegenheiten, seine Stücke auf die Bühne zu bringen und nach Verdienst, sich und die Seinen zu ernähren.
Das erlebten auch seine zwei heranwachsenden Kinder, die sich zudem in unterschiedlichen Sprachräumen (dänisch, schwedisch, finnisch, englisch) zurechtfinden mussten und sich in der Schule behaupten wollten.
Brecht erfasste das „Unrecht" seiner Zeit genauer als andere, und er wies mit seinen Texten darauf hin.
So entstanden im Exil jene Stücke, die heute Brechts Ruhm mit begründen und die sogar während Brechts Exil im Ausland uraufgeführt werden konnten (Auswahl):
1935: „Die Gewehre der Frau Carrar", Paris
1938: „Furcht und Elend des Dritten Reiches" (Szenen), Paris
1941: „Mutter Courage und ihre Kinder", Zürich
1943: „Der gute Mensch von Sezuan", Zürich
„Galileo Galilei", Zürich.
Eingeschlossen in Brechts dichterisches Schaffen wurden von Anfang die „Nachgeborenen".
Brecht erlebte, vornehmlich in der Emigration mit den eigenen Kindern, dass diese stets von den Problemen ihrer Zeit betroffen wurden.
Also wollte er sie auch in diese Probleme einbeziehen, indem er speziell für sie Texte schrieb,
darunter Stücke, wie „Der Ingwertopf", die Erzählung „Wenn die Haifische Menschen wären" und Gedichte, Lieder, Reime, wie die „Tierverse", das „Alfabet" (geschrieben für den eigenen Sohn Stefan), „Der Pflaumenbaum" u.a. Nach der Emigration folgen „Neue Kinderlieder", wie „Eines nicht wie das andere" und 1950 die „Kinderhymne"* (Vertonung Hanns Eisler), die Brecht gern als Nationalhymne der Deutschen gesehen hätte, wenn er schrieb:
Anmut sparet nicht noch Mühe
Leidenschaft nicht noch Verstand
Daß ein gutes Deutschland blühe
Wie ein andres gutes Land.[...](GBA 12, 303)
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für den Literaturunterricht zu Bert Brecht.
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Literaturangaben
Brecht, Bertolt: Werke. Große kommentierte Berliner und Frankfurter Ausgabe. (Hrsg. von Werner Hecht, Jan Knopf, Werner Mittenzwei, Klaus-Detlef Müller). Berlin und Weimar/Frankfurt a. M.: Aufbau-Verlag/Suhrkamp Verlag 1988-2000 (30 Bde. In 32 Teilen und der Registerband, zitiert als GBA). Text-Zitate aus Bde. 2, 12.
Hecht, Werner: Brecht Chronik 1898-1956. Frankfurt a. M.: Suhrkamp Verlag 1997.
Werke Brechts in Einzelausgaben (Auswahl)
Bertolt Brecht. Die Gedichte (Hrsg. Jan Knopf). Frankfurt a. M.: Suhrkamp 2007.
Bertolt Brecht. Sieh jene Kraniche in großem Bogen .... Geschichten, Aphorismen, Gedichte.
Herausgegeben und mit einem Nachwort versehen von Wolfgang Jeske. Frankfurt a. M.: Suhrkamp Verlag 2006.
Brecht, Bertolt: Ausgewählte Werke. 6 Bde. Frankfurt a. M: Suhrkamp 2005.
Neuerscheinungen 2013
Bertolt Brecht. Helene Weigel. Briefe 1923-1956. „ich lerne: gläser + tassen spülen". Hrsg. von Erdmut Wizisla. Berlin: Suhrkamp Verlag 2012.
Knopf, Jan: Bertolt Brecht. Lebenskunst in finsteren Zeiten. Biografie. München: Carl Hanser Verlag 2013.
Schulz, Gudrun: Kennst du Bertolt Brecht? Bertuchs Weltliteratur für junge Leser, Bd. 14. Weimar: Bertuch Verlag 2013, mit CD.
(Die mit* versehenen Stellen sind auf der CD zum Buch zu finden).
Bildquellen:
Bundesarchiv, Bild 183-W0409-300 / Kolbe, Jörg / CC-BY-SA: Bertolt Brecht; wikipedia
Karrikatur mit freundlicher Genehmigung von Klaus Stuttmann