Deutschland-Lese

Gehe zu Navigation | Seiteninhalt
Deutschland-Lese
Unser Leseangebot

Knalltüten
Kindergedichte für ganz Große

Ulf Annel

Verse für Kinder und Erwachsene, die der Doppelbödigkeit der deutschen Sprache mit Witz begegnen und Lust auf mehr eigenen spielerischen Umgang machen.

Loriot alias Vicco von Bülow

Loriot alias Vicco von Bülow

Ulrike Unger

Der Mann auf dem grünen Sofa

Er gilt als der beliebteste Komiker der Deutschen. Seine Sketche gehören zum humoristischen Kulturgut, denn sie sind von höchstem Unterhaltungswert. Wie kaum ein anderer hat sich der feinsinnige wie geistreiche Loriot-Humor in das Gedächtnis deutscher Fernsehzuschauer eingebrannt.
Vicco von Bülow alias Loriot – Im Jahr 2011
Vicco von Bülow alias Loriot – Im Jahr 2011
Ob jung oder alt, ganze Generationen lachen über seine Pointen, kennen sogar Textstellen auswendig. „Bettenkauf", „Lottogewinn", „Das Frühstücksei" oder „Die Nudel" sind Klassiker innerhalb des loriotischen Komik-Universums. Vicco von Bülow hat den deutschen Wortschatz bereichert, indem er nicht nur Begriffen wie „Sitzgruppe", „Auslegeware" oder „Spannmuffenfederung" zu regelrechter Popularität verhalf, sondern auch unschuldig klingende, zuweilen bizarr anmutende Familiennamen wie Hallmackenreuther, Müller-Lüdenscheidt oder Klöbner unvergesslich machte.
 
Seither stehen diese als Sinnbild für seine Sketche über eheliche Bettenkäufe und die kommunikative Unfähigkeit zweier fremder Herren, die in einer Badewanne aufeinandertreffen. Vor allem aber sind es die Formulierungen und Ausrufe, die ins sprachliche Allgemeingut übergegangen sind: das „Jodeldiplom", der „Kosakenzipfel", Sätze wie „Mein Name ist Lohse, ich kaufe hier ein.", „Männer und Frauen passen einfach nicht zusammen.", „Mooooment!" oder das lakonische „Ach, was?!".
 
Der große Unterhaltungskünstler wurde einmal gefragt, ob er die Deutschen für ein humorvolles Volk halte. Er bejahte das, fügte aber noch einen ihm wichtig erscheinenden Zusatz an: Die Tragik stehe im Vergleich zur Komik allerdings auf der Werteskala weiter oben.
 
Loriot ging es vor allem um die Art des Humors. Für ihn konnte sich Komik nur aus einer ernsten Sache bilden. In der Störung der Kommunikation zwischen den Menschen sah er deren Ursprung: Komik infolge von Irrtümern und falsch beurteilten Situationen. Dass es schwieriger ist, Komik als Tragik zu erzeugen, konnte keiner so gut einschätzen wie Loriot. Im Kern betrachtet war Komik für ihn eine Frage des Rhythmus und des perfekten Ablaufs. Das galt auch für seine Arbeitsweise.
 
Jede Betonung der Worte, jeder Handgriff, jede Bewegung musste sich mühelos und präzise in das Zusammenspiel von Handlung und Figuren einfügen. Die Sorgfalt, die Mühe und die Konzentration spiegeln sich im Ergebnis der Sketche. Sein Publikum dankte es ihm mit respektablem Gelächter. Dafür hatte Loriot einen Blick, für den Witz von Alltagssituationen. Und er wusste immer, wann er aufhören musste. Wer die Qualität seines Werkes kennt, weiß, dass diese sich so gar nicht in die Schnelllebigkeit gegenwärtiger Fernsehformate integrieren lässt.
Das grüne Sofa
Das grüne Sofa
Als Kind einer preußischen Offiziersfamilie kam Bernhard-Viktor Christoph-Carl von Bülow 1923 in Brandenburg an der Havel zur Welt. Die französische Version des Wappentiers der von Bülows, des Pirols, hat er später als Künstlernamen gewählt: Loriot. Nach dem Tod der Mutter wuchs er einige Jahre gemeinsam mit dem jüngeren Bruder bei der Groß- und Urgroßmutter in Berlin auf. Bis ihn sein Vater, neu verheiratet, nach Stuttgart holte. Nach dem Notabitur war er im Zweiten Weltkrieg drei Jahre im Russland-Einsatz. Sein Bruder überlebte den Krieg nicht.
 
Weil der Vater seine Zeichnungen für beachtenswert hielt, schlug er ihm ein Studium an der Kunstakademie Hamburg vor, was Vicco von Bülow beherzigte. Er studierte dort 1947 bis 1949 Malerei und Grafik. Seine Karriere begann er als Cartoonist mit den berühmten Knollennasenmännchen. Die Cartoon-Serie „Auf den Hund gekommen" zeichnete er zu Beginn der fünfziger Jahre für den „Stern".
 
Das darin zum Ausdruck kommende Verhältnis von Mensch und Hund hatte Loriot parodistisch einfach umgekehrt, woran damals insbesondere kirchliche Würdenträger Anstoß nahmen. Die Zeitschrift lehnte eine Fortsetzung ab. Der Schweizer Diogenes Verlag druckte die Reihe. Kurz darauf erschienen, wiederum beim „Stern", 17 Jahre lang die Bildergeschichten über „Reinhold, das Nashorn". In den siebziger Jahren entstanden die beiden Maskottchen Wum und Wendelin für die „Aktion Sorgenkind" des ZDF. Auch als Opernregisseur hat sich Loriot etabliert. In den 80er Jahren inszenierte er Friedrich von Flotows „Martha" (Stuttgart) und Carl Maria von Webers „Freischütz" (Ludwigsburg).
 
Im Fernsehen trat er zunächst als Moderator der Serie „Cartoon" auf. Größte Berühmtheit erlangte er jedoch mit der von Radio Bremen produzierten sechsteiligen Fernsehserie „Loriot", durch die auch seine spätere Filmpartnerin Evelyn Hamann bekannt wurde. Auf dem für Loriot-Kenner legendär gewordenen grünen Sofa erreichten die beiden ein Millionenpublikum. Herrlich komisch nicht zuletzt seine cineastischen Erfolge „Ödipussi" (1988) und „Pappa ante Portas" (1991), die mit Loriots untrüglichem Gespür für kommunikative Fehltritte und meisterlicher Spracheleganz die schrulligen Auswüchse bürgerlicher Spießigkeit entlarven.
 
Karikaturist, Humorist, Schauspieler, Mopsliebhaber und Steinlausentdecker, Loriots Vielseitigkeit und sein Erfindungsreichtum machten ihn zu einem außergewöhnlichen Künstler. 
 
Bis zu seinem Tod im August 2011 lebte Vicco von Bülow in Ammerland am Starnberger See. 

*****




Bildquellen: 

Vorschaubild, Loriot im Jahr 1971 Pacific11, (CC BY 2.0)

Humorist Vicco von Bülow alias Loriot - das Bild entstand 2011, Philipp von Ostau, (CC BY-SA 3.0)

Das grüne Sofa,  Elke Terstegen, (CC BY 2.0)

Werbung
Unsere Website benutzt Cookies. Durch die weitere Nutzung unserer Inhalte stimmen Sie der Verwendung zu. Akzeptieren Weitere Informationen