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Gerhard Klein
Berlin-Skizzen

Die deutsche Hauptstadt in achtzehn Bildern. Die liebevoll gestalteten Zeichnungen geben einen einzigartigen Blick auf die Metropole an der Spree. Neben bekannten Bauwerken wie Reichstag und Gedächtniskirche hat Architekt Gerhard Klein auch sehenswertes wie den Eingang des Berliner Zoos oder das Bode Museum in Bild eingefangen. Den Zeichnungen ist ein informativer Text zur Sehenswürdigkeit beigeordnet.

Engelbert Humperdinck

Engelbert Humperdinck

Carolin Eberhardt

Der Märchenkomponist

„Daß das musikalische Referententum bisweilen, oder leider meistens in so ungenügender Weise vertreten ist, daran ist das Amt selber doch nicht schuld, sondern der Umstand, daß die Künstler selber sich bis jetzt der öffentlichen Kritik enthielten und zwar zu ihrem eigenen Nachteile. Wie oft habe ich nicht Wagner darüber klagen hören, daß die Kritik von den unberufensten Leuten ausgeübt würde (…)“

(Humperdinck, 1884)

Das Zitat des berühmten deutschen Komponisten zeigt seine Auseinandersetzung und Identifizierung mit der Tätigkeit der musikalischen Kritik. Doch vor der Aufnahme seiner Stellung als Konzertkritiker der Bonner Zeitung (1887) und als Opernreferent der Frankfurter Zeitung (1890) war es noch ein langer und beschwerlicher Weg, seine Schaffenszeit als Märchenkomponist steht unmittelbar bevor.

Auf Humperdincks Lebensspuren wandelnd wird nun ein Sprung in das Jahr 1854 gewagt, dem Geburtsjahr des ältesten Sohnes des Altphilologen und Siegburger Gymnasiallehrers Gustav Ferdinand Humperdinck und der aus dem tschechischen Musikantengeschlecht der Tichys stammenden Helene Olivia. Durch die tief mit der Familie verwachsenen musikalischen Wurzeln wurde auch Humperdinck die Welt der Musik mit in die Wiege gelegt. Wen verwundert es da, dass seine Mutter einen großen Wert auf die musikalische Erziehung Engelberts legte. Bereits während seiner Kindheits- und Jugendzeit, die er in seinem Geburtsort Siegburg verbrachte, zeigten sich seine musikalischen Begabungen in Form von selbst verfassten Kompositionen, die durch seine Mutter und seine Schwestern aufgeführt wurden. Sein weiterer musikalischer Werdegang wurde durch das zunächst vom Vater abgelehnte, dann aber aufgenommene, Musikstudium gefördert.

Nach dem Abschluss des Abiturs am Paderborner Gymnasium Theodorianum studierte Humperdinck ab 1872 unter dem Lektorat Ferdinand Hillers am Kölner Konservatorium. Auf Grund seiner zarten Konstitution sowie der Notwendigkeit, neben dem Studium seinen Lebensunterhalt durch Arbeitsstunden zu bestreiten, erkrankte der Komponist an massiven Atemwegsbeschwerden. Auch rheumatische Beschwerden stellten sich ein. Seinem gesundheitlichen Zustand verschuldet, musste er zeitweise sogar sein Studium unterbrechen. Mit der Nominierung für den Mozartpreis der Stadt Frankfurt am Main 1876 schwanden seine finanziellen Sorgen.

Im folgenden Jahr belegte er in München ein Studium bei Franz Lachner und Josef Rheinberger im Fach Kompositionslehre. Inspiriert und beeindruckt war Humperdinck bereits zu dieser Zeit von einigen Aufführungen der Wagnerschen Opern, so dass er sich bald schon einem Kreis von Wagner-Anhängern, dem Orden vom Gral anschloss. Humperdincks Erfolg währte weiterhin fort. 1879 gewann er den Berliner Mendelssohn-Preis und absolvierte sein Studium in München erfolgreich.

Im Rahmen seiner daran anschließenden Italienreise, suchte der Komponist 1880 in Neapel Richard Wagner auf, welcher dort eine Residenz besaß. Nachdem Humperdinck von Wagners Diener zunächst abgewiesen, dann aber auf Grund seiner Karte über die Mitgliedschaft über den Orden vom Gral zurückgerufen wurde, führte er eine Unterredung mit Wagner, welche zur Folge hatte, dass dieser Humperdincks Begabung erkannte und ihn als seinen Assistenten mit nach Bayreuth mitnahm. In den eineinhalb Jahren der Assistenz war Humperdinck an den Vorarbeiten für die Uraufführung des Parsifal beteiligt. Geprägt durch Wagners Schaffen und beeindruckt von dessen Arbeit, erschütterte ihn der plötzliche Tod des Meisters 1883 umso mehr. Seine Verbundenheit zu Wagner brach mit dessen Ableben allerdings nicht ab. Er blieb den Bayreuther Festspielen weiterhin treu und unterrichtete darüber hinaus später Wagners Sohn Siegfried in Kompositionslehre.

Der Weg Humperdincks zu Deutschlands bekanntestem Märchenkomponisten war zu diesem Zeitpunkt noch lang und beschwerlich. Es folgte eine Reise durch Spanien, in deren Verlauf er nach Nordafrika weiterzog. Hier ließ er sich für sein späteres Werk Maurische Rhapsodie inspirieren, welches er allerdings erst viele Jahre später fertig stellte. Wieder in Deutschland zurück, sah er sich der Komplikation gegenüber, dass eine feste Anstellung als Wagnerianer schwer zu finden war. Neben einer Tätigkeit als Kapellmeister des Kölner Stadttheaters, aus welcher er aber „wegen großer Gewissenhaftigkeit“ entlassen wurde, folgte 1885 eine Anstellung als musikalischer Gesellschafter bei dem betagten industriellen Alfred Krupp. Da ihn Letzteres als Künstler nicht befriedigte, übernahm er noch im selben Jahr eine Professur für Musiktheorie und Komposition am Konservatorium in Barcelona.

1890 wurde Humperdinck durch seine Schwester Adelheid ersucht, die Musik zu den Liedern in einem von ihr verfassten Märchenspiel Hänsel und Gretel für Kinder zu komponieren. Dem Wunsch der Schwester ging er gleich nach, erledigte den von ihr als „etwas recht Hübsches, Volkstümliches“ beschriebenen Auftrag zur vollen Zufriedenheit. Auf Grund einer weiter bestehenden Faszination in Bezug auf das Stück, entschloss er sich dazu, dieses peu à peu in eine Voll-Oper umzugestalten. Mit der Uraufführung am 23.Dezember 1893 in Weimar unter der musikalischen Leitung von Richard Strauss, begann die Erfolgsgeschichte seiner Märchenkarriere. Weitere Aufführungen folgten in München, Karlsruhe und an anderen Theatern nur wenige Tage später. Der unerwartete Erfolg beim Publikum führte dazu, dass in den folgenden Monaten 50 Bühnen Hänsel und Gretel in ihr Spielrepertoire aufnahmen. Der Erfolg des Stückes nimmt bis heute keinen Abriss, denn es gehört nunmehr zu den meistgespielten Opern.

Auf Grund seiner Erfolgsgeschichte und der daraus generierten Einnahmen konnte er seine Anstellung in Frankfurt aufgeben und erwarb im Folgenden ein großes Landhaus im Rheinstädtchen Boppard (Humperdinck-Schlösschen), wo er mit seiner Gemahlin Hedwig Taxer und seinen Kindern 1897 einzog. Humperdinck widmet sich nun seines künstlerischen Schaffens, kann aber an den Erfolg der Märchenoper nicht anknüpfen. Als 1894 die Dichterin Elsa Bernstein-Porges (Künstlername Ernst Rosmer) ihn beauftragt, zu ihrem Märchenspiel Königskinder eine Bühnenmusik zu komponieren, ist Humperdinck von der Dichtung so fasziniert, dass er die poetischen Szenen darin in Musik setzt und als sogenannten gebundenes Melodram mit eigens erfundenen Sprechnoten inszenierte. Wie auch sein Vorbild Wagner seinerzeit, erhielt auch er für die Komposition sehr gegensätzliche Kritiken, was der Aufführung auf 130 Bühnen keinen Abbruch tat. 1904 gestaltete er das Werk Königskinder wiederum in eine Voll-Oper um, welche 1910 sogar an der Metropolitan Opera in New York uraufgeführt wurde und somit einen weiteren Welterfolg hervorrief. Mit der fortdauernden Popularität von Hänsel und Gretel konnte Königskinder nicht Schritt halten, wurde es bald schon seltener aufgeführt und ist heute nicht mehr oder nur kaum auf Theaterbühnen zu finden.

Nach der Übersiedlung mit seiner Familie 1900 nach Berlin übernahm er die Leitung der Meisterschule für musikalische Komposition an der Königlichen Akademie der Künste, wo er unter anderem Bühnenmusik für Max Reinhard am Deutschen Theater, so zum Beispiel zu Komödien von Shakespeare schaffte.

Nach mehreren Schicksalsschlägen und fortbestehender Krankheit verstarb Humperdinck infolge eines zweiten Schlaganfalls und wurde auf dem Südwestkirchhof Stahnsdorf bestattet.

Der Beiname des Märchenkomponisten sollte Humperdinck nicht nur auf Grund seiner Komposition zu Hänsel und Gretel erhalten bleiben. Bereits 1888 komponierte er das Liederspiel Schneewittchen, nach seinem heute als One-Hit-Wonder zu bezeichnenden Meisterwerk folgte das Singspiel Die sieben Geißlein. Des Weiteren komponierte er die Märchenoper Dornröschen (1902 uraufgeführt in Frankfurt am Main). Seine Verbundenheit mit dem deutschsprachigen Kulturgut zeigt sich nicht nur in seiner Affinität zu den Märchen der Gebrüder Grimm, sondern auch in den volksliedernahen Elementen seiner Kompositionen. So verarbeitete er innerhalb der Oper Hänsel und Gretel bereits bestehende Volsklieder wie Suse, liebe Suse, Ein Männlein steht im Walde und Brüderchen, komm tanz mit mir. In diesem Zusammenhang verwundert es nicht, dass Humperdinck auch als Bearbeiter von Volksliedern tätig war, so zum Beispiel für das 1906 veröffentlichte Volksliederbuch für Männerchöre oder das Kaiserliederbuch. Weiterhin war er 1909 und 1911 der Herausgeber zweier Folgen von Sang und Klang fürs Kinderherz mit Illustrationen von Paul Hey.



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Textquellen

Heimbucher, Christoph: Engelbert Humperdinck als Musikkritiker, 2015, S.19f.

Fisher, Burton D.: Humperdinck’s Hansel und Gretel: Opera Journeys Mini Guide Series, 2000, S. 19.

Humperdinck, Wolfram: Engelbert Humperdinck. Das Leben meines Vaters. 1965.

> https://de.wikipedia.org/wiki/Engelbert_Humperdinck < abgerufen am 02.10.19.


Bildquellen:

Kategorieteaser: Portrait: Engelbert Humperdinck, 1913, Urheber: Julius C. Schaarwächter; bereitgestellt von: Rettinghaus via Wikimedia Commons CC BY-SA 3.0 de.

Artikelteaser: Postkarte: Engelbert Humperdinck, 1910, Urheber: unbekannt; bereitgestellt von: WikiPedant via Wikimedia Commons Gemeinfrei.

Richard Wagner, 1871, Bereitgestellt von: Macesito via Wikimedia Commons Gemeinfrei.

Plastikengruppe Engelbert Humperdinck mit Hänsel und Gretel auf dem Bürgermeister-Syree-Platz in Boppard von Jutta Reiss, 2007, Urheber: Manfred.reiss via Wikimedia Commons CC0.

Littmann, Max: Das Großherzogliche Hoftheater in Weimar: Denkschrift zur Feier der Eröffnung, München: L. Werner, 1908: „Altes Theater von 1857 bis 16.Februar 1907“, S.11

Oberthür, Charles; Humperdinck, Engelbert: Fantasie über Hänsel und Gretel von E.Humperdinck, 1895, Titelblatt.

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