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Erfundenes Glück

Friedrich W. Kantzenbach

Friedrich W. Kantzenbach reflektiert seine reichen literarischen Begegnungen und verarbeitet Reiseerlebnisse und persönliche Bekanntschaften mit Menschen, die ihn beeindruckten. Zunehmend durchdringen die Themen Krankheit, Tod und Vergänglichkeit seine Texte.

Der liebe Augustin

Der liebe Augustin

Ein lustiges und beschwingtes Kinderlied?

Laut einer Österreichischen Sage gab es den lieben Augustin tatsächlich. Er war Dudelsackspieler und Sänger und lebte Mitte bis Ende des 17. Jahrhunderts als Marx bzw. Markus Augustin in Wien.
In der zweiten Hälfte des 17. Jahrhunderts brach allerding über Wien die Pest ein. Sie kam von Ungarn und wütete bald in allen Häusern. Fast jede Familie hatte Verluste zu beweinen. Die Toten lagen in den Häusern, auf den Straßen, in den Gassen. Vielleicht waren für viele Menschen die einzige Freude Wiener Wirtshäuser. So betrank sich auch Augustin im Gasthaus „Zum Roten Dacherl" und landete anschließend stockbesoffen in der Gasse, wo er seinen Rausch ausschlief. Später kamen die Pestknechte und weil sie Augustin für tot hielten, zogen sie ihn auf den Karren und luden ihn in der Pestgrube ab. Später erwachte der Sänger und war über den Anblick seiner toten Nachbarschaft geschockt. Als die Knechte von einer weiteren Rundfahrt wiederkamen, erblickten sie den stampfenden Augustin, der es nicht allein schaffte auf der Grube hinaus zu klettern. Später sagten sie, er habe Glück gehabt, dass das Grab an diesem Tag nicht voll geworden ist und zugeschüttet wurde. Doppeltes Glück hatte er, denn der gesunde, liebe Augustin konnte seine Geschichte im Wirtshaus noch sehr lang erzählen.

Das erste Mal nachgewiesen wurde das Volkslied allerdings erst um 1800. Ob nun Markus Augustin der Verfasser war, bleibt ungewiss. Durch den spöttischen Text wird allerdings deutlich: Das Lied stammt aus der Wiener Pestzeit und auch heute noch erinnert ein Denkmal auf dem Wiener Fleischmarkt an den „Lieben Augustin". 

Tiffany Tabbert 

 

O du lieber Augustin, Augustin, Augustin,
O du lieber Augustin, alles ist hin. 

Geld ist weg, Mensch (Mäd´l) ist weg,
Alles hin, Augustin.
O du lieber Augustin,
Alles ist hin.

Rock ist weg, Stock ist weg,
Augustin liegt im Dreck,
O du lieber Augustin,
Alles ist hin.

Und selbst das reiche Wien,
Hin ist's wie Augustin;
Weint mit mir im gleichen Sinn,
Alles ist hin!

Jeder Tag war ein Fest,
Und was jetzt? Pest, die Pest!
Nur ein groß' Leichenfest,
Das ist der Rest.

Augustin, Augustin,
Leg' nur ins Grab dich hin!
O du lieber Augustin,
Alles ist hin!

*****


Vorschaubild:Gedenkplakette an der Wand des Griechenbeisl in Wien, Wikipedia, Andreas Praefcke, CC BY33

Noten gesetzt von Tiffany Tabbert 

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